Auslieferung Dündars verlangt Erdogan übergibt Merkel "Terrorliste" mit 69 Namen
Bei seinem Staatsbesuch in Deutschland wollte der türkische Präsident die Beziehungen normalisieren. Doch eine Liste mit 69 Namen löst in Berlin erneut Irritationen aus.
Die Türkei fordert von Deutschland die Auslieferung des im Exil in Berlin lebenden Journalisten Can Dündar und weiterer 68 Menschen. Der türkische Geheimdienst MIT habe dem Bundesnachrichtendienst Anfang der Woche eine Liste mit den Namen von 69 Terror-Verdächtigen, ihren Adressen und Fotos übergeben, berichtete die regierungsnahe Zeitung "Yeni Asir" am Freitag. Der türkische Präsident Erdogan hat das Auslieferungsersuchen für Dündar inzwischen bestätigt.
Dündar sei "ein Agent, der Staatsgeheimnisse veröffentlicht hat", sagte Erdogan am Freitag nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Daher müsse der ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" an die Türkei ausgeliefert werden.
Nicht das erste Auslieferungsersuchen
Erdogan wolle mit Merkel über die Liste reden und verlangen, dass die Verdächtigen unverzüglich an die Türkei ausgeliefert oder abgeschoben würden, hieß es in "Yeni Asir". Neben Dündar fänden sich auf der Liste militante Kurden und Linksextremisten sowie Menschen, denen die Türkei eine Verbindung zu dem im US-Exil lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen vorwirft.
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Erdogan macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch 2016 verantwortlich. In der Vergangenheit hatte die Türkei Deutschland immer wieder zur Auslieferung Terror-Verdächtiger aufgefordert. Die Definitionen beider Länder dazu gehen allerdings stark auseinander.
Dündar verzichtet auf Pressekonferenz
NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" berichteten, am Montag sei beim Auswärtigen Amt eine Verbalnote der Türkei eingegangen, in der die türkische Botschaft um die Festnahme und Auslieferung Dündars wegen Spionage, Verrats von Staatsgeheimnissen und Propaganda bitte.
Dündar war Chefredakteur der regimekritischen Zeitung "Cumhuriyet", ehe er nach Deutschland floh. Seine Frau lebt weiter in der Türkei und darf das Land nicht verlassen. Bundeskanzlerin Merkel hat das Vorgehen der Türkei gegen zahlreiche Mitarbeiter von "Cumhuriyet", die wegen Terrorvorwürfen zu Haftstrafen verurteilt wurden, scharf kritisiert.
Journalist wird abgeführt
Um die Teilnahme Dündars an der Pressekonferenz hatte es am Freitag einen Eklat gegeben. Der dpa hatte Dündar gesagt, dass er an der Pressekonferenz teilnehmen und Erdogan kritische Fragen stellen werde. Er verzichtete aber dann kurzfristig auf die Teilnahme, nachdem es aus der Erdogan-Delegation Drohungen gab, die Pressekonferenz platzen zu lassen, sollte er dabei sein.
- Reuters, AFP, dpa