Anreiz für Mehrarbeit FDP will Überstunden steuerlich begünstigen
Zurück zum Markenkern: Die FDP-Parteispitze hat ein Papier zur Wirtschaftspolitik verabschiedet. Damit sollen Überstunden attraktiver werden.
Die Spitze der FDP spricht sich für Steuerbegünstigungen für Überstunden aus sowie für eine automatische Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflation. Das hat das Präsidium der Partei am Montag in einem Papier mit dem Titel "Leistung und Arbeit müssen sich wieder lohnen" beschlossen.
Am Parteitag steht die Wirtschaftspolitik im Fokus
"Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig", sagt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nach der Präsidiumssitzung. "Die wirtschaftliche Lage ist ein Alarmsignal für unseren Wohlstand und für das Aufstiegsversprechen in Deutschland." Damit sich "individuelle Leistung" wieder lohne, seien dem Beschlusspapier zufolge fünf konkrete Maßnahmen notwendig:
- Steuervorteile für geleistete Überstunden: Damit will die FDP Anreize für Mehrarbeit setzen. "Zurzeit erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Ausbezahlung von Überstunden je nach Ausgestaltung der Arbeitsverträge ein Plus auf das Grundgehalt", heißt es in dem Papier. Dabei verringere die progressive Einkommens- und Lohnsteuer die Zuschläge. Um das zu verhindern, ließen sich Überstunden grundsätzlich oder in Teilen steuerfrei stellen.
- Automatisch Anpassung der Lohn- und Einkommenssteuer: Damit gerade in Zeiten von Inflation die "kalte Progression" sofort ausgeglichen wird, plädiert das Parteipräsidium für einen Steuertarif, der sich automatisch an die Teuerung anpasst: "Leistungsträger dürfen nicht durch heimliche Steuererhöhungen abgestraft werden."
- Steueranreize für ausländische Fachkräfte: Wer nach Deutschland kommt, um hier zu arbeiten, könnte "in den ersten drei Jahren ei Teil des Bruttolohns steuerfrei" beziehen, so die Idee der Liberalen. So würde Deutschland attraktiver für Einwanderer in den Arbeitsmarkt.
- Arbeitsanreize für Ältere: Die Beschäftigung älterer Menschen solle attraktiver werden, heißt es. Außerdem spricht sich die Parteispitze für "einen flexiblen Renteneintritt" sowie die Abschaffung der "Rente mit 63" aus. Das jüngst auf dem Weg gebrachte "Generationenkapital" für die gesetzliche Rente wolle man zur "Aktienrente" weiterentwickeln. Begründung für all das: Der Fachkräftemangel werde sich schon bald verschärfen, wenn Millionen Vertreter der Babyboomer-Generation in Rente gingen.
- Schärfere Bürgergeld-Regeln: Die FDP-Spitze will mehr Sanktionsmöglichkeiten für Bürgergeldempfänger, die nicht arbeiten wollen. "Wer arbeiten kann, muss jede zumutbare Arbeit annehmen", sagte Djir-Sarai dazu. Zudem müssten die Arbeitsanreize für Bezieher von Bürgergeld größer werden, dafür vor allem die Hinzuverdienstgrenzen "leistungsgerechter gestaltet" werden.
Mit den Vorschlägen zielt die FDP-Spitze bereits in Richtung Parteitag Ende des Monats. Dort soll nach Aussage von Djir-Sarai die Wirtschaftspolitik im Fokus stehen. Ein entsprechender Leitantrag hatte zuletzt bereits für Aufsehen gesorgt.
Kritik gibt es von der SPD
Inwieweit sich die Punkte mit den Koalitionspartnern SPD und Grüne umsetzen lassen, ist derweil fraglich. Djir-Sarai wich der Frage am Montag aus und erklärte, man habe innerhalb der Koalition immer wieder unterschiedliche Auffassungen. Das jedoch ändere nichts daran, dass die von der FDP propagierte "Wirtschaftswende" und dafür eine "ganze Reihe von Maßnahmen" notwendig seien.
Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katharina Barley, lehnte die Vorschläge ab. "Überstunden sollen die Ausnahme sein, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Gesundheit und auf Freizeit haben", sagte Barley. Die Mentalität in Deutschland sei hervorragend, die Leistungsbereitschaft hoch. "Aber daraus jetzt ein System zu machen, ist, wie einen Gummi auf Dauer zu überreizen", betonte sie. Gerade in der Pflege verließen viele wegen der Überstunden den Beruf.
- Pressekonferenz nach der FDP-Präsidiumssitzung
- Mit Material der Nachrichtenagentur afp