Kommunikationssystem fiel aus So dramatisch verlief die Panne in Merkels Airbus
Der abgebrochene Flug der Kanzlerin zum G20-Gipfel war offenbar dramatischer als zunächst gedacht. Zum Glück saß "der erfahrenste Kapitän der Flugbereitschaft" am Steuer.
Angela Merkel sitzt erst ein paar Minuten neben Olaf Scholz im engen Besprechungsraum ihres Regierungs-Airbus, als eine Stewardess entschlossen das Briefing stört. "Es ist wichtig", sagt die Frau ernst und bittet die Kanzlerin mit Nachdruck heraus. Das ist ungewöhnlich, doch Merkels Vizekanzler und Finanzminister setzt das Gespräch mit den Journalisten erst mal fort – allein. Kurz darauf wird klar: Der Airbus hat nur eine Stunde nach dem Start zum G20-Gipfel in Buenos Aires ein Problem – und mit ihm die Passagiere.
Wegen eines technischen Defekts müsse man zurückkehren nach Köln, zum Heimatstandort der Flugbereitschaft der Luftwaffe, dort stehe wohl eine Ersatzmaschine, macht Merkel deutlich. Da ist ihr Flugzeug gerade über den Niederlanden. Gut möglich, dass sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht so sehr im Kopf hatte, was die Störung für ihre eigentlich am Freitag geplanten bilateralen Treffen mit US-Präsident Donald Trump oder dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping bedeutet. Sondern eher das, was ihr der Flugkapitän gerade mitgeteilt hat.
Noch sind alle ruhig
Unruhe macht sich zu diesem Zeitpunkt unter den Fluggästen jedenfalls noch nicht breit. Eben noch hatte der Kapitän darum gebeten, doch wieder die Anschnallgurte anzulegen, man durchfliege ein Schlechtwettergebiet. Da ist es normal, dass ein Flugzeug mal etwas stärker ruckelt.
Eine halbe Stunde später, kurz vor der außerplanmäßigen Landung in Köln, berichtet der Flugkapitän über die Bordsprechanlage nüchtern, einige elektrische Systeme am Flugzeug seien ausgefallen. Den Weiterflug über den Atlantik könne man so nicht fortsetzen. Es werde aber eine sichere Landung geben, versucht der Kommandant zu beruhigen. So ganz gelingt ihm das nicht. Manche an Bord werden ganz still. Andere versuchen, ihre Sorgen wegzufrotzeln.
Ein Löschzug steht mit Blaulicht bereit
Die Landung auf dem Kölner Flughafen ist hart. Später stellt sich heraus, dass wegen Bauarbeiten nur die kurze Landebahn des Flughafens benutzt werden konnte. Wegen des hohen Gewichts der vollgetankten Maschine überhitzen sich die Bremsen. Ein Löschzug der Flughafenfeuerwehr muss anrücken, steht mit Blaulicht neben der Maschine. Zunächst darf wegen der Brandgefahr niemand aussteigen.
Nach Beratungen mit Sicherheitsleuten entschließt sich Merkel, nicht noch in der Nacht in eine Ersatzmaschine umzusteigen. Begründet wird das vor allem damit, dass es quasi unmöglich sei, so kurzfristig eine neue Crew aufzutreiben. Merkel, Scholz und ihre Delegation fahren zur Übernachtung in einem kleinen Konvoi in ein Bonner Hotel.
Der Vorfall war wohl ernster als andere
Da steht der Entschluss schon fest, dass die Kanzlerin und ihr Vizekanzler am nächsten Morgen mit einer kleineren Maschine der Flugbereitschaft nach Madrid fliegen und dort in eine Linienmaschine nach Buenos Aires umsteigen werden. Sie wollen noch rechtzeitig zu den Abendveranstaltungen in der argentinischen Hauptstadt ankommen. Gegen 0.30 Uhr deutscher Zeit am Samstagmorgen war dort das Abendessen der Staats- und Regierungschefs geplant – ein Termin, den Merkel auf keinen Fall verpassen will.
Mitten in der Nacht, als Merkel mit ihrem Ehemann Joachim Sauer und Scholz im fast menschenleeren Restaurant beim sehr verspäteten Abendessen sitzt, sorgen dann beunruhigende Informationen über die Panne des Regierungs-Airbus für Unruhe. Zwar hat es in der jüngsten Vergangenheit schon mehrfach Pannen bei Regierungsfliegern gegeben – aber dieser Zwischenfall war ernst wie nie zuvor.
Weite Teile der Elektronik ausgefallen
Der "Spiegel" berichtet, das komplette System für die Kommunikation mit dem Boden sei ausgefallen. Dabei ist die Kommunikationsanlage normalerweise durch mehrere Ersatzsysteme abgesichert. Nur mit dem Satellitentelefon an Bord sei es der Crew gelungen, Kontakt zur Flugleitstelle aufzunehmen und so in Köln/Bonn landen zu können.
Nicht nur die Kommunikation, sondern weite Teile des für den Flugbetrieb wichtigen Elektroniksystems sollen ausgefallen sein. Zeitweise stand sogar infrage, ob überhaupt eine geordnete Landung möglich ist. Ein Anflug auf die näher liegenden Flughäfen Amsterdam oder London war wegen der technischen Defekte nicht möglich.
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Um 1 Uhr nachts steht die sonst so nüchtern wirkende Kanzlerin noch ziemlich emotional vor Journalisten. "Es war eine ernsthafte Störung", sagt sie. Und dann findet sie außergewöhnliche Worte für die Mannschaft des Flugzeugs und vor allem für den Piloten: Sie habe "eine sehr, sehr exzellente Crew gehabt" – und das Kommando habe "der erfahrenste Kapitän der Flugbereitschaft" geführt. Merkel wirkt noch leicht geschockt, als sie das sagt.
- dpa