In ARD-Interview Söder warnt vor Spaltung der Gesellschaft beim Klimaschutz
Markus Söder ist die Migrationsdebatte zu schrill. Und auch beim Klimaschutz hört man neue Töne vom bayerischen Ministerpräsidenten. Im ARD-Interview bezog er zu beiden Themen nun Stellung.
Klimaschutz ins Grundgesetz, ein Plastiktütenbann und mehrwertsteuerfreie Bahntickets: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder machte in den vergangenen Tagen mit Forderungen nach mehr Umweltschutz auf sich aufmerksam. Nicht wenige staunten über die ungewohnten Töne des CSU-Chefs. Manche spöttelten, der bayerische Landesvater habe sich jetzt ein "grünes Mäntelchen" übergestreift.
Im Sommerinterview in der ARD bekräftigte Söder nun nochmals die Notwendigkeit wirkungsvoller Klimaschutzmaßnahmen, warnte aber zugleich vor einer Spaltung der Gesellschaft bei dem Thema. "Wir können nicht einfach Preise hochsetzen für die, die es sich leisten können und andere, die dann außen vor stehen", sagte der CSU-Vorsitzende in der ARD.
"Die Herausforderung spürt doch jeder, dass der Klimawandel da ist", sagte Söder. Man solle nun aber nicht in Panik verfallen. Es brauche ein in sich geschlossenes Konzept, das nicht nur für "städtische Eliten" funktioniere, sondern für alle Bürger im Land. Die Bundesregierung will am 20. September über ein Paket entscheiden. Söder sagte, es gehe um Maßnahmen, die dem Klima nützten und die Konjunktur stützten.
Der CSU-Chef kündigte an, er wolle in Bayern die Zahl der Windräder in den nächsten Jahren verdoppeln. In den Staatswäldern gebe es noch viele Flächen. Bayern hat bundesweit die schärfsten Abstandsregelungen zur Wohnbebauung bei der Windkraft an Land. Sie wurden von der CSU eingeführt. Im ersten Halbjahr 2019 war nach Branchenangaben in Bayern kein einziges neues Windrad gebaut worden. In einer Aktuellen YouGov-Umfrage hält eine Mehrheit der Befragten den neuen Öko-Kurs der CSU für unglaubwürdig.
Söder für Abrüstung in Migrations-Debatten
Söder ging in dem Interview auch auf die aktuellen Spannungen am Persischen Golf und seine angeblichen Ambitionen auf das Kanzleramt ein. Mit Blick auf die Gewalttat am Frankfurter Hauptbahnhof beklagte der Ministerpräsident überzogene Debatten in Deutschland. Weder ein Generalverdacht für Ausländer noch das Gegenteil sei hier hilfreich, "Deutschland braucht eine goldene Mitte", betonte Söder. Dazu gehöre eine Migrationspolitik, die Integrationswillige unterstütze und dafür sorge, dass nicht Integrationswillige oder gar Straftäter konsequent das Land verlassen müssten. In der Praxis in Deutschland würden aber noch immer oft bürokratische Hürden ein entsprechendes Vorgehen verhindern.
Söders Forderung nach Abrüstung in den politischen Debatten mag überraschen. Noch vor Jahresfrist hatte er mit Begriffen wie "Asyltourismus" und "Anti-Abschiebe-Industrie" die Diskussion um die Zurückweisung bestimmter Migranten an der deutschen Grenze angeheizt. Die SPD drohte damals mit Verfassungsklage und warf der CSU vor, mit AfD-Sprech Ressentiments zu bedienen.
Söder: Brauchen deutsche Initiative am Golf
Zum Abbau der Spannungen mit Iran sprach sich Söder für ein abgestimmtes Vorgehen unter den europäischen Mitgliedsstaaten aus, bei dem Deutschland vorangeht. "Ich rate dringend zu einer deutschen Initiative auf europäischer Ebene, um das Thema grundlegend zu bereden und zu klären", sagte der CSU-Chef in der ARD. Er habe zwar grundsätzlich Verständnis dafür, dass die Bundesregierung zurückhaltend auf die Bitte von US-Präsident Donald Trump zur Unterstützung in der Straße von Hormus reagiert habe. "Aber wir müssen schon mal grundlegend überlegen, wie das weitergeht."
Söder warnte davor, dass Deutschland ohne eine abgestimmte Lösung bei der Sicherung der Handelsseewege schnell in die Defensive geraten könne, etwa wenn ein deutsches Schiff vom Iran angehalten werde. Wolle Deutschland dann die Amerikaner oder die Engländer um Hilfe bitten, obwohl Deutschland ihnen diese jetzt versage? "Ich würde mir wünschen, dass wir das noch mal grundlegend klären", betonte Söder. Ansonsten drohten Deutschland Isolation und Probleme.
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Ambitionen auf die Kanzlerschaft, die Söder einige unterstellt haben, wies der bayerische Ministerpräsident zurück. "Ich habe meine Aufgabe in Bayern", sagte er in der ARD. Söder betonte, dass er sich wie die Mehrheit der Menschen in Deutschland einen Kanzler Söder nicht vorstellen könne. "Ich will als CSU-Vorsitzender auch national helfen, (...), wir wollen einen Beitrag bringen, dass dieses großartige Land großartig bleibt." Auf Nachfrage schloss Söder auch für die Zukunft Ambitionen auf den Kanzlerposten aus. Ihm sei klar, dass seine Aufgabe in Bayern bleibe.
- Nachrichtenagentur dpa