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Nach Rede auf Grünen-Parteitag: Attackierte Publizistin Carolin Emcke erhält breite Rückendeckung


Nach Rede auf Grünen-Parteitag
Attackierte Publizistin erhält breite Rückendeckung

Von t-online, dru

13.06.2021Lesedauer: 3 Min.
Carolin Emcke in ihrer Videobotschaft beim Grünen-Parteitag: Vorwurf der Bagatellisierung des Holocaust.Vergrößern des Bildes
Carolin Emcke in ihrer Videobotschaft beim Grünen-Parteitag: Vorwurf der Bagatellisierung des Holocaust. (Quelle: Screenshot Phoenix/Mitschnitt Grünen-Parteitag)

Der Publizistin Carolin Emcke wird nach ihrer Rede auf dem Grünen-Parteitag Verharmlosung des Holocaust vorgeworfen. Nach den harten Anwürfen melden sich nun jedoch mehr und mehr Fürsprecher zu Wort.

Die Gastrede der Publizistin Carolin Emcke auf dem Grünen-Parteitag schlägt weiter hohe Wellen. Doch nach den Angriffen auf die Autorin, sie hätte sich eine "unglaubliche und geschichtsvergessene Entgleisung" geleistet und "das Leid der Juden bagatellisiert", wird Emcke für ihre Aussagen nun von vielen Seiten verteidigt – unter anderem vom Zentralrat der Juden.

Was war passiert? Am Freitagabend, dem ersten Tag des Grünen-Parteitages, wurde eine Videobotschaft der Publizistin eingespielt. Emcke warnt in ihrem Grußwort (ab Minute 1:04:07 im Youtube-Video), zusammengefasst, vor den Gefahren für die Demokratie durch eine anti-aufklärerische Bewegung, die durch Desinformation und Ressentiment Debatten zu verzerren versucht. Die permanente Lüge drohe den Unterschied zwischen wahr und falsch aufzuheben, letztlich solle so die Wirklichkeit ausradiert werden.

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Diese Angriffe auf die Demokratie mittels Manipulationen und Lügen würden auch den Wahlkampf beeinflussen, sagt Emcke. Und gleich welche Regierung im Herbst ins Amt komme: "Die radikale Wissenschaftsfeindlichkeit, die zynische Ausbeutung sozialer Unsicherheit, die populistische Mobilisierung und die Bereitschaft zu Ressentiment und Gewalt werden bleiben. Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen oder die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen."

Heftige Angriffe gegen Emcke

Für diese Aussage, dass Kosmopoliten, Feministinnen, Virologinnen und schließlich Klimaforscherinnen gleichermaßen zum Ziel rechter Hetze und Desinformation würden wie auch Juden, wurde Emcke eine Verharmlosung des Holocaust unterstellt. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sprach von Geschichtsvergessenheit und forderte von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock dazu "absolute Klarheit". Beim Thema Antisemitismus dürfe es keinen Raum für Interpretation geben, so Ziemiak.

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Die "Welt am Sonntag" schrieb von einer "Ungeheuerlichkeit" und warf Emcke vor, das Leid der Juden "als ultimatives Argument für grüne Politik" zu missbrauchen, um sachliche und journalistische Kritik an Forschern zu unterdrücken. Bei der "Bild" war zu lesen, die Publizistin hätte Kritik an Klimaforschern mit der Verfolgung von Juden gleichgesetzt.

"Das ist das Gegenteil von Antisemitismus"

Aber hat Emcke das wirklich? Den massiven Anwürfen folgten im Laufe des Wochenendes mehr und mehr Stimmen, die die Publizistin verteidigten. Die Grünen-Politikerin Marina Weisband etwa, die jüdische Wurzeln in der Ukraine hat, schrieb auf Twitter, Emcke hätte absolut richtig erklärt, wie "Verschwörungsgeraune" funktioniere. "Das ist das Gegenteil von Antisemitismus: das ist Aufklärung. Daraus Vorwürfe zu stricken, ist so nieder – und präzise, wovor sie in der Rede warnt."

Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali schrieb ebenfalls auf Twitter: "Wer unbedingt missverstehen will, missversteht – gern auch zu seinem/ihrem eigenen Vorteil. So war es leider in der Vergangenheit, so ist es in der Gegenwart und so wird es in Zukunft sein. Hier geht es ums JETZT!!!" Hayali teilte dazu einen Kommentar der "Süddeutschen Zeitung", der am Sonntag vielfach in den sozialen Medien verbreitet wurde.

Autor Ronen Steinke nennt darin den Vorwurf, Emcke bagatellisiere in ihrer Rede das Leid der Juden, an den Haaren herbeigezogen. Zu behaupten, die Publizistin vergleiche Klimaforscher mit verfolgten Juden, obwohl sie den Holocaust mit keinem Wort erwähne oder andeute, sei perfide und führe Leser in die Irre, um gezielt eine Person des öffentlichen Lebens zu demontieren, heißt es in der "Süddeutschen Zeitung", für die auch Emcke regelmäßig schreibt.

"Es ist Zeit diese Debatte rasch zu beenden"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland teilte den Kommentar der Zeitung ebenfalls auf Twitter und fügte hinzu: "Damit ist zu dieser Debatte alles gesagt." Später löschte die Organisation den Tweet jedoch wieder, sprach in einem anschließenden Post gleichwohl von einer völlig unangemessenen Debatte: "Die Debatte um Carolin Emcke nimmt zwischenzeitlich völlig unangemessene Züge an. Es ist Zeit diese Debatte rasch zu beenden."

Die Publizistin selbst reagierte bislang nicht auf die Anwürfe. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, forderte eine Entschuldigung von CDU-Generalsekretär Ziemiak an Carolin Emcke, die in ihrer Haltung glasklar sei. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz nannte Emcke "einen der integersten Menschen, die ich kenne". "Ihre Stimme ist immer eine für die Achtung der Menschenwürde, gegen Rassismus und Antisemitismus!"

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