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Türkei: Erdogan jagt deutschen Schriftsteller in Spanien


Gabriel schaltet sich ein
Erdogan jagt deutschen Schriftsteller in Spanien

Von dpa, jmt

Aktualisiert am 20.08.2017Lesedauer: 3 Min.
Außenminister Gabriel hat sich in den Fall des Schriftsteller Dogan Akhanli eingeschaltet.Vergrößern des Bildes
Außenminister Gabriel hat sich in den Fall des Schriftsteller Dogan Akhanli eingeschaltet. Er will seine Auslieferung in die Türkei verhindern. (Quelle: Kay Nietfeld/Archiv/dpa)

Der deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli sitzt in spanischer Haft und muss die Auslieferung in die Türkei befürchten. Die Polizei hat ihn auf Bitten der Türkei festgenommen. Die Bundesregierung ist alarmiert, der nächste Streit zwischen Berlin und Ankara bahnt sich an. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) schaltet sich persönlich in den Fall ein.

Gabriel will eine Auslieferung des türkischstämmigen Mannes an die Türkei zu verhindern. Dafür telefonierte er bereits mit seinem spanischen Kollegen Alfonso Dastis, wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte. Außerdem habe er um schnellstmögliche konsularische Betreuung des Schriftstellers gebeten. Zuvor hatte sich schon die deutsche Botschaft in Madrid mit entsprechenden Wünschen an die spanische Regierung gewandt.

Der türkischstämmige Kölner Schriftsteller war am Samstag im Urlaub in Spanien auf Betreiben der Türkei festgenommen worden. Akhanli lebt seit seiner Flucht aus der Türkei 1991 in Deutschland und hat ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft.

Ihm werde die Mitgliedschaft in einer bewaffneten, terroristischen Vereinigung vorgeworfen, hieß es unter Berufung auf Polizeikreise. Offiziell bestätigt ist das bislang nicht. Akhanlis Anwalt Ilias Uyar sagte, der Festnahmeantrag sei aus der Türkei gekommen. Dies bestätigte auch die spanische Polizei. Der Schriftsteller werde in Kürze den Justizbehörden überstellt, sagte ein Polizeisprecher spanischen Medien.

In seinen Werken befasst sich der 1957 geborene Schriftsteller auch mit der Verfolgung der Armenier in der Türkei – einem politisch höchst kontroversen Thema, bei dem in Akhanlis alter Heimat regelmäßig die Emotionen hochkochen. Er selbst wurde nach dem Militärputsch als Mitglied der kommunistischen TDKP 1984 verhaftet. Von 1985 bis 1987 saß er in Istanbul in einem Militärgefängnis.

Sein Anwalt Uyar sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", bei der spanischen Polizei habe ein Dringlichkeitsvermerk der internationalen Polizeibehörde Interpol vorgelegen. Akhanli wurde demnach am Samstagmorgen im Urlaub in Granada festgenommen. Dem "Spiegel" zufolge werten Sicherheitskreise die Festnahme als erneuten Affront der Türkei gegen die Bundesregierung.

Behörden: Erdogan betreibt "Geisel-Diplomatie"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte noch kurz zuvor Deutschland in einer Rede scharf angegriffen. Er habe "der Dame an der Spitze Deutschlands" eine Liste mit 4500 von der Türkei gesuchter Terroristen gegeben, doch sei diese nicht angenommen worden. Allerdings habe Merkel von ihm gefordert, in der Türkei inhaftierte Deutsche freizulassen. "Es tut mir leid, wenn sie eine Justiz haben, so haben wir hier auch eine", sagte Erdogan. Mehrere Mitarbeiter europäischer Sicherheitsbehörden bezeichneten das Vorgehen der Türkei gegenüber "Buzzfeed News" als "Geisel-Diplomatie".

In Deutschland hat die Festnahme Empörung ausgeklöst. Politiker fordern Konsequenzen für die türkische Regierung. Es sei ein Skandal, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Türkei unschuldige Menschenrechtsaktivisten und Journalisten verhaften lasse, sagte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. "Wenn er dies nun auch außerhalb des Territoriums der Türkei versucht, müssen wir uns als Europäer dem entschlossen entgegenstellen und sagen: so nicht!"

Journalisten-Verband warnt vor Auslandsreisen

Grünen-Chef Cem Özdemir forderte, die polizeiliche Zusammenarbeit der EU mit der Türkei neu zu bewerten. "Gegner des türkischen Regimes dürfen in Europa künftig nicht ungeprüft als Kriminelle verhaftet werden", sagte er dem "Tagesspiegel". "Wie weit wollen wir Erdogan in Europa noch kommen lassen?", fragte Linke-Chefin Katja Kipping.

Die Schriftstellervereinigung PEN vertrat die Ansicht, das Verfahren gegen Akhanli sei "eindeutig politisch motiviert". PEN-Vizepräsident Sascha Feuchert und viele Politiker forderten die spanischen Behörden auf, den Autoren keinesfalls an die Türkei auszuliefern und sofort freizulassen. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief deutsche Journalisten auf, sich vor Auslandsreisen beim Bundeskriminalamt über mögliche Haftbefehle oder Fahndungen im Ausland zu informieren:

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Akhanli war bereits 2010 auf einem Flughafen in Istanbul festgenommen worden, als er in die Türkei einreisen wollte, um seinen todkranken Vater zu besuchen. Ihm wurde vorgeworfen, 1989 an einem Raubmord auf eine Wechselstube in Istanbul beteiligt gewesen zu sein.

Er blieb in Untersuchungshaft, bis der Richter am ersten Verhandlungstag entschied, dass Akhanli das Gefängnis verlassen dürfe. Wenige Tage später kehrte er nach Deutschland zurück. 2011 wurde er in Abwesenheit von einem Gericht in der Türkei vom Vorwurf des Raubes und Totschlags freigesprochen, der Freispruch wurde später aber wieder aufgehoben.

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