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Bekommen Flüchtlinge wirklich mehr Geld als bedürftige Deutsche?


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Mythos und Realität
Bekommen Flüchtlinge wirklich mehr Geld als bedürftige Deutsche?


Aktualisiert am 29.09.2019Lesedauer: 5 Min.
Frauen arbeiten in der Kleiderkammer einer Erstaufnahmeeinrichtung: Asylsuchende erhalten für den "persönlichen Bedarf" Sachleistungen vom Staat.Vergrößern des Bildes
Frauen arbeiten in der Kleiderkammer einer Erstaufnahmeeinrichtung: Asylsuchende erhalten für den "persönlichen Bedarf" Sachleistungen vom Staat. (Quelle: Lars Berg/imago-images-bilder)
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Tausende Euro für Flüchtlingsfamilien: Nicht nur in sozialen Netzwerken machen solche Meldungen immer wieder die Runde. Doch was ist dran am angeblichen Geldregen für Geflüchtete?

Das Internet ist voller – oft falscher – Behauptungen darüber, wie viel Geld Asylsuchende oder "die Flüchtlinge" bekommen. Teils ist da von Tausenden Euro die Rede. Eine grundsätzliche Diskussion über "wir gegen die" gewinnt man natürlich nicht mit den reinen Fakten. In solchen Aussagen steckt viel Angst, Sorge und meist ein Gefühl mangelnder Gleichberechtigung.

Trotzdem gilt es, auch in solchen Gesprächen, sachlich zu bleiben. Zuallererst muss man unterscheiden, was eigentlich gemeint ist. "Flüchtlinge" per se ist viel zu pauschal. Was es gibt: soziale Unterstützung für Asylsuchende. Es gibt aber zum Beispiel einen Unterschied zwischen den Sozialleistungen, die Asylsuchende erhalten, und dem, was man nach einer Anerkennung erhält.

Gesetzesänderung in 2019 beschlossen

Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt, was Asylsuchende, die nach Deutschland geflüchtet sind und über deren Asylantrag noch nicht entschieden wurde, in Deutschland bekommen. Diese finanziellen Leistungen wurden 2019 neu sortiert, das entsprechende Gesetz am 28. Juni 2019 durch den Bundesrat verabschiedet.

Im Juli 2019 war das Gesetz allerdings noch nicht verkündet und damit in Kraft getreten, weshalb an dieser Stelle sowohl der gesetzliche Stand von Juli 2019 als auch die Zahlen des neuen Gesetzes wiedergegeben werden. Das Asylbewerberleistungsgesetz unterscheidet zwischen einem "notwendigen Bedarf", dazu gehören Ernährung und Kleidung, und einem "notwendigen persönlichen Bedarf", dazu gehören zum Beispiel die Kosten für ein Handy, Internet oder Transportkosten.

Wie viel Geld Asylsuchende in Deutschland erhalten

Asylsuchende, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, erhalten pro Monat 135 Euro für den "notwendigen persönlichen Bedarf". Der "notwendige Bedarf" erfolgt in Form von Sachleistungen (also Verpflegung, Unterkunft). Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes wird diese Summe 150 Euro betragen.

Asylsuchende, die in einer Gemeinschaftsunterkunft, einer Wohnung, einem Hostel, einer Pension, einer Notunterkunft für Wohnungslose oder einer sonstigen Unterkunft leben, erhalten derzeit 219 Euro im Monat für den "notwendigen Bedarf". Dazu gibt es 135 Euro für den "notwendigen persönlichen Bedarf". Beides zusammen ergibt: 354 Euro.

Gesetzesänderung bringt weniger Geld für Paare

In Zukunft würden alleinstehende Asylsuchende 194 Euro für den "notwendigen Bedarf" und 150 Euro für den "notwendigen persönlichen Bedarf" erhalten. Dazu kämen dann noch 38 Euro für die Stromkosten. Zum Vergleich: Deutsche Alleinstehende erhalten nach dem seit 2019 gültigen Hartz-IV-Satz 424 Euro pro Monat.

Paare, die sich eine Wohnung teilen, bekommen weniger: Derzeit 196 Euro für den "notwendigen Bedarf" und 122 für den persönlichen. In Zukunft bekäme ein Paar 174 beziehungsweise 136 Euro. Durch die Gesetzesänderung 2019 würden Geflüchtete, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, so eingestuft, als lebten sie in einer Partnerschaft. Das bedeutet konkret, sie erhielten den niedrigeren Regelsatz von 136 Euro.

Dürfen Geflüchtete in Deutschland arbeiten?

Das hängt davon ab, welchen Aufenthaltsstatus sie haben. Wer um Asyl ansucht, ist Asylsuchende oder Asylsuchender. Wer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Asylantrag gestellt hat, ist Asylbewerberin oder Asylbewerber. Die Prüfung des Antrags kann zu folgenden Ergebnissen führen.

