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Unter Rechtsterror-Verdacht | Nordadler wollten Nazi-Idyll im Harz bauen


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Unter Rechtsterror-Verdacht
Nordadler wollten Nazi-Idyll im Harz bauen


Aktualisiert am 18.04.2018Lesedauer: 4 Min.
Razzia bei Nordadler: SEK-Beamte waren bei den Hausdurchsuchungen bei der Gruppe dabei, gegen die wegen möglichen Rechtsterrorismus ermittelt wird.Vergrößern des Bildes
Razzia bei Nordadler: SEK-Beamte waren bei den Hausdurchsuchungen bei der Gruppe dabei, gegen die wegen möglichen Rechtsterrorismus ermittelt wird. (Quelle: Screenshot/dpa, Montage: t-online.de)

Ein Nationalsozialist, der mit einem Islamisten wegen Sprengfallen verurteilt wurde, Verbindungen zu einem führenden US-Antisemiten hat und an einem Nazi-Idyll im Harz bastelt: Die Ermittlungen gegen die möglichen Rechtsterroristen von Nordadler.com bringen Bizarres ans Licht.

Es ist früher Morgen, als sich Spezialeinsatzkräfte der Polizei an fünf Orten Zutritt verschaffen: Vier Männer sollen hinter einer Gruppe namens "Nordadler" stecken und geplant haben, dem Nationalsozialismus "zum Wiedererstarken" zu verhelfen, erklärt der Generalbundesanwalt. Sie sollen über Anschläge auf politische Gegner nachgedacht und versucht haben, sich Waffen, Munition und Sprengvorrichtungen zu beschaffen.

Zumindest einer aus der Gruppe war damit auch schon in Berührung: Wladislav S. wurde im vergangenen Jahr verurteilt, weil er die Sprengexperimente eines IS-Anhängers begleitete und filmte. Der konvertierte Islamist aus Northeim wurde für das Bauen von Sprengfallen für einen Anschlag zu mehr als drei Jahren verurteilt.

Wladislav S. selbst musste nach Jugendstrafrecht 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, weil er die Probesprengung gefilmt hatte, wie der NDR berichtete. S. bezeichnete sich im Prozess als Nationalsozialist. Im Netz finden sich Belege, dass er schon länger so denkt. Und es gibt Hinweise darauf, dass die Gruppe sich ein Nazi-Idyll im Schatten des Kyffhäuser-Denkmals schaffen wollte.

ss-hauptamt.com 2016 registriert

Im März 2016 war die Registrierung bei einem dänischen Internetdienstleister eingegangen: ss-hauptamt.com. Wladislav S. war der Auftraggeber. Kurze Zeit später hatte die Seite auch eine Gliederung: "Schutzstaffel" stand ganz oben, dann gab es eine Übersicht über diverse Hauptämter, das "Hauptamt für Gesundheit" hatte etwa auch das Ressort "Euthanasie und Beratung". Wer die Kontaktseite anklickte, bekam den Hinweis: "Auf Beleidigung, Morddrohung oder ähnlich jüdischem Verhalten reagieren wir mit Personenermittlung." Und am Seitenfuß fand sich über Musikdateien wie dem "Marsch der Freiwilligen SS" eine Widmung: "Im Gedenken an unseren Führer und Reichskanzler Adolf Hitler".

Diese Seite ist nicht mehr erreichbar, Wladislav S. steht aber auch noch im Impressum einer nicht ganz so offensichtlich nationalsozialistischen Seite: nordadler.com. Die Internetadresse, die der Gruppe ihren Namen gegeben hat und wo davon fantasiert wird, dass sich das Volk erheben muss, "um mit dem alten germanischen Geist ein Zweckbündnis einzugehen".

Im russischen Netzwerk VK.com, in dem Rechtsextremisten ohne Angst vor Löschung alles posten können, hat Nordadler einen verwaist wirkenden Auftritt. Dort findet sich dafür noch eine Verbindung zum "SS-Hauptamt". "Zum Netzwerk" steht im Profil. Wer auf diesen Link klickte, landete auf einer nicht mehr erreichbaren Willkommensseite, auf der man sich anmelden und "Momente mit Freunde und Familie teilen" sollte. Nun empfiehlt Nordadler ein anderes Netzwerk, es soll auch für "volkstreue Menschen" weltweit sein.

"Nordadler" kreiste über Bad Sachsa

Im Harz will die Gruppe viele Momente teilen, wenn an der Ankündigung auf der Facebook-Seite etwas dran ist. Am Wochenende hatte die Gruppe noch im "Freiwilligen Arbeitsdienst" gearbeitet, an ihrer Vision von einer (Schreibweise so im Original) "auf Völkischem Bewusstsein basierenden Gemeinschaft Germanischem Glaubens, Atamanen oder Nationalsozialisten". Die Gruppe will eine Nazi-Enklave aufbauen und beschreibt das auf Facebook.

Man wolle sich "vorsichtig vortasten" und gezielt Immobilien im gleichen Ort oder in angrenzenden Orten erwerben. Die nationalsozialistischen Fantastereien gehen weiter: Wenn genug Gleichgesinnte angesiedelt sind, soll der "Weg der Oppositionierung" angegangen werden. Schulungszentren für politische Soldaten, während zugleich auch als "Unparteiische" Mandate errungen werden sollen.

36 Fotos aus dem Harz waren gepostet worden, aus den Wäldern, vom Kriegerdenkmal mitten in Bad Sachsa, von offenbar leerstehenden Immobilien entlang der Bismarckstraße in der Stadt und aus dem Inneren eines Hauses, das die Gruppe offenbar renovieren will.

Durchsuchungen an fünf Orten

Der Beitrag zeigt etwas über die Rollenverteilung in der Gruppe. Die Finanzen waren offenbar nicht Sache von Wladislav S. – es wird um Spenden gebeten, die Bankverbindung führt zur Stadtsparkasse Wedel im Kreis Pinneberg. Hier lebt Patrick S., laut "Göttinger Tageblatt" einer der Verdächtigen und Kopf einer Anti-Asylgruppe namens "Schleswig-Holstein wehrt sich".

Hier hatten die Ermittler auch am Morgen ein Haus durchsucht, dazu in Bremen und im Emsland. In Thüringen standen sie an der Adresse einer Person, die nicht verdächtigt wird. Und sie durchsuchten in einem Mehrfamilienhaus in Katlenburg-Lindau in Süd-Niedersachen zwischen Einbeck und Göttingen. Diese Adresse hatte Wladislav S. auch angegeben, als er Nordadler.com anmeldete.

Die E-Mail-Adresse, die er dabei nutzte, führt auf eine Spur zum rechten US-Publizisten John De Nugent, der schon zahlreiche rechtsextreme Projekte betreute. Auf sein Konto geht das "Allbuch", eine deutschsprachige rechte Enzyklopädie in Anmutung der Wikipedia mit Zigtausenden Einträgen. Er betreibt auch eine revisionistische Seite "Mut zur Wahrheit", in der Hitler in ein positives Licht gerückt werden soll.

Vom "Nordadler" gibt es noch keine Nachricht, wie es dort weiter geht. Keiner der Beteiligten wurde festgenommen, mitgenommen wurden Datenträger, aber keine Waffen. Auf der Facebook-Seite gab es keine Nachricht an die 1600 Menschen, die sie geliket haben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Erklärung des Bundesanwalts
  • „BZ“ über John de Nugent und sein Allbuch
  • Recherchen des "Göttinger Tageblatts" zu Lindau
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