Georgien und Maghreb-Staaten Bundesrat stimmt nicht über sichere Herkunftsländer ab
Berlin (dpa) - Der Bundesrat hat die Entscheidung über die Einstufung von Georgien und drei nordafrikanischen Staaten als "sichere Herkunftsländer" für Asylbewerber auf unbestimmte Zeit verschoben.
Das teilte der Vizepräsident des Bundesrates, der brandenburgische Regierungschef Dietmar Woidke (SPD), am Freitag zu Beginn der Sitzung mit. Einen entsprechenden Antrag hatte kurzfristig die rot-rot-grüne Landesregierung von Thüringen gestellt.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte am Rande der Sitzung: "Wenn wir das heute abgestimmt hätten und es hätte keine Mehrheit gefunden, hätten wir keinen Lösungsantrag gefunden und umgekehrt, wenn wir zugestimmt hätten, wenn ich zugestimmt hätte, hätte das bedeutet, dass ich 98 Menschen sofort ein Arbeitsverbot hätte geben müsste. Ich glaube das ist kein richtiger Weg."
Die Bundesregierung will Tunesien, Algerien, Marokko und Georgien zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklären . Als solche werden Staaten eingestuft, bei denen vermutet wird, dass es in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen.
Auf die Frage, wie ein Kompromiss doch noch zustande kommen könnte, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne): "Das weiß ich nicht. Ich hätte ja zugestimmt." Die Bundesregierung habe seinen Bedenken Rechnung getragen. Deshalb sei nachträglich eine spezielle Rechtsberatung für besonders verletzliche Gruppen von Asylbewerbern in den Gesetzentwurf eingefügt worden.
Im vergangenen Jahr hatten 7885 Menschen aus diesen vier Staaten einen Asylantrag gestellt. Der Bundestag hat dem Gesetz bereits zugestimmt. Es bedarf jedoch auch der Zustimmung der Länderkammer, um in Kraft treten zu können.
Ein neuer Termin für die Abstimmung wurde nicht genannt. Laut Bundesrat könnte das Gesetz auf Antrag eines Landes oder der Bundesregierung in einer der nächsten Sitzungen behandelt werden. Es könnte aber auch dann noch einmal kurzfristig von der Tagesordnung genommen werden.
FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Rheinischen Post" (Samstag), die Mehrheit der Deutschen dränge auf eine Einstufung der Maghreb-Staaten als "sichere Herkunftsländer". Wenn es dazu noch Gesprächsbedarf geben sollte, gehöre die Sache in den Vermittlungsausschuss, "für taktische Spielchen haben wir keine Zeit".
Vor der Sitzung hatte sich abgezeichnet, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung in der Länderkammer keine Mehrheit finden würde, weil von den Ländern mit Regierungsbeteiligung von Grünen oder Linkspartei nur Baden-Württemberg zustimmen wollte. Die Bundestagsfraktion der Grünen lehnt das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten generell ab. Außerdem verweist sie auf die Diskriminierung und Verfolgung von Homosexuellen in Nordafrika.
Die Grünen legten am Freitag einen Fünf-Punkte-Plan "für schnelle und faire Asylverfahren" vor. Er sieht unter anderem verbesserte Rückführungsabkommen mit Herkunftsstaaten und eine "Qualitätsoffensive" beim Bundesamt vor. Außerdem soll die Justiz entlastet werden, indem die Verwaltungsgerichte die Möglichkeit erhalten, sich in Asylprozessen an Grundsatzentscheidungen der Oberverwaltungsgerichte zu orientieren. Zudem könne eine Priorisierung bei der Bearbeitung der Asylanträge von Menschen aus Staaten mit besonders guter oder besonders schlechter Bleibeperspektive zur Beschleunigung beitragen, schrieben die Grünen.
Den Plan haben neben Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt auch die Grünen-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Ska Keller, unterschrieben, außerdem Spitzengrüne aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Hamburg und Thüringen.
Befürworter der Reform in der Union hatten zuletzt darauf verwiesen, dass Asylbewerber aus Georgien und den Maghreb-Staaten häufiger straffällig werden als Schutzsuchende anderer Nationalitäten. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte: "Es ist unverantwortlich. Wir reden seit 2015 darüber und nichts bewegt sich, weil die Grünen die Parteiinteressen über die unseres Landes stellen."