  • Man erhält einen negativen Bescheid, bekommt keinen Aufenthaltstitel und muss der Ausreisepflicht nachkommen. Als geduldet gilt, bei wem die Abschiebung (die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht) ausgesetzt ist.
  • Man erhält einen positiven Bescheid, gilt somit als Asylberechtigte oder Asylberechtigter, wird als Flüchtling anerkannt oder es wird subsidiärer Schutz gewährt beziehungsweise es wird ein Abschiebeverbot festgestellt. In allen Fällen bekommt man eine Aufenthaltserlaubnis.

Beschäftigung muss erlaubt werden

Wer noch auf den Bescheid vom BAMF wartet, darf in Deutschland leben und unter bestimmten Bedingungen auch arbeiten. In den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes dürfen Asylbewerberinnen und Asylbewerber derzeit nicht arbeiten. Ab dem vierten Monat entfällt dieses Arbeitsverbot, es sei denn, sie leben immer noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung und wurden noch nicht einer Kommune zugewiesen. Die Beschäftigung muss außerdem von der Ausländerbehörde erlaubt werden und in der Regel muss auch die Bundesagentur für Arbeit zustimmen.

Aber: Wer – auch nach drei Monaten noch – in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebt, also nicht einer Kommune zugewiesen wurde, darf weiterhin nicht arbeiten. Einer Erstaufnahmeeinrichtung dürfen Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach aktueller Gesetzeslage maximal sechs Monate zugewiesen werden. Die Länder können aber bestimmen, dass diese Unterbringung bis zu 24 Monate verlängert werden kann. Menschen aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten", die nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt haben, müssen bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in der Erstaufnahmeeinrichtung bleiben, sie haben also keinen Zugang zu Arbeit oder Ausbildung.

Asylsuchende müssen länger in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben

Nach dem vom Bundesrat am 28. Juni 2019 verabschiedeten "Gesetz zur verbesserten Durchsetzung der Ausreisepflicht" wird – wenn das Gesetz in Kraft tritt – die Verpflichtung, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu leben, auf einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten (sechs Monate für Familien mit minderjährigen Kindern), statt bisher von bis zu sechs Monaten, verlängert.

Für Menschen aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten" ist die Dauer der Unterbringung bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag nach wie vor unbegrenzt, genauso wie für diejenigen, die ihren Asylantrag zurückgenommen oder gar nicht erst gestellt haben. Geflüchtete aus allen anderen Staaten, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, dürfen nach dem neuen Gesetz erst nach neun Monaten arbeiten.

Was die "Duldung light" bedeutet

Wer nach Abschluss des Asylverfahrens keine Aufenthaltsgenehmigung erhält, aber trotzdem aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden darf, darf – zumindest vorübergehend bis zum Wegfall dieser Gründe – in Deutschland bleiben. Geduldete Menschen dürfen derzeit mit Erlaubnis der Ausländerbehörde in der Regel auch erst nach drei Monaten arbeiten oder bereits vom ersten Tag der Erteilung der Duldung eine Ausbildung beginnen. Geduldete aus sogenannten "sicheren Herkunftsstaaten", die nach dem 31. August 2015 in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, der abgelehnt wurde, dürfen nicht arbeiten.

Nach einem weiteren am 28. Juni 2019 vom Bundesrat verabschiedeten Gesetz dürfen Geduldete in den Erstaufnahmeeinrichtungen – wenn das Gesetz in Kraft tritt – erst nach sechs statt bisher drei Monaten arbeiten. Dieses neue Gesetz beinhaltet außerdem eine sogenannte "Duldung light". Diesen Status erhält, wessen Identität ungeklärt ist. Menschen mit diesem Duldungsstatus dürfen nach dem neuen Gesetz in Deutschland gar nicht arbeiten.

Bekommen Geflüchtete mehr Geld als deutsche Arbeitslose?

Geflüchtete mit Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung oder subsidiärem Schutz haben uneingeschränkten Zugang zu Arbeit. Wer asylberechtigt, als Flüchtling anerkannt ist oder subsidiären Schutz erhalten hat und keinen Job findet, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich Hartz IV genannt. Hier gilt der normale Hartz-IV-Regelsatz, sie erhalten also weder mehr noch weniger als bedürftige Deutsche.

In der Realität bedeutet das: Zwei von drei Geflüchteten beziehen laut Zahlen der Agentur für Arbeit von Dezember 2018 Hartz IV. In die Rechnung gehören aber auch Kinder und diejenigen, die zwar einen Job haben, aber mit Hartz IV aufstocken müssen. Gleichzeitig bedeutet das auch: Jeder beziehungsweise jede Dritte hat einen Job in Deutschland gefunden.

Was antwortet man, wenn jemand fordert, Deutsche sollten mehr Geld erhalten als Geflüchtete?

  • Das Existenzminimum muss sowohl für Flüchtlinge gesichert werden als auch für deutsche Staatsangehörige.
  • Die Sätze für Geflüchtete liegen nicht über den Hartz-IV-Sätzen, sondern darunter.
Verwendete Quellen
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