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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Vorwürfen gegen AfD-Mitarbeiter Ukraine beschuldigt Russland wegen Brandanschlags
Gab ein Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten einen Brandanschlag in Auftrag? Eine Reaktion aus der Ukraine zeigt die Brisanz: Der Außenminister beschuldigt Russland.
Die Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten beschäftigen inzwischen den ukrainischen Außenminister. In einer Stellungnahme greift er wegen eines Brandanschlags Russland an.
Brisante Aussage in Polen
t-online.de und das ARD-Politikmagazin "Kontraste" hatten am Montag exklusiv über die Beschuldigungen gegen Manuel Ochsenreiter berichtet, Drahtzieher eines Anschlags in der Ukraine gewesen zu sein. In Polen hatte der Hauptangeklagte eines Terrorprozesses ausgesagt, der deutsche Journalist habe ihn zu der Tat angestiftet und sie finanziert. Ochsenreiter arbeitet als Fachreferent für den AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier. Der Abgeordnete hatte t-online.de mitgeteilt, sein Mitarbeiter bestreite die Vorwürfe als frei erfunden.
Der ukrainische Außenminister Pavlo Klimkin schrieb nun auf Facebook, es sei zwar noch zu früh, Rückschlüsse auf alle Personen zu ziehen, die an der Brandstiftung auf ein ungarisches Kulturzentrum in der Ukraine beteiligt gewesen seien. Das hinderte ihn aber nicht daran, Russland zu beschuldigen: "Die Tatsache, dass der Name eines deutschen Journalisten, der für die deutsche rechtsgerichtete Partei AfD tätig ist, in Gerichtsverhandlungen auftaucht, zeigt ... die Komplexität und das Ausmaß russischer Hybridmethoden."
Russische Botschaft nahm keine Stellung
Außenminister Klimkin schrieb, es sei an der Zeit, dass Europa systematisch darüber nachdenke, wie man Moskau widerstehen könne. Russland tue "in der freien Welt, was es will". Die russische Botschaft in Berlin nahm auf Anfrage von t-online.de bislang keine Stellung zu der ukrainischen Anschuldigung.
Gegenstand des Prozesses in Polen ist ein Brandanschlag vom 4. Februar 2018 im ukrainischen Uschhorod: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass zwei angeklagte Polen die Tat begangen haben, nachdem ein dritter Pole sie dafür rekrutiert habe. Ziel sei gewesen, die Tat ukrainischen Neonazis zuzuschreiben, um die Beziehungen zu Ungarn zu belasten. Früh hatten ukrainische Offizielle die Vermutung geäußert, russische Geheimdienste hätten die Fäden gezogen.
Der Hauptangeklagte sagte am Montag aus, Ochsenreiter habe ihm Anweisungen gegeben und 1.500 Euro gezahlt. Der Angeklagte kennt den Mitarbeiter im Bundestag nachweislich durch gemeinsame politische Arbeit. Denn beide standen in engem Kontakt zum mutmaßlichen russischen Spion Mateusz Piskorski, der derzeit in Polen angeklagt ist.
- Vorwürfe aus Polen: Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten soll Drahtzieher eines Anschlags sein
- Russland-Affäre: Mutmaßlicher Spion gründete Vereine mit deutschen Politikern
Piskorski gründete in Deutschland politische Vereine mit Politikern. Den AfD-nahen Verein leitete er gemeinsam mit Manuel Ochsenreiter, der auch mehrfach prorussische Separatistengebiete in der Ukraine bereiste. Der heutige AfD-Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier war Gründungsmitglied. Auch er reiste 2016 auf die von Russland besetzte Krim-Halbinsel.
Update, 23. Mai 2019: Nachdem zwischenzeitlich seine Verbindungen nach Russland Gegenstand zahlreicher kritischer Medienberichte waren, hat Frohnmaier über seinen Anwalt eine Erklärung abgegeben. Frohnmaier war bei der Vereinsgründung mit Mateusz Piskorski im April 2016 anwesend und hat selbst ein wenig später aufgenommenes Foto von ihm mit Piskorski auf der Krim veröffentlicht. In der Erklärung heißt es dennoch, Piskorski sei ihm weder bei der Gründung des Vereins noch im Nachhinein persönlich bekannt gewesen.
Frohnmaier erklärt weiter, er habe nichts mehr mit dem Verein zu tun haben wollen und auf die Liquidierung gedrängt, nachdem die Vorwürfe bekannt wurden. Erste Berichte über die Vorwürfe gab es am 16. August 2017. In einem Interview mit dem russischen Nachrichtenportal “Sputnik” am 18. August 2017 verteidigte Frohnmaier allerdings den Verein und erklärte, das Zentrum werde in Sippenhaft genommen.
Das Portal zitierte ihn wie folgt: „Wir prüfen derzeit, ob wir als Zentrum rechtliche Schritte gegen die Medienberichte einleiten.“ Im Mai 2018 teilte er t-online.de mit, der Verein sei privat. Die mutmaßlichen Aktivitäten Dritter lasse er sich nicht zurechnen. Der Verein besteht, Stand 23. Mai 2019, laut Vereinsregister weiterhin.
- eigene Recherchen
- Facebook-Posting von Außenminister Pavlo Klimkin (ukr.)