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"Hart aber Fair": Lebensversicherung eine Basis für die Altersvorsorge?


TV-Kritik zu "Hart aber fair"
Eine Nebelkerze für die Altersvorsorge

Meinungt-online, David Heisig

Aktualisiert am 23.01.2018Lesedauer: 4 Min.
Moderator Frank Plasberg: Mit seinen Gästen sprach er über die Altersvorsorge.Vergrößern des Bildes
Moderator Frank Plasberg: Mit seinen Gästen sprach er über die Altersvorsorge. (Quelle: ARD)

Viele Deutsche bauen als Altersvorsorge auf Lebensversicherungen. Immer noch ein guter Plan? Darüber diskutierte Frank Plasberg mit seiner Expertenrunde. Das Echo war geteilt.

Die Gäste

  • Anja Kohl, ARD-Börsenexpertin
  • Kerstin Becker-Eiselen, Verbraucherzentrale Hamburg
  • Ralph Brinkhaus, CDU-Finanzexperte
  • Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer "Die Paritätische"
  • Sven Enger, Versicherungs-Insider
  • Peter Schwark, Gesamtverband der Dt. Versicherungswirtschaft

Das Thema

"Hart aber fair" wohnt, trotz eines starken politischen Anstrichs, immer auch ein Servicegedanke inne. Dieses Mal ging es um Beratung zum lieben Geld: eben jenem, das viele Deutsche für das Alter auf die hohe Kante legen und zur Vermehrung in Lebensversicherungen parken. Es gebe von solchen Verträgen 90 Millionen, rechnete Plasberg vor. Das seien "mehr als Lebende". Ob diese Investitionen gute Kundenideen gewesen sind? Denn in der Phase von "Null-Zinsen" dürfte es kaum noch Erträge geben, rechnete der Moderator vor. Die düstere Prognose des Versicherungs-Insiders Sven Enger: Dem Versicherungssektor drohe ein Crash, Altersarmut für alle inklusive.

Die Fronten

Die Lunte zum Diskussionspulverfass war gelegt. Der Konter des Branchenvertreters Peter Schwark ließ nicht lange auf sich warten: "Unverantwortliche Panikmache" nannte er Engers Vision, die der gar in einem Buch manifestiert hat. Becker-Eiselen aus der Verbraucherzentrale sprang allerdings Enger bei. Bei Lebensversicherungen würden Prognosen verkauft, Kunden mit Garantiezinsen gelockt. Sie untermauerte das mit einem Fall, in dem ein Kunde viel Geld verloren hatte.

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Sofort fiel ein Leitmotiv des Abends: die Nebelkerze. So eine sei der Begriff Garantiezins nämlich. Allein dem Zweck dienend, Kunden den Blick auf das Sparschwein mit Hoffnung auf fette Renditen zu umnebeln. Dabei bezögen sich diese Garantien nur auf den eigentlichen Sparanteil. Beim Risiko übernähmen die Versicherer keine Garantien. Das seien dann die Posten in der Rechnung, die Geldverlust bedeuteten.

Kern der Diskussion

Schnell wurde klar: Einfach ist die Materie nicht. Vor allem, da der schwarze Peter gut hin- und hergeschoben werden kann. Schwark meinte nämlich, die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sei schuld am Fiasko. Dennoch könne seine Branche noch rentabel anlegen: mit 3,5 Prozent Verzinsung in der Kapitalanlage, mit garantierten Leistungen an die Kunden. Das solle ihnen erst mal einer nachmachen.

Da ging dem CDU-Finanzexperten Ralph Brinkhaus die Hutschnur hoch. Viele Versicherungen kommunizierten schlecht. Die Jahresmitteilungen an die Kunden seien unverständlich. Mit Begriffen wie Garantie, Rückkaufwert oder Todesfallleistungen könne keiner was anfangen. Man müsse die Produkte den Kunden wie bei der Sendung mit der Maus einfach erklären.

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"Paritätische"-Geschäftsführer Ulrich Schneider ergänzte eine dramatische Ebene. "Die haben ihren Lebensabend drauf gebaut", ergriff er Partei für jene, die durch Lebensversicherungen Geld verloren. Die Versicherungswirtschaft sei nicht ehrlich gewesen, sonst hätte sie nichts verkauft, so sein scharfer Einwurf. Dafür hätten wir nun 500.000 Menschen in der Grundsicherung. "Das ist übertrieben", sagte Schwark. Einfacher sollte es für ihn nicht werden.

Aufreger des Abends

Die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl war schon in den Startlöchern. Die von Schwark benannten 3,5 Prozent Verzinsung seien eine Nebelkerze. Da war er wieder der Begriff. Kohl rechnete kühl gegen: 0,9 Prozent könnten die Versicherer maximal erwirtschaften. Enger sprang der ARD-Börsenfrau mit seinem Credo vom Crash bei. Die Zinsentwicklung, der demografische Wandel, die Babyboomer: wenn die Wirtschaft in die Knie gehe, wer solle dann die Versicherungsleistungen bedienen, so seine Frage.

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Schwark tat das als Panikmache ab, um den Buchverkauf zu steigern. Es gebe ausreichend Kapital, rund eine Billion Euro plus Puffer. Die Fakten sagten anderes, so Kohl. 31 von 83 Versicherungen hätten 2016 nicht genug Kapital angesammelt. Schwark konterte, zum 1. Januar 2018 erfüllten alle Versicherungen das Kriterium. Beruhigend sei zudem, dass die Finanzaufsicht BaFin den Markt reguliere. Ein Argument, das Plasberg gegen ihn drehte. Immerhin habe der BaFin-Chef, Felix Hufeld gesagt, man kenne im Lebensversicherungsgeschäft "die Pappenheimer".

Schwark musste sich rausreden. Gerade im Bereich der Run-off-Gesellschaften schaue die BaFin genau hin. In solchen verkaufen die Versicherer ihre Lebensversicherungen an ausländische Investoren. Für den Kunden ändere sich dabei nichts, so Schwark. Das sei nicht sehr vertrauenerweckend, wie Plasberg urteilte. Kohl legte nach: Warum neun Millionen Versicherungen in Run-off-Gesellschaften verlagert worden seien, wenn die Produkte für die Verkäufer per se so attraktiv sind, versuchte die Fachfrau zu kitzeln.

Was von der Sendung übrig bleibt

Am Ende fiel eines der bekanntesten deutschen Politikerzitate: Norbert Blüms "Die Rente ist sicher". Was jeder Einzelne in der Runde dem Unions-Mann denn heute darauf antworten würde, fragte Plasberg. Der Grundtenor musste mit Abstrichen erstaunen: Alle sahen die gesetzliche Rente als erste Säule der Altersvorsorge. Ein kleiner Sieg für Blüm. Natürlich garniert mit privaten Vorsorgeplänen.

Was schade war? Die Sendung lieferte keine Ansätze, wie das Thema Rente in Zukunft angegangen werden könnte. Allein Schneider versuchte, die soziale Fahne zu schwenken und den Fokus auf die zu richten, denen die Diskussion über Lebensversicherungen zu abgehoben vorkommen musste. Schlicht, weil sie sich privates "Auf-die-hohe-Kante-Legen" gar nicht leisten können.

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