Intersexualität Bundesregierung streitet über das dritte Geschlecht
Bis Ende des Jahres muss die Regierung regeln, wie das dritte Geschlecht in Pässen eingetragen werden soll. Mehrere SPD-Ministerinnen stellen sich nun gegen einen Minimalvorschlag des Innenministers.
Justizministerin Katarina Barley und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) blockieren offenbar einen Gesetzesentwurf des Innenministers Horst Seehofer (CSU), der die Rechte von Menschen regeln soll, die kein eindeutiges biologisches Geschlecht haben. Das berichtet der "Spiegel" und beruft sich auf ein Schreiben aus dem Justizministerium. Darin heißt es demnach, dass Seehofers Regelwerk "noch nicht ausgereift" sei.
Anfang November vergangenen Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, dass ein drittes Geschlecht für den Eintrag im Geburtenregister geschaffen werden müsse. Die Richter entschieden, dass es Intersexuellen Menschen, die weder männlich noch weiblich sind, ermöglicht werden solle, ihre geschlechtliche Identität "positiv" eintragen zu lassen. Dieses Urteil muss Seehofers Ministerium nun umsetzen – bis Ende des Jahres.
"anderes", "divers" oder "inter"?
Doch Seehofers Entwurf erzeuge "ein Ungleichgewicht zwischen Inter- und Transsexuellen", soll es in dem Brief des Justizministeriums heißen. Barley fordert für Inter- und Transsexuelle ein einheitliches Gesetz. Seehofer lehnt das ab. Sein Ministerium plane eine juristische Minimallösung, berichtet der "Spiegel". Demnach sollen Menschen, die weder männlich noch weiblich sind, in ihren Pass ihr Geschlecht als "anderes" eintragen lassen können.
Diese Bezeichnung, schreibt der "Spiegel", bewerten die Justiz- und die Familienministerin als herabsetzend. Barley fordere demnach den Begriff "weiteres", Giffey wolle die Begriffe "divers" oder "inter" einführen.
In Deutschland leben 80.000 Intersexuelle
Die Ministerien streiten auch darüber, ab wann Kinder entscheiden dürfen, welches Geschlecht in ihrem Pass steht. So plant Seehofer, dass Kinder ab dem Alter von 14 Jahren entscheiden können, wie sie im Personenstandsregister geführt werden. Barley will hingegen, "zumindest erwägen", ob dies nicht schon für jüngere Kinder möglich sei. Auch will sie, dass Kinder im Konfliktfall entscheiden können, welches Geschlecht für sie eingetragen werden soll – ohne dass die Eltern zustimmen müssen. Später im Leben könnten sie sich wieder für ein anderes Geschlecht entscheiden.
Der Deutsche Ethikrat geht davon aus, dass in Deutschland etwa 80.000 Menschen leben, deren Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig ausgeprägt seien. Intersexuelle können so etwa männliche Hormone und weibliche Geschlechtsteile haben.
- dpa