Gedenken an Pogrome 1938 Knobloch: AfD hat "richtigen Judenhass in Gang gebracht"
Charlotte Knobloch, die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden, erhebt schwere Vorwürfe gegen die AfD. In Frankreich ist die Zahl antisemitischer Übergriffe massiv angestiegen.
Die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat die AfD zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht scharf angegriffen. "Diese Partei hat bis jetzt nur bewiesen, dass sie die Demokratie strapaziert, dass sie die Meinungsfreiheit strapaziert und dass sie einen richtigen Judenhass in Gang gebracht hat", sagte Knobloch am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Der tägliche Antisemitismus in Deutschland sei eine Tatsache, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Bürger und Politiker erinnern am Freitag an die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Am Morgen gab es eine Gedenkstunde im Bundestag, bei der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und weitere Regierungsmitglieder nehmen anschließend auch an der zentralen Gedenkveranstaltung des Zentralrats der Juden in einer Berliner Synagoge teil.
Frankreich: Antisemitische Attacken nehmen massiv zu
Eine neue Dimension scheint der Hass auf Juden in Frankreich zu erreichen. Dort ist die Zahl der antisemitischen Übergriffe in den ersten neun Monaten des Jahres um fast 70 Prozent gestiegen. Das teilte die Regierung in Paris mit. Mit Bezug auf den Gedenktag in Deutschland, schrieb Premierminister Edouard Philippe am Freitag auf Facebook, jeder Angriff auf einen jüdischen Mitbürger klinge "wie ein neuer Kristallbruch".
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"Wir sind sehr weit davon entfernt, mit dem Antisemitismus abgeschlossen zu haben", schrieb Philippe weiter. Nachdem antisemitische Übergriffe in den vergangenen zwei Jahren rückläufig gewesen seien, seien sie in den ersten drei Quartalen 2018 um "mehr als 69 Prozent gestiegen".
"Der Antisemitismus ist in unserem Land tief verankert"
Angriffe auf jüdische Kinder und die Ermordung einer 85-jährigen Holocaust-Überlebenden in ihrer Wohnung in Paris hatten zuletzt in Frankreich für Entsetzen gesorgt. Im vergangenen Jahr gab es nach offiziellen Angaben 311 antisemitische Übergriffe. Das waren sieben Prozent weniger als 2016. Einen Höchststand hatte es 2015 gegeben.
Der Vorsitzende des jüdischen Dachverbandes Crif, Francis Kalifat, nannte die Zahlen "keine Überraschung". "Der Antisemitismus ist in unserem Land tief verankert. Wir erreichen ein Niveau, das unerträglich ist", betonte er. Der Hass auf Juden sei wie ein "Krebsgeschwür, das unsere Gesellschaft vergiftet".
- AFP