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Angriff auf Magnitz: Auch AfD-Politiker sind Menschen aus Fleisch und Blut


Meinung
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Angriff auf AfD-Politiker
Solche Attacken sind schlicht barbarisch

  • Lamya Kaddor
MeinungEine Kolumne von Lamya Kaddor

Aktualisiert am 08.01.2019Lesedauer: 4 Min.
Döbeln: Polizisten und Feuerwehrmänner arbeiten in der Bahnhofstraße nach einer Explosion in Höhe des Bürgerbüros der AfD.Vergrößern des Bildes
Döbeln: Polizisten und Feuerwehrmänner arbeiten in der Bahnhofstraße nach einer Explosion in Höhe des Bürgerbüros der AfD. (Quelle: dpa)
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Die Attacke auf den Bremer AfD-Chef Frank Magnitz ist fürchterlich. Niemand darf Politiker in Deutschland halb tot prügeln – völlig egal, wo sie politisch stehen.

Es wird Zeit, ein großes Stoppschild aufzustellen. Ein Stoppschild gegen Gewalt. Es darf nicht sein, dass Politiker in Deutschland halb tot geprügelt werden, dass man sich an ihrem Eigentum vergreift, Sprengsätze vor ihren Büros zündet. Hört auf damit! Völlig egal, wo jemand im politischen Spektrum steht. Auch AfD-Politiker haben Ehepartner und Kinder, Mütter und Väter, Brüder und Schwestern, Freunde und Nachbarn, die sich um sie sorgen. Jenseits ihrer politischen Aktivitäten sind auch sie nur Menschen.

Wenn die Fernsehkameras aus sind, das Scheinwerferlicht bei Veranstaltungen erloschen ist, saß ich auch schon mit einzelnen AfD-Politikerinnen und Politikern noch eine Weile beisammen, habe mit der einen etwas getrunken oder mit dem anderen ein Taxi zum Bahnhof geteilt. Von der mitunter vergifteten Atmosphäre und den harten Diskussionen im Rampenlicht nur kurze Zeit zuvor, war da nichts zu spüren. Gewiss gab es zunächst gegenseitige Berührungsängste, doch diese wichen mit der Zeit freundlicheren Gesichtszügen und mündeten in angenehme Unterhaltungen, in denen wir sogar Gemeinsamkeiten finden konnten.

Menschen aus Fleisch und Blut

So wie Muslime nicht nur Muslime sind, sind AfD-Politiker eben nicht nur AfD-Politiker. Es sind Menschen aus Fleisch und Blut, die noch weitaus mehr Facetten haben als die eine. Und so gibt es viel zu entdecken, was einen dennoch verbindet, wenn man mal den Kampfmodus ausgestellt hat – und wenn es nur der Wunsch ist, sicher und nach eigenen Vorstellungen zu leben, gesund zu bleiben und das Beste für die eigene Familie zu wollen. Auch an AfD-Politikern perlen persönliche Anfeindungen nicht ab wie an Social Bots.

Die Attacke auf den Bremer AfD-Chef Frank Magnitz ist fürchterlich. Ich kann ihm nur baldige Genesung wünschen, ganz gleich, was die Hintergründe des Angriffs sein mögen. Mich persönlich hat schon eine frühere Attacke sehr nachdenklich gestimmt. In Meppen sind Unbekannte zum Haus des AfD-Kreisvorsitzenden Guido Stolte gegangen, haben die Fassade mit roter Farbe und Bauschaum beschmiert, den Garten verwüstet und Bioabfälle hinterlassen. Bereits im September wurde die Familie des Vorsitzendes des AfD-Kreisverbands Ems-Vechte, Ansgar Schledde, mit Gegenständen beworfen, als sie sich auf der Terrasse ihres Hauses befand, berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung". Ein Stein habe die Terrassenüberdachung, ein Ei den Kreisvorsitzenden am Kopf getroffen und die vierjährige Tochter sei von Holzsplittern getroffen worden.

Angriffe auf AfD-Politiker nehmen zu

Das mögen im Vergleich zu einem Bombenanschlag wie vergangene Woche vor dem AfD-Büro in Döbeln eher Lappalien sein, doch manchmal sind es gerade die vermeintlich kleineren Dinge, die einen berühren. Jemanden in seinem Zufluchtsort heimzusuchen, seinem persönlichen Rückzugsraum und Schutzort für die eigene Familie, ist schlicht barbarisch. Für jemanden, der von der Gesellschaft als Mensch anerkannt werden will und für sich selbst Würde und Respekt einfordert, ist das ein No-Go.


Wer sich in die Politik oder in die Öffentlichkeit begibt, muss leider heutzutage mit Anfeindungen rechnen, auch wenn diese dadurch nicht legitim werden. Und je mehr ein Mensch selbst anfeindet, desto schwerer könnten die Reaktionen ausfallen. Aber die Familien jeglicher Akteure in die Auseinandersetzung mit hineinzuziehen, gar deren Kinder, die es sich in der Regel nicht ausgesucht haben, was ihre Eltern treiben, ist tabu. Schon die Ablehnung eines Kindes an einer Berliner Waldorfschule vor einigen Wochen, nur weil der Vater ein AfD-Abgeordneter ist, ging eindeutig zu weit. Die Gesellschaft sollte solche Vorfälle nicht hinnehmen.

Und dennoch nehmen die gewalttätigen Angriffe auf AfD-Politiker zu. Daran ist nichts Unterstützenswertes, kein Grund zur klammheimlichen Freude, kein Grund, den Mund zu halten und nicht die Stimme dagegen zu erheben. Radikalisierung lässt am Ende nur Opfer zurück. Wenn uns die Geschichte eines lehrt, dann das. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Jeder Mensch, der noch Mensch ist, muss solche Taten ablehnen und verurteilen. Rechts oder links im politischen Spektrum spielt da keine Rolle.

Polarisierende Rhetorik

Höchstwahrscheinlich stehen politische Motive hinter den Angriffen. Die genauen Umstände sind im Detail noch nicht bekannt. Aber in einer Demokratie darf Gewalt niemals zum Mittel der Auseinandersetzung werden, denn es destabilisiert ihre Grundfeste. Lassen wir das zu, steuern wir das Land in Richtung autoritärer Abgründe.

Gewiss, das geht auch anders, ohne unmittelbare Gewalt, wie es zum Beispiel die Entwicklungen in Ungarn unter Viktor Orban zeigen. Genau deshalb muss die Auseinandersetzung mit der Partei AfD in der Sache auch hart geführt werden. Sie vertritt Positionen, die in einigen Teilen umstritten und in anderen völlig inakzeptabel für einen freiheitlich, demokratischen Rechtsstaat sind. Ihre Rhetorik polarisiert und heizt Feindseligkeiten an.


Selbstverständlich kann man sich daher fragen, wie sich eine Aussage wie: "Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen" vom damaligen AfD-Spitzenkandidaten Alexander Gauland interpretieren lässt. Doch wer könnte daraus bitte das Recht ableiten, gegen Leib und Leben anderer vorzugehen? Niemand!

Lamya Kaddor ist Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Publizistin. Derzeit leitet sie ein Forschungsprojekt an der Universität Duisburg-Essen. Ihr neues Buch heißt "Die Sache mit der Bratwurst. Mein etwas anderes deutsches Leben" und ist bei Piper erschienen. Sie können unserer Kolumnistin auch auf Facebook oder Twitter folgen.

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