25 Jahre fünfstellig Als die "gute alte Postleitzahl" verschwand
Als vor 25 Jahren die Post die Ziffern der Postleitzahlen von vier auf fünf erhöhte, hielten das viele für den Untergang des Abendlandes. Ein Rückblick.
Die Post erhöhte zuletzt zwar öfter die Preise für Briefmarken. Dafür ist die Ziffernzahl der Postleitzahlen seit 25 Jahren gleich geblieben. Die Umstellung von vier auf fünf Ziffern war den Deutschen nur schwer zu vermitteln.
Die Post setzte auf eine teure Werbekampagne und schickte eine Comicfigur namens Rolf ins Rennen. Die wollte dem Thema - mit Sonnenbrille und Hut bekleidet - tanzend Lässigkeit einhauchen: "Hip, hop, Postleitzahl!", sang er. Die Figur hatte fünf Finger - jeder Finger für eine Zahl. "Fünf ist Trümpf", bewarb Rolf das neue System.
Loriot mache Werbung für die Post
Schwer vorstellbar, dass die Werbebotschaft den Groll der Bürger damals beschwichtigte. Fernsehspots namhafter Regisseure waren da feinsinniger: Vicco von Bülow alias Loriot zum Beispiel ließ eine seiner Knubbelnasen-Figuren räsonieren. Die freute sich, dass es keinen Preisaufschlag gebe. "Lange Leberwürste kosten mehr als kurze, klar, aber die neuen langen Postleitzahlen eben nicht - also mehr Postleitzahl für dasselbe Geld", sagte er ironisch.
80 Millionen Mark ließ sich die Post die Werbekampagne im TV, Radio, in Zeitungen und auf Plakatwänden kosten. Am 29. Januar 1993 wurde das Vorhaben der Öffentlichkeit vorgestellt und am 1. Juli umgesetzt.
Bonn und Weimar hatten diesselbe Postleitzahl
Letztlich war die Umstellung überfällig. Denn die meisten Briefe wurden noch von Hand sortiert, mit dem neuen System konnten mehr Automaten genutzt werden. Und seit der Wiedervereinigung gab es 800 PLZ-Dopplungen: 4100 stand für Duisburg und Halle (Land), 5300 für Bonn und Weimar, 8900 für Augsburg und Görlitz - nur unterschieden mit einem W oder einem O für West- oder Ostdeutschland.
Das neue System mache die Sortierung wirtschaftlicher und effizienter, argumentierte die Post. Die ersten beiden Ziffern standen im neuen System für die Briefzentrum-Region und die drei weiteren Ziffern legen fest, ob die Post in Briefkästen von Häusern, in ein Postfach oder an Großkunden ging. Insgesamt schlug die Umstellung mit 400 Millionen Mark zu Buche. Betriebswirtschaftlich lohnte es sich dennoch, schließlich wurden viele Stellen abgebaut und die Personalkosten sanken.
Rational gesehen war die Umstellung verständlich. Aber rational wurde das Thema nicht immer aufgenommen. Die "gute alte Postleitzahl", hieß es damals zum Beispiel in der "Zeit", "war immer mehr als nur eine abstrakt-schnöde Ziffernfolge". Die Zahl habe "Orientierung und Aufschluss in unserem immer unübersichtlicher werdenden Land" geboten. Bürgermeister meldeten sich verzweifelt zu Wort: Ihre Heimatorte müssten ihre Postleitzahl beibehalten, schließlich seien diese für das Städteimage enorm wichtig.
Menschen sind verunsichert, wenn Zahlen sich ändern
Die damalige Aufregung ist für den Psychologen Joost van Treeck im Rückblick keine Überraschung. Es gebe Bereiche, in denen man Veränderung nicht erwarte - dazu gehörten Zahlen, ob Postleitzahl oder die Kontonummer, die vor einigen Jahren bei Überweisungen auf IBAN-Nummer umgestellt wurde.
"Das sind Bereiche, in denen man denkt, "das war schon immer so und wird immer so sein"", sagt van Treeck. Ändert sie sich wider Erwarten doch, sei der psychologische Einschnitt umso härter - besonders wenn es eine große Gruppe an Menschen betreffe und somit Gesprächsstoff untereinander biete. "Auch wenn es rational gesehen etwas Unwichtiges ist, so gewinnt das Thema dann rasch an Relevanz."
Die Post bewertet die Umstellung im Rückblick als "durchweg positiv". "Sie hat maßgeblich zur Qualitätssteigerung beigetragen", sagt eine Post-Sprecherin. Auch dank der Werbekampagne mit dem tanzenden Rolf hätten die Bundesbürger schon bald die neuen Zahlen genutzt. "Trotz anfänglicher Skepsis waren wenige Monate nach der Einführung bereits 95 von 100 Briefen, Päckchen und Paketen mit korrekten neuen Postleitzahlen versehen."