Historischer Besuch in KZ-Gedenkstätte Merkel: "Auschwitz ist Teil unserer nationalen Identität"
Zum ersten Mal in ihrer 14-jährigen Amtszeit hat Bundeskanzlerin Angela Merkel das einstige Vernichtungslager Auschwitz besucht. In einer Rede erinnerte sie an die deutsche Verantwortung und Gefahren für die Demokratie.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei einem Besuch der KZ-Gedenkstätte Auschwitz gemahnt, die Würde des Menschen und die Werte des Grundgesetzes täglich neu zu verteidigen. Sie zu verteidigen, sei in diesen Tagen keine reine Rhetorik, so Merkel vor Überlebenden des Vernichtungslagers.
Merkel sagte: "Wir erleben einen Angriff auf die Grundwerte der Demokratie und gefährlichen Geschichtsrevisionismus. (...) Wir müssen denen widersprechen, die gegen Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft Vorurteile schüren." Dazu müsse die erschütternde Geschichte von Auschwitz immer wieder erzählt werden. Was in Auschwitz geschehen ist, lasse sich mit Menschenverstand nicht erfassen. Es sei wichtig, die Täter deutlich zu benennen, "das sind wir Deutschen. An die Täter zu erinnern, ist eine Verantwortung, die nicht endet." Auschwitz sei ein "fester Teil unserer nationalen Identität".
Deutschland finanziert Gedenkstätte
Merkel ist in Auschwitz auf Einladung der Stiftung Auschwitz-Birkenau, die ihr zehnjähriges Bestehen feiert und sich für den Erhalt der Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Lagers einsetzt. Auf Merkels Besuchsprogramm stand auch die Besichtigung der Räume im Museum, in denen etwa die Überbleibsel der ermordeten Häftlinge lagern – Berge von Brillen, von Haaren oder auch Koffern.
Ein Überlebender schilderte bewegend seine Zeit. Er berichtete von der höhnischen Ansage von Wärtern, der Weg in die Freiheit führe nur durch den Schornstein. Die Reden sehen Sie hier im Livestream:
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Merkel wurde vom polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki und dem Direktor der Gedenkstätte und Präsidenten der Stiftung Auschwitz-Birkenau, Piotr Cywinski, empfangen. Die Kanzlerin bringt Geld für die Stiftung mit: Angesichts der historischen deutschen Verantwortung wollen Bund und Länder für die Erhaltung der Gedenkstätte insgesamt 60 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Zentralrat der Juden sieht wichtiges Signal
Auschwitz-Birkenau war im Zweiten Weltkrieg im damals von Hitler-Deutschland besetzten Polen das größte NS-Vernichtungslager. Etwa 1,1 Millionen Menschen wurden dort ermordet, die meisten von ihnen waren Juden.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, mit dem Besuch setze die Kanzlerin "im derzeitigen politischen Klima ein besonders wichtiges Signal." Weiter sagte Schuster: "Zugleich ist dieser Besuch auch bedeutend für unsere Gedenkkultur. Denn wir müssen Wege finden, künftig auch ohne Zeitzeugen die Erinnerung an die Schoa in den kommenden Generationen wachzuhalten. Die Unterstützung der Gedenkstätten spielt dabei eine wichtige Rolle."
- Eigene Recherche