Reparationsforderungen Kaczynski fordert von Deutschland 1,3 Billionen Euro
Nazi-Deutschland hat während des Zweiten Weltkriegs in Polen massive Schäden angerichtet. Ein polnisches Gutachten beziffert die Kosten auf rund 1,3 Billionen Euro.
Die polnische Regierung beziffert die durch Deutschland im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden auf umgerechnet über 1,3 Billionen Euro (6,2 Billionen Złoty). Dies teilte der Vorsitzende der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, am Donnerstag in Warschau mit. Das Gutachten wurde zum 83. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs im Königsschloss der polnischen Hauptstadt vorgestellt. Das Gutachten gilt als Grundlage für mögliche Reparationsforderungen an Deutschland.
"Die Deutschen sind in Polen eingefallen und haben uns enormen Schaden zugefügt. Die Besatzung war unglaublich verbrecherisch, unglaublich grausam und hatte Auswirkungen, die in vielen Fällen bis heute anhalten", sagte Kaczynski, der als starker Mann der polnischen Politik gilt. Daher werde Warschau von Berlin Reparationen fordern.
"Langer und schwieriger Weg"
"Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, nur weil es jemandem so vorkommt, als befände sich Polen in einer besonderen, radikal niedrigeren Position als andere Länder", so Kaczynski. Er sei sich bewusst, dass es zu den Reparationen ein "langer und schwieriger Weg" sei.
Die polnischen Forderungen beziehen sich auf den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939. Vier bis sechs Millionen Tote hatte Polen bis zum Kriegsende zu beklagen – ein Fünftel der damaligen Bevölkerung. Kein anderes Land hatte, gemessen an der Bevölkerungszahl, mehr Opfer zu beklagen. Auch die Schäden waren massiv: Warschau wurde damals von der Wehrmacht weitgehend zerstört.
Für die Bundesregierung ist das Thema erledigt
Im Potsdamer Abkommen von 1945 wurde Polen teilweise entschädigt. Tausende deutsche Betriebe wurden demontiert und nach Osten abtransportiert. Die polnische Regierung argumentiert allerdings, das Land habe im Gegenzug der Sowjetunion mit Kohlelieferungen aushelfen müssen.
Aus Sicht der Bundesregierung hat sich das Thema Reparationsforderungen mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag mit den ehemaligen Besatzungsmächten im Jahr 1990 rechtlich erledigt. Polen argumentiert, damals bei den Gesprächen nicht dabei gewesen zu sein.
Die nationalkonservative PiS-Regierung, die das Nachbarland seit 2015 führt, hat das Thema Entschädigungszahlungen immer wieder aufgebracht. Die PiS rief 2017 für das Gutachten eine Parlamentskommission ins Leben. Zudem gründete Polen ein Forschungsinstitut für Kriegsschäden. Der mehrfach angekündigte Bericht wurde nun an einem symbolischen Tag präsentiert: Am 1. September 1939 begann der deutsche Überfall auf Polen.
Das Timing der polnischen Regierung ist heikel: Das deutsch-polnische Verhältnis ist durch den Ukraine-Krieg und die Rechtsstaatsmängel in Polen angeschlagen. Kritiker werfen der PiS und ihrem Chef Kaczynski vor allem innenpolitischen Motive vor. Der deutsche Polen-Beauftragte Dietmar Nietan warf der nationalkonservativen Partei zuletzt "antideutsche Propaganda" vor.
- Nachrichtenagentur dpa