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"Kein Einzelfall mehr": Fall Susanna (†14) sorgt für neue Asyl-Debatte


"Das ist jetzt kein Einzelfall mehr"
Fall Susanna sorgt für neue Asyl-Debatte

Von dpa
Aktualisiert am 09.06.2018Lesedauer: 3 Min.
Kerzen, eine Engelsfigur und persönliche Trauerbekundungen liegen in der Nähe des Leichenfundortes: Opfer der Toleranz? Der Fall Susanna sorgt für eine neue Debatte über Asyl, Islam und Gewalt gegen Frauen.Vergrößern des Bildes
Kerzen, eine Engelsfigur und persönliche Trauerbekundungen liegen in der Nähe des Leichenfundortes: Opfer der Toleranz? Der Fall Susanna sorgt für eine neue Debatte über Asyl, Islam und Gewalt gegen Frauen. (Quelle: Boris Roessler/dpa-bilder)

Der Fall der getöteten Susanna wühlt die Menschen auf, in ihrer Heimatstadt Mainz sind etliche Kundgebungen geplant. Auch in Politik und Wissenschaft ist das Verbrechen Thema.

Nach dem gewaltsamen Tod der 14-jährigen Susanna wollen mehrere Bündnisse und Initiativen in Mainz gegen Einwanderung oder gegen Rassismus demonstrieren. Die Bürgerrechtsbewegung Solidarität meldete für Samstag eine Demo in der Innenstadt an. Unter dem Motto "Stop the Violence – gegen sexualisierte Gewalt und Unterdrückung" plant eine Initiative am Hauptbahnhof eine Kundgebung und einen Zug zum Petersplatz nahe dem Schloss.

Die "Gutmenschliche Aktion Mainz" lädt dort zu einer Trauerkundgebung ein, um sich gegen Rassismus zu wenden. Die AfD-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz will ganz in der Nähe unter dem Motto "Es reicht! Endlich Konsequenzen ziehen!" vor der Staatskanzlei demonstrieren.

Schon am Freitagabend versammelten sich Menschen in der Nähe des Fundorts der Leiche zu einem Trauermarsch in Gedenken an Susanna. Zur Teilnehmerzahl machte die Polizei keine Angaben. Der Körper des Mädchens aus Mainz war am Mittwoch bei Wiesbaden gefunden worden. Ein 20 Jahre alter Tatverdächtiger aus dem Irak wurde nach seiner Flucht in seiner Heimat festgenommen.

"Das ist jetzt kein Einzelfall mehr"

Der Fall hat auch eine heftige politische Debatte ausgelöst. Nach Auffassung der Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, sollte sich die deutsche Gesellschaft Konzepte für den Umgang mit patriarchalisch geprägten und aggressiven Männern überlegen. "Das ist jetzt kein Einzelfall mehr", sagte die Ethnologin zum Fall Susanna.

Im Islam wie auch in anderen Religionen gebe es patriarchalisch geprägte Normen, die Gewalt und sexuelle Übergriffe legitimierten, so die Forscherin. Im Fall Susanna könne dies der Hintergrund sein.

"Dieser junge Mann hatte ganz offensichtlich überhaupt keinen Respekt." Weder vor der deutschen Gesellschaft, noch vor Frauen oder Polizisten, sagt Schröter. Es gebe aber in Deutschland auch sehr, sehr viele muslimisch geprägte junge Männer, die Frauen und Werte achteten und selbst gegen patriarchalische Strukturen ankämpften.

Tatsächliche Zustände nicht überschätzen

Der Fall der getöteten Susanna wecke Ängste in Teilen der Bevölkerung, die auch durch Fehleinschätzungen entstünden, sagte der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir Wahrnehmungsfehlern unterliegen und zur Überschätzung der tatsächlichen Zustände neigen, wenn es um den Zusammenhang von Kriminalität und bestimmten Gruppen geht."

Man könne den Sorgen aber begegnen, sagte der Psychologe. Etwa indem man sich bewusst mache, dass die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst oder das eigene Kind Opfer einer solchen Tat werde, gering sei.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird derweil der Ruf nach einer Verkürzung der Asylklageverfahren laut. Der Asylantrag des verdächtigen Irakers war bereits Ende 2016 abgelehnt worden, er hatte aber Rechtsmittel dagegen eingelegt, so dass eine Abschiebung damit gestoppt war.

Bayern als Vorbild?

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU) sagte der "Rheinischen Post": "Es darf nicht sein, dass ein abgelehnter Asylbewerber sein Aufenthaltsrecht allein durch eine Klage um deutlich mehr als ein Jahr verlängern kann." Die Verwaltungsgerichte müssten mehr Personal bekommen. Außerdem sei zu überlegen, "wo wir das Asylprozessrecht verändern müssen".

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte, dass Deutschland offensichtlich nicht über die rechtlichen Instrumente verfüge, um solche ausreisepflichtigen Gewalttäter zu inhaftieren. Der 20 Jahre alte Verdächtige war bereits mehrfach polizeilich aufgefallen und auch mit der Vergewaltigung eines Kindes in Verbindung gebracht worden.

"Das bayerische Polizeigesetz sollte Musterpolizeigesetz für Deutschland werden", schlug Wendt in der "Passauer Neuen Presse" vor – also eine Art rechtlicher Orientierungsrahmen für die anderen Länder. Denn: "Das neue bayerische Polizeigesetz sieht vor, dass Menschen, von denen eine Gefahr ausgeht, in Gewahrsam genommen werden können. Gefährliche Personen müssen auch in anderen Bundesländern auf richterliche Anordnung hin in Gewahrsam genommen werden."

Verwendete Quellen
  • dpa
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