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EU-Parlament: Umstrittene Migrationsreform beschlossen


Verschärfte Asylregeln
EU-Parlament stimmt für umstrittene Migrationsreform

Von t-online, dpa, afp
Aktualisiert am 10.04.2024Lesedauer: 4 Min.
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Ein Holzboot von Flüchtlingen (Archivbild): Das EU-Parlament hat für strengere Regeln an den Außengrenzen gestimmt. (Quelle: Javier Bauluz/AP/dpa/dpa-bilder)
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Sie war höchst umstritten und es wurde lange gestritten: Doch nun hat das EU-Parlament für eine Asylreform und mehr Maßnahmen an den Außengrenzen gestimmt.

Das EU-Parlament hat für die umstrittene Asylreform gestimmt. Nach jahrelangen Diskussionen machten die Abgeordneten am Mittwoch in Brüssel den Weg frei für einen zuvor ausgehandelten Kompromiss, mit dem die bisherigen Regeln für Migration in die Europäische Union deutlich verschärft werden sollen. Zuvor war im Parlament hitzig diskutiert worden.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson schrieb im Onlinedienst X, damit könne Europa seine "Außengrenzen besser schützen" und all jene Migranten "rasch zurückführen", die keine Aufnahmechancen hätten.

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola schrieb auf X, damit schreibe die EU "Geschichte". Der Pakt sieht Asylverfahren direkt an Europas Außengrenzen vor sowie beschleunigte Rückführungen, auch in "sichere" Drittstaaten. Zur Entlastung von Hauptankunftsländern wie Italien, Griechenland und Zypern sieht die EU einen verpflichtenden Solidaritätsmechanismus vor. Die EU-Länder müssen den Asylpakt noch abschließend billigen, dies gilt jedoch als Formsache.

Baerbock begrüßt Entscheidung

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Zustimmung des EU-Parlaments zur umstrittenen europäischen Asylreform ebenfalls begrüßt. Damit "beweist die EU in schwierigen Zeiten Handlungsfähigkeit", schrieb die Grünen-Politikerin am Mittwoch im sozialen Netzwerk X (früher Twitter). Europa bekomme verbindliche Regeln mit Humanität und Ordnung. "Die verpflichtende Solidarität ist ein Meilenstein. Das ist auch eine gute Nachricht für Kommunen in Deutschland", fügte sie hinzu.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Zustimmung des Europaparlaments zu einer Verschärfung der gemeinsamen Asylregeln derweil als "historischen, unverzichtbaren Schritt" begrüßt. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) stehe "für die Solidarität unter den europäischen Staaten", erklärte Scholz am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst X. "Sie begrenzt die irreguläre Migration und entlastet endlich die Länder, die besonders stark betroffen sind."

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach mit Blick auf die Abstimmung von einem "großen und sehr wichtigen Erfolg". "Wir haben uns nach jahrelangen harten Verhandlungen auf dieses umfassende Paket geeinigt", erklärte Faeser. Damit hätten die EU-Staaten "eine tiefe Spaltung Europas überwunden". Die Entscheidung vom Mittwoch zeige überdies: "Wir überlassen dieses zentrale Thema nicht den Rechtspopulisten, die Menschen in Not für ihre Stimmungsmache missbrauchen."

Es würden durch die neuen gesetzlichen Regelungen weiterhin die Menschen geschützt, "die aus furchtbaren Kriegen, vor Terror, Folter und Mord zu uns fliehen", betonte Faeser. Aber diese Verantwortung werde künftig "auf mehr Schultern verteilt sein". Dies werde auch zu einer Entlastung der Kommunen führen.

Härterer Umgang mit Menschen aus sicher geltendnen Ländern

Die Reform verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einheitlichen Verfahren an den Außengrenzen, damit rasch festgestellt werden kann, ob Asylanträge unbegründet sind und die Geflüchteten dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können.

Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.

Menschen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie solche, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Ankommende Menschen können dem Vorhaben nach mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, auch um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind.

Weiteres Element der Reform ist, dass anerkannte Asylbewerber dann auf alle EU-Staaten nach einem Schlüssel verteilt werden. Lehnt ein Land die Aufnahme nach den Quoten ab, ist eine Strafzahlung fällig. Gegen Aufnahmen sperrten sich seit 2015 vor allem Ungarn und Polen.

Die Reform muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Dann haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Das soll den Staaten an den Außengrenzen genügend Zeit geben, entsprechende Einrichtungen zur Unterbringung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent zu schaffen.

Kurzfristig wird sich also an der Situation in Deutschland nichts ändern. Migrationsforscherin Zeynep Yanasmayan vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung mahnte an, dass sich Veränderungen in Fluchtbewegungen vor allem nach Konflikt- und Verfolgungslagen in Herkunfts- und Transitländern richteten. "Wie die Aufnahmestaaten agieren, wirkt sich auf Migration, vor allem auf Flucht, nur sehr begrenzt aus", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. "Die Auswirkungen der Aufnahmestaatspolitiken auf Migrationsbewegungen, insbesondere Fluchtbewegungen, sind sehr begrenzt."

Aktivisten hatten Abstimmung unterbrochen

Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten hatte die Abstimmung vorübergehend gestört. Während der laufenden Abstimmung riefen die Protestierenden von der Besuchertribüne aus "Dieser Pakt tötet – stimmt dagegen" und warfen Papierflugzeuge in das Plenum.

Die Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ermahnte die Aktivistinnen und Aktivisten mehrfach und unterbrach kurz die Abstimmung. Die unerwartete Aktion sorgte für gemischte Reaktionen unter den Abgeordneten: Einige standen auf und applaudierten, während andere den Protest kritisierten. Trotz der Störung entschied sich Metsola, die Sitzung fortzusetzen und die Abstimmung über die Asylreform nicht weiter zu verzögern. Eine Mehrheit der Abgeordneten sprach sich schließlich für die umstrittene Reform aus.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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