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Chemnitz: Fast identische Routen – AfD wird erneut mit Neonazis marschieren


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Fast identische Demo-Routen
AfD wird in Chemnitz erneut mit Neonazis marschieren


Aktualisiert am 01.09.2018Lesedauer: 3 Min.
Neonazi-Demonstration in Chemnitz: Auch am Samstag werden AfD-Funktionäre voraussichtlich mit militanten Rechtsextremen marschieren – die Initiatoren der Kundgebung haben keine Berührungsängste mit Neonazis.Vergrößern des Bildes
Neonazi-Demonstration in Chemnitz: Auch am Samstag werden AfD-Funktionäre voraussichtlich mit militanten Rechtsextremen marschieren – die Initiatoren der Kundgebung haben keine Berührungsängste mit Neonazis. (Quelle: Matthias Rietschel/reuters)

Die AfD wird am Samstag in Chemnitz absehbar erneut mit Neonazis demonstrieren. Bei Stadt und Polizei geht man von einer gemeinsamen Kundgebung der Gruppen aus.

Nach eigenen Angaben planen AfD und fremdenfeindliche Pegida am Samstag in Chemnitz einen "Trauermarsch" mit schwarzen Anzügen und weißen Rosen – "Extremisten" wolle man nicht. Doch offensichtlich folgt der Aufruf einem Kalkül: Fast zeitgleich an fast gleicher Stelle hat das rechtsradikale "Pro Chemnitz" eine Demonstration angemeldet und will Neonazis ganz explizit nicht von der Kundgebung ausschließen, wie Organisator Martin Kohlmann im Vorfeld sagte.

Behörden und Polizei erwarten gemeinsame Demo

Bei Behörden und Sicherheitskräften geht man davon aus, dass aus den beiden Demonstrationszügen eine gemeinsame Kundgebung werde. Das erfuhr t-online.de aus Kreisen der Stadtverwaltung und der Polizei. Die Anmelder hätten Route und Zeitpunkt selbst bestimmen können. Es sei angesichts dessen plausibel, dass die Demonstrationen ab einem gewissen Zeitpunkt verschmelzen. Diese Annahme wird gestützt durch einen Blick auf den Ablaufplan und die Stadtkarte.

Die "Pro Chemnitz"-Demo will um 16 Uhr starten und vom Karl-Marx-Kopf über die Theaterstraße, die Bahnhofstraße und die Brückenstraße marschieren. AfD und Pegida wollen ihren Marsch um 17 Uhr an der markierten Stelle auf der Theaterstraße beginnen und über die Brückenstraße, die Bahnhofstraße und erneut die Theaterstraße laufen.

Dort werden sich die Züge treffen

Zwar sind die Demos etwas zeitversetzt und mit unterschiedlicher Marschrichtung angesetzt – es ist aber nahezu sicher, dass sich die Züge begegnen werden. Entweder auf der Theaterstraße, wenn "Pro Chemnitz" losläuft und sich AfD und Pegida dort sammeln. Oder auf der Brückenstraße, wenn der Marsch von "Pro Chemnitz" offiziell beendet ist und der sogenannte "Trauermarsch" den Karl-Marx-Kopf passiert.

Wenn sich die Demos voraussichtlich vermischen, werden also erneut AfD-Parlamentarier und -Funktionäre gemeinsam mit Neonazis demonstrieren. Bereits die von "Pro Chemnitz" angemeldete Demo am Montag war von Nationalsozialisten und gewaltbereiten Hooligans dominiert, wie zahlreiche Videoaufnahmen belegen.

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Auch dort marschierten AfD-Funktionäre Seite an Seite mit Terror-Sympathisanten – unter anderem der Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme und seine Mitarbeiterin Leyla Bilge, aber auch Landtagsabgeordnete aus Baden-Württemberg und Thüringen. Weite Teile der Kundgebung forderten den "Nationalen Sozialismus", Hooligans skandierten Loblieder auf Adolf Hitler. Die Bundesanwaltschaft leitete daraufhin Vorermittlungen ein, wie der "Spiegel" berichtete.

Der Organisator der Demo, Martin Kohlmann, gab einen Tag später dem "Nationalrevolutionären Radio" ein Interview, das von der nationalsozialistischen Kleinpartei "Dritter Weg" betrieben wird, die ebenfalls in Chemnitz marschierte. Die Partei hat verurteilte Rechtsterroristen in ihren Reihen und strebt laut Verfassungsschutz die Errichtung eines nationalsozialistischen Systems an. Am Mittwoch beteiligte sich die Partei dann erneut unbehelligt an einer Demo der AfD im sächsischen Plauen, wie Fotos belegen.

AfD-Funktionäre mit Neonazi-Vergangenheit

Auch die Anmelder der AfD-Demo vom Samstag haben keine Berührungsängste mit Nationalsozialisten und nationalsozialistischer Propaganda: die Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz und Björn Höcke. Beide wurden in der Vergangenheit vielfach in dieser Hinsicht auffällig.

Der brandenburgische Landeschef Andreas Kalbitz war bereits in mehreren rechtsextremen Vereinigungen aktiv, bevor er in die AfD eintrat. Unter anderem nahm er 2007 laut eigener Aussage an einem paramilitärischen Zeltlager der wenig später verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" teil. In solchen Camps wurden sogenannte "Rassenschulungen" durchgeführt. Laut Verbotsverfügung war ein Ziel des Vereins die "Heranbildung einer neonazistischen 'Elite'". In einem rechtsextremen Verein kooperierte Kalbitz außerdem mit NPD-Funktionären.

Auch der thüringische Landesvorsitzende Björn Höcke gerät immer wieder wegen nationalsozialistischer Anklänge in die Schlagzeilen: Der eigene Parteivorstand attestierte ihm und seinen Reden im Ausschlussverfahren eine Nähe zu Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus, wie t-online.de und das Recherchebüro Correctiv berichteten. Unter einem Pseudonym habe er für eine NPD-Zeitschrift geschrieben. Zuletzt schrieb er erneut von einer "Wolfszeit", die nun anbreche, wie der Soziologe Andreas Kemper feststellte. Das Reden und Rechtfertigen sei nun vorbei.


Insgesamt geht die Polizei bei allen angemeldeten Demonstrationen am Samstag von einer Teilnehmerzahl im unteren fünfstelligen Bereich aus. Das umfasst auch die Gegenkundgebung unter dem Motto "Herz statt Hetze", zu der ab 15 Uhr tausende Demonstranten erwartet werden. Sachsen habe Polizeikräfte aus anderen Bundesländern zur Unterstützung angefordert. Auch Wasserwerfer und Reiter stünden bereit. Wegen des Großeinsatzes wurde die Bundesliga-Partei Dynamo Dresden gegen den Hamburger SV abgesagt.

Verwendete Quellen
  • eigene Recherchen
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