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Hans-Georg Maaßen: Verfassungsschutz speichert Ex-Chef als Rechtsextremisten


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Brisante Geheimdienst-Entscheidung
Verfassungsschutz speichert Maaßen als Extremisten ab


Aktualisiert am 01.02.2024Lesedauer: 4 Min.
Hans-Georg Maaßen: Der frühere Verfassungsschutzchef steht jetzt selbst im Blickpunkt des Verfassungsschutzes.Vergrößern des Bildes
Hans-Georg Maaßen: Der frühere Verfassungsschutzchef steht jetzt selbst im Blickpunkt des Verfassungsschutzes. (Quelle: Sascha Fromm/imago-images-bilder)
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Sechs Jahre lang war Hans-Georg Maaßen Präsident des Verfassungsschutzes. Rund fünf Jahre später ist der Werteunion-Vorsitzende nach Informationen von t-online und "Kontraste" jetzt selbst Beobachtungsobjekt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ordnet seinen ehemaligen Präsidenten Hans-Georg Maaßen als Extremisten ein. Der 61-jährige frühere Spitzenbeamte ist nach Informationen von t-online und des ARD-Politikmagazins "Kontraste" im nachrichtendienstlichen Informationssystem des BfV im Bereich Rechtsextremismus gespeichert. Damit gilt er als Beobachtungsobjekt.

Kurz nach einer Anfrage mit entsprechenden Fragen von t-online und "Kontraste" ging Maaßen am Mittwoch selbst an die Öffentlichkeit und veröffentlichte auf seiner Seite den Bescheid des Amts, das die Beobachtung bestätigt. Die Frage beantwortete er bis Fristablauf nicht. Auf der Plattform X (vormals Twitter), schrieb er, die Auskunft des BfV enthalte "keinerlei substantiierte Belege", die eine Beobachtung rechtfertigten.

Maaßen ist Vorsitzender des rechtskonservativen Vereins Werteunion, der am 20. Januar Beschlüsse zur Gründung einer gleichnamigen Partei gefasst hat. Sie soll offen sein für alle Parteien, die zu einer "Politikwende" bereit seien. Vereinsvorstände sprechen sich dazu ausdrücklich für eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. Maaßen kommentierte auf X, die Regierung habe "offenkundig Angst vor mir und der Werteunion, sodass sie mich durch den Verfassungsschutz beobachten und verfolgen lässt".

Verfassungsschutz-Anfrage wurde im August bekannt

Die Einordnung Maaßens als Extremist kommt nicht völlig überraschend. Schon in der Vergangenheit gab es Vorzeichen: Im August 2023 war bekannt geworden, dass das BfV eine sogenannte Erkenntnisanfrage zu Maaßen an die Staatsschutzabteilung des Bundeskriminalamtes gestellt hatte.

Derartige Anfragen dienen dem Informationsaustausch zwischen Behörden. Maaßen selbst hatte danach in der "Welt" gemutmaßt, dass über ihn ein Vorgang angelegt worden sei. Er hatte angekündigt, er werde die im Verfassungsschutzgesetz verankerten Auskunftspflichten in Anspruch nehmen. Nun erhielt seine Kölner Anwaltskanzlei Ralf Höcker das Antwortschreiben auf das Auskunftsersuchen über Daten zu seiner Person. Auf 20 Seiten werden Aussagen und Auftritte Maaßens aufgeführt, aber auch Zustimmung für ihn von Akteuren jener "Reichsbürger"-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, die wegen Umsturzplänen angeklagt ist.

Verschiedenen Quellen zufolge informierte der Verfassungsschutz in geheimer Sitzung auch zuständige Abgeordnete im Deutschen Bundestag über den Vorgang. Die Behörde wollte mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte keine Stellungnahme abgeben. Zu den Anhaltspunkten gibt es die von Maaßen veröffentlichte umfangreiche Materialsammlung, die Hinweise zu der rechtsextremen Gesinnung Maaßens liefern soll. In einer ersten Reaktion auf die Veröffentlichung von t-online und "Kontraste" forderte die Linken-Abgeordnete Martina Renner, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Bundestag müsse Maaßens Tätigkeiten während seiner Dienstzeit beleuchten.

Maaßen, der bis vor Kurzem noch CDU-Mitglied war, hatte den Verfassungsschutz von 2012 bis 2018 geleitet. Nach einem Streit über Äußerungen zu "Hetzjagden" in Chemnitz und zur Asylpolitik der Bundesregierung wurde er in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seit der Abberufung ist der frühere Spitzenbeamte wiederholt mit verschwörungsideologischen und weit rechts stehenden Äußerungen aufgefallen.

CDU wollte Maaßen rauswerfen, dann ging er selbst

Der CDU-Bundesvorstand hatte wegen anhaltender Grenzüberschreitungen Anfang 2023 ein Parteiausschlussverfahren begonnen. Im Dezember hatte er Beschwerde eingelegt gegen eine Entscheidung eines Parteigerichts, Maaßen nicht auszuschließen. Die Partei begründete das Verfahren damit, dass Maaßen immer wieder "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" gebrauche.

Maaßen selbst machte vor wenigen Tagen, am 25. Januar 2024, mit einem Foto seines zerschnittenen Mitgliedsausweises seinen Austritt öffentlich. Im Austrittsschreiben dazu sprach er seiner alten Partei ab, für Freiheit, Rechtsstaat und die Grundordnung des Bonner Grundgesetzes zu stehen. Die CDU setze sich "vorsätzlich oder aus Dummheit für eine neosozialistische Gesellschaft" ein, "die potenziell in den Totalitarismus abgleitet".

Im November hatte das extrem rechte "Compact-Magazin" Maaßen gelobt, er habe "einen Ton angeschlagen, den sich noch nicht einmal AfD-Politiker getrauen würden". Maaßen hatte zuvor in einem Gastbeitrag für die Schweizer "Weltwoche" mit der Überschrift "Chemotherapie für Deutschland" die, so Maaßen, "Migrationskatastrophe" metaphorisch mit einer Krebserkrankung verglichen. Die Politik lasse sich nicht mit Pülverchen und Mistel-Therapie rückabwickeln, "wir werden uns in die harte Realität des Operationssaals begeben müssen".

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Maaßen ist häufiger Interviewpartner in Magazinen und Formaten vom rechten Rand und reist zu Vernetzungstreffen durch die Republik und international. So war er einziger deutscher Redner bei der CPAC-Konferenz in Ungarn, einem Netzwerktreffen der internationalen, religiösen Rechten, zu der Donald Trump eine Videobotschaft beisteuerte. Maaßen saß in Ungarn mit Mitarbeitern des AfD-nahen "Deutschland-Kuriers" zusammen, unter anderem direkt neben Johannes Schüller, der als Mitgründer der "Identitären Bewegung" gilt.

Entfernung aus dem Staatsdienst möglich

Ein paar Tage später war Maaßen auch beim Frühlingsfest "Deutschland-Kuriers" in der Villa Adlon in Potsdam. Er gab an, zu einem "Konservativen Aperitif" eingeladen worden zu sein und vom "Deutschland-Kurier" als Sponsor nichts gewusst zu haben. Das Haus ist durch die Berichterstattung von "Correctiv" über das Treffen von Mitgliedern von AfD, Werteunion und CDU bekannt geworden. Bei dem Treffen ging es um Ideen, die eine millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland – ohne und mit deutscher Staatsbürgerschaft – zur Folge hätten.

Neben der politischen Dimension könnte die nun erfolgte Einstufung als Extremist für Maaßen schon bald auch persönliche Folgen haben. Im Dezember wurden die Hürden für ein disziplinarrechtliches Vorgehen gegen Bundesbeamte abgesenkt. Das entsprechende Gesetz tritt erst am 1. April in Kraft und sieht disziplinarrechtliche Konsequenzen vor, wenn sich politische Beamte nicht durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Möglich sind auch die Entfernung aus dem Staatsdienst und die Aberkennung des Ruhegehalts, das Maaßen derzeit als Beamter bezieht.

Ausführlich berichtet "Kontraste" am Donnerstag um 21.45 Uhr in der ARD in einem Beitrag zur Villa Adlon in Potsdam und der Vernetzung der rechten Szene.

Verwendete Quellen
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