Hat sich auf Polizeirevier gestellt 17-Jähriger gesteht Attacke auf SPD-Spitzenkandidat
Nach dem Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke hat sich ein 17-Jähriger bei der Polizei gemeldet und die Tat gestanden. Das teilte die Polizei mit.
Ein 17-Jähriger hat sich nach der Attacke auf den SPD-Politiker Matthias Ecke der Polizei gestellt. Der Jugendliche soll sich in der Nacht auf Sonntag gegen 1 Uhr gemeinsam mit seiner Mutter auf dem Polizeirevier Dresden-Süd im Stadtteil Prohlis gemeldet haben.
Demnach soll der 17-Jährige den Angriff eingeräumt, aber zunächst keine weiteren Angaben gemacht haben. Er befinde sich nicht in Gewahrsam, da nicht davon auszugehen sei, dass er untertauche, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts am Sonntag in Dresden.
Er sei bisher noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Die weiteren Ermittlungen würden zeigen, ob die Aussage des 17-Jährigen stimme. Die drei weiteren Tatverdächtigen sind weiterhin unbekannt. Der Verdächtige soll nun vom Polizeilichen Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum vernommen werden.
Innenminister legt anderen Tätern nahe, sich bei der Polizei zu melden
Ecke ist sächsischer SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl. Der 41-Jährige war am Freitagabend von vier jungen Männern beim Aufhängen von Wahlplakaten in Dresden zusammengeschlagen worden. Er liegt seitdem im Krankenhaus und muss operiert werden. Kurz zuvor hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe bereits einen 28-jährigen Wahlkampfhelfer der Grünen angegriffen und verletzt.
Laut Polizeiangaben vom Samstag werden die vier jungen Männer auf 17 bis 20 Jahre geschätzt. Zeugen zufolge seien sie dunkel gekleidet gewesen, hatte ein Polizeisprecher gesagt. Ein Zeuge habe sie dem rechten Spektrum zugeordnet.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärte als Reaktion: "Wir werden die Ermittlungen akribisch fortführen und den Druck weiter hochhalten." Auch den anderen Tätern könne er "nur nahelegen, sich bei der Polizei zu melden." Einen solchen "brutalen Angriff auf Wahlhelfer und Politiker, aber auch auf die Grundlagen unserer Demokratie und der Durchführung freier Wahlen werden wir nicht dulden", betonte Schuster.
Ecke wird Wahlkampf wohl fortsetzen
Ecke wird seinen Wahlkampf nach der Genesung voraussichtlich fortsetzen. "Es ist davon auszugehen, dass Matthias Ecke seinen Wahlkampf fortsetzen wird", teilte die SPD Sachsen auf Anfrage mit. Das sei jedoch nicht der Aspekt, der aktuell im Vordergrund stehe.
Seit dem Angriff spüre die Partei viel Solidarität, sagte ein Sprecher. "Wir stärken und stützen uns gegenseitig. Es ist zu spüren, dass das demokratische Spektrum zusammenrückt." Besonders mit den Grünen stehe man zusammen, auch von der CDU sei viel Unterstützung gekommen. Die Partei habe viele Hilfsangebote bekommen, Matthias Ecke persönlich hätten unzählbare Mitteilungen erreicht.
Angriffe gegen Politiker häufen sich aktuell
Unmittelbar vor und nach den Angriffen in Dresden gab es zahlreiche weitere Attacken gegen Politiker und Wahlkämpfer. Am Donnerstagabend waren in Essen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß, 3. Bürgermeister der Stadt, angegriffen worden. Letzterer wurde dabei im Gesicht verletzt.
Zudem wurden zwei AfD-Wahlkampfstände angegriffen. Im niedersächsischen Nordhorn wurde der Landtagsabgeordnete Holger Kühnlenz ebenfalls im Gesicht verletzt, in Dresden wurde nur Material beschädigt. Darüber hinaus war im Bereich des Tatorts des Angriffs gegen Ecke kurz nach der Tat eine Gruppe von 20 Jugendlichen unterwegs und hat insgesamt 21 Wahlplakate beschädigt.
Feaser plant Innenminsterkonferenz
Die Anteilnahme an dem Angriff gegen Ecke war bundesweit über alle Parteigrenzen groß. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Attacke als Bedrohung für die Demokratie. FDP-Chef Christian Lindner beklagte eine "Enthemmung der politischen Auseinandersetzung". Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich "entsetzt". Auch AfD-Chef Tino Chrupalla verurteilte die Tat.
Zudem wurde Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aktiv: Die Innenminister von Bund und Ländern sollen schon sehr bald über Schutzmaßnahmen beraten. Laut einem Medienbericht regte sie eine Sonderkonferenz in der kommenden Woche an. Eine entsprechende Bitte richtete sie an den derzeitigen Vorsitzenden der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Ressortchef Michael Stübgen (CDU), wie der "Tagesspiegel" unter Berufung auf Regierungskreise berichtete. Derweil riefen zwei Bündnisse für diesen Sonntag unter dem Motto "Gewalt hat keinen Platz in unserer Demokratie!" zu spontanen Demonstrationen in Berlin und Dresden auf.
In Berlin soll ab 18 Uhr vor dem Brandenburger Tor protestiert werden, in Dresden ab 17 Uhr am Pohlandplatz, wie es in den am Samstagabend veröffentlichten Instagram-Posts des Internetportals "Zusammen gegen Rechts" und des Bündnisses "Wir sind die Brandmauer Dresden" heißt. Die Bündnisse hatten bereits im Februar zu Demonstrationen gegen rechts aufgerufen.
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- bild.de: "17-Jähriger gesteht Prügel-Attacke auf SPD-Politiker"