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Extremismus | Mehrjährige Haftstrafen im Terrorprozess gegen "Gruppe S."


Extremismus
Mehrjährige Haftstrafen im Terrorprozess gegen "Gruppe S."

Von dpa
Aktualisiert am 30.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Oberlandesgericht StuttgartVergrößern des Bildes
Der Rädelsführer im Terrorprozess gegen die "Gruppe S." ist vom Oberlandesgericht Stuttgart zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. (Quelle: Marijan Murat/dpa/dpa-bilder)
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Mit Anschlägen auf Moscheen wollten sie einen Bürgerkrieg auslösen: Mehrere Mitglieder der rechten Terrorgruppe "Gruppe S." müssen nun teils jahrelang in Haft.

Es ist ein Mammutverfahren, das im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim zu Ende geht: An 173 Tagen verhandelte das Gericht zweieinhalb Jahre lang gegen am Ende elf Angeklagte, wühlte sich durch rund 150.000 Blatt Akten, vernahm mehr als 130 Zeugen und Sachverständige und hörte sich gut 200 Telefon-Mitschnitte an. Auch die Urteilsverkündung ist ein Mammut-Termin: Den ganzen Tag lang begründet der Vorsitzende Richter das Urteil, selbst die sonst recht knappe Verkündung des Strafmaßes gegen die Angeklagten dauert einige Zeit.

Dann ist klar: Die Angeklagten müssen teils für lange Zeit ins Gefängnis, der Senat des Oberlandesgerichts verurteilt sie mit zwei Ausnahmen zu Haftstrafen. Der Rädelsführer Werner S., nachdem die "Gruppe S. " auch benannt ist, geht für sechs Jahre ins Gefängnis, ein aus Sicht des Gerichts weiterer Rädelsführer muss fünf Jahre und drei Monate in Haft. Die anderen Angeklagten erhalten Haftstrafen von zweieinhalb bis viereinhalb Jahren. Ein Angeklagter kommt mit einer Bewährungsstrafe davon. Ein Angeklagter, der den Sicherheitsbehörden von den Plänen der Gruppe berichtet hatte, wird freigesprochen.

Die Angeklagten verfolgen die Urteilsbegründung meist teilnahmslos, schauen in die Gegend oder sprechen mit ihren Verteidigern. Rädelsführer Werner S. ist intensiv mit der Lösung eines Sudoku-Rätsels beschäftigt, sein Nebensitzer starrt teilnahmslos auf den Boden.

Mit dem Tode bedroht

Das Gericht ist überzeugt davon, dass die Verurteilten eine rechtsextreme Terrorgruppe gegründet haben, darin Mitglied waren oder diese zumindest unterstützt haben. Bei einem Treffen im Februar 2020 im nordrhein-westfälischen Minden hätten die Männer über Anschläge auf Moscheen gesprochen, die einen Bürgerkrieg auslösen sollten. In Gesprächen hätten sie ausgelotet, wer dazu bereit war. Potenzielle Zauderer seien mit dem Tode bedroht worden. Außerdem habe man über Waffenkäufe gesprochen, viele Teilnehmer hätten Tausende Euro zur Finanzierung zugesagt, führt der Richter aus.

Zuvor hatten sich die Männer demnach in Chatgruppen vernetzt und dort ihre Gewaltfantasien geteilt. Das Gericht ist überzeugt, dass sie von "Menschenmüll", "Dreckschweinen" und "Untermenschen" schreiben und sprechen, Gewaltfantasien und Hakenkreuze teilen. Das reicht ihnen nach Ansicht des Richters aber nicht, im September 2019 treffen sich einige der Angeklagten zu einem ersten persönlichen Kennenlernen auf einem Grillplatz bei Alfdorf, nordöstlich von Stuttgart.

Ein Verteidiger nennt die Gruppe in seinem Plädoyer vor einigen Wochen eine "Ansammlung Sprüche klopfender Wichtigtuer". Das sieht der Vorsitzende Richter anders. "Hier sitzen nicht elf Männern, die nur mit der Flüchtlingspolitik nicht einverstanden waren", sagt er. Stattdessen stehen die Angeklagten aus seiner Sicht rechtsextremem und teils auch nationalsozialistischem Gedankengut nahe – aber nicht nur: "Die Haltungen waren durchaus auch durch Angst motiviert", sagt der Richter. Die Angeklagten hätten gewaltsame Übergriffe durch Ausländer befürchtet, Angst gehabt, dass Zugewanderte die Macht in Deutschland übernehmen könnten. Die Gespräche in Minden habe man jedoch nicht missverstehen können, sagt der Richter. "Jetzt reden wir mal Tacheles", habe einer der Teilnehmer gesagt, führt der Richter aus. Dann sei es um Anschläge gegangen.

Vor der Wohnung tot zusammengebrochen

Das streng gesicherte Verfahren wurde aufgrund des Umfangs und der Corona-Pandemie in die Länge gezogen. Einer der Verdächtigen war bereits vor Anklageerhebung in Untersuchungshaft gestorben. Einer der Angeklagten aus Bayern war überraschend während des Prozesses gestorben. Der Mann war nach Angaben des Oberlandesgerichts auf der Heimfahrt von einer Verhandlung im Stammheimer Hochsicherheitstrakt kurz vor seiner Wohnung tot zusammengebrochen.

Beendet ist die rechtliche Aufarbeitung der "Gruppe S." mit dem Ende des Mammutverfahrens in Stuttgart wohl noch nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Schon im Vorfeld kündigten einige Anwälte an, das Urteil anfechten zu wollen. Und es ist nicht das einzige Verfahren gegen mutmaßliche Rechtsterroristen, das derzeit in deutschen Gerichtssälen läuft. In Koblenz stehen aktuell vier Männer und eine Frau vor Gericht, die geplant haben sollen, zunächst einen großflächigen Stromausfall herbeizuführen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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