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ZDF-Doku enthüllt: So schnell gehen Politiker Lobbyisten an die Angel


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Lobbyismus Undercover
Ex-Politiker verschachern Zugang zu Ministern


25.07.2024Lesedauer: 3 Min.
Soll einen Posten verschachert haben: Entwicklungsminister Dirk NiebelVergrößern des Bildes
Entwicklungsminister Dirk Niebel (Archivbild): Er heuerte bei Rheinmetall an. (Quelle: dapd)
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Nicht nur Rudolf Scharping geht den Fake-Lobbyisten auf den Leim. Die Doku "Das Lobbyismus-Experiment" zeigt: So billig lässt sich Zugang zur Regierung erkaufen.

"Dirk Niebel blamiert die Politik", titelte der "Spiegel" im Juli 2014. Fast auf den Tag genau zehn Jahre später ist die Schlagzeile über den Wandel des Ex-Entwicklungsministers zum Waffenlobbyisten wieder aktuell. Denn Niebel ist auf Lockvögel der ZDF-Dokumentation "Die Spur: Das Lobbyismus-Experiment" hereingefallen – ebenso wie Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), der Grüne Rezzo Schlauch sowie Bundestagsabgeordnete von AfD und CDU. Sie wurde am Mittwochabend ausgestrahlt.

Wie sehr sich Ex-Politiker ihre Kontakte bis hinein in die Bundesregierung vergolden lassen, wissen dank der Recherchen nun auch Nichteingeweihte. 187.200 Euro soll Niebels Agentur verlangt haben, um Klienten ein Jahr lang Zugang zu politischen Entscheidern zu verschaffen. "Wenn Ihr Kunde einen Minister sehen will, dann werden wir das hinkriegen", sagte Niebels Begleiter laut dem Bericht bei einem Treffen im exklusiven China Club am Brandenburger Tor