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Protest mit Tradition: Die Ostermärsche werden 60


Der harte Kern gegen den Krieg
"Der erste Ostermarsch war keine Massenbewegung"

Von dpa, rok

Aktualisiert am 30.03.2018Lesedauer: 3 Min.
Teilnehmer eines Ostermarsches in Mainz: Seit 1958 finden die jährlichen Friedensdemonstrationen statt.Vergrößern des Bildes
Teilnehmer eines Ostermarsches in Mainz: Seit 1958 finden die jährlichen Friedensdemonstrationen statt. (Quelle: Andreas Arnold/dpa)

Die Ostermärsche feiern Jubiläum. Von Massenmobilisierung wie vor 60 Jahren sind sie weit entfernt. Das führt sie zurück zu ihren Ursprüngen. Ein Überblick in Bildern.

Hunderttausende sind bei den traditionellen Ostermärschen in Deutschland schon lange nicht mehr auf den Straßen. Mal sind es einige hundert Demonstranten, mal nur wenige Dutzend. Es ist der harte Kern der Friedensbewegung.

Doch auch in diesem Jahr – dem 60. Geburtstag der Ostermärsche – gibt es über 100 kleine und mittelgroße Kundgebungen in ganz Deutschland. Die verbale und materielle Aufrüstung der Weltmächte, der Aufstieg der Populisten sowie die zahlreichen Krisenherde könnten den traditionellen Protesten neuen Schwung verleihen.

Das Peace-Zeichen stammt aus Großbritannien

Begonnen haben die Märsche am Ostersonntag 1958 in Großbritannien. Rund 10.000 Menschen marschierten von London zum Atomforschungszentrum Aldermaston und protestierten dabei gegen die nukleare Aufrüstung. Der britische Künstler Gerald Holtom entwarf für den Marsch ein Symbol. Es entstand durch Übereinanderlegen der Buchstaben "N" und "D" (für "Nuclear Disarmament") aus dem Winkeralphabet der Schifffahrt. Ein Kreis sollte die Erde symbolisieren und fertig war das Peace-Zeichen, das heute noch weltweit verbreitet ist.

1960 fand dann der erste Ostermarsch in Deutschland statt. Etwa 1600 Menschen marschierten von Hamburg-Harburg zum Atomraketenstützpunkt Bergen-Hohne im Landkreis Celle. Andreas Buro, einer der Initiatoren des ersten deutschen Ostermarsches, erinnerte sich: "Der erste Ostermarsch der Atomwaffengegner war alles andere als eine Massenbewegung. Aus Braunschweig standen wir zu 24 zwischen zwei Stützpfeilern der Kirche, deren Pfarrer uns mit bewegenden Worten in die kalte und nebelige Landschaft hinaus schickte. Ich wäre lieber zwischen den Pfeilern stehen geblieben. Damals waren die meisten von uns das Demonstrieren noch nicht gewöhnt."

300.000 Menschen auf der Straße

In den folgenden Jahren wurden die Ostermärsche zu einer außerparlamentarischen Sammelbewegung, deren jährliche Teilnehmerzahl bis 1968 auf 300.000 stieg. In den Jahren danach verlor die Bewegung jedoch wieder an Zulauf.

Erst Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre, mit Aufrüstung und NATO-Doppelbeschluss, lebte die Ostermarschbewegung zwischenzeitlich wieder auf. Der Beschluss schrieb die Stationierung von Atomwaffen innerhalb der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland vor. 1983 gingen wieder mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straßen und demonstrierten gegen die Stationierungspläne. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Fall der Mauer nahm das Interesse jedoch wieder ab. Seither sind die Ostermärsche eher eine Randerscheinung.

In besonderen Krisenjahren, etwa im Golfkriegsjahr 1991 oder während des Irak-Kriegs 2003, erleben sie aber regelmäßig wieder größeren Zulauf. Mit dem Erdbeben und der Atomkatastrophe in der japanischen Präfektur Fukushima 2011 stieg die Ostermarsch-Quote erneut deutlich an. Das Wiederaufleben dieses Phänomens unterstrich in jenem Jahr auch noch das 25-jährige Jubiläum des Atomunfalls in Tschernobyl. Auch 2016 registrierten die Veranstalter mit bundesweit rund 10.000 Teilnehmern wieder einen etwas größeren Zulauf.

Über 100 große und kleine Veranstaltungen

An diesem Wochenende sind in Deutschland mehr als 100 Friedens-Demos und -Kundgebungen angekündigt. Der zentrale Ostermarsch-Aufruf des "Bundesausschusses Friedensratschlag" kritisiert unter anderem deutsche Rüstungsexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den von der großen Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten beschlossenen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zu unterzeichnen. Zudem müsse die "todbringende Abschottung Europas gegen Flüchtlinge" sofort beendet werden.

Bayerische Friedensinitiativen kündigten in den Großstädten Nürnberg und München sowie in elf weiteren Orten des Freistaates Aktionen an. In Niedersachsen und Bremen sind nach Angaben der örtlichen Friedensgruppen neun Ostermärsche geplant. Die Berliner Friedenskoordination will mit ihrem Ostermarsch am Samstag für mehr Diplomatie und Entspannungspolitik werben. Die Demonstration findet in diesem Jahr in Moabit statt.

Auch Afrin wird zum Thema

Vor dem Hintergrund des türkischen Einmarsches in die überwiegend von Kurden bewohnte Region Afrin in Nordsyrien ruft erstmals das Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurdinnen und Kurden in Deutschland (NAV-DEM) zur Beteiligung an den Ostermärschen auf. "Die dramatische Lage in Afrin steht sinnbildlich für die Kriegspolitik der Staaten im Mittleren Osten", heißt es in dem Appell. Auch in Afrin werde der Frieden verteidigt.

Verschiedene Friedensinitiativen treffen sich am Samstag zum Berliner Ostermarsch. Das Motto lautet: "Abrüsten statt aufrüsten – Rüstungsexporte stoppen". Die Demonstration richtet sich auch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Erhöhung der Rüstungsausgaben. Wie viele Teilnehmer in Berlin erwartet werden, wollte Mitveranstalterin Laura von Wimmersperg nicht sagen. In den vergangenen Jahren liefen jeweils zwischen 1000 und 2000 Menschen mit.

Das Thüringer Ostermarsch-Bündnis ruft zu fünf Demonstrationen auf. "Wir hoffen, dass sich insgesamt bis zu 1000 Menschen an den Aktionen beteiligen, sagte sein Vertreter Philipp Gliesing in Erfurt. "Wir wollen zeigen und vernetzen, was sich in den vergangenen Jahren an Protesten im Freistaat alles entwickelt hat." In den vergangenen Jahren standen die Friedensmärsche zum Truppenübungsplatz der Bundeswehr im Fokus.

Demonstrationen und Veranstaltungen wird es auch in München, Hamburg, Magdeburg und Frankfurt geben.

Verwendete Quellen
  • eigene Recherche
  • dpa
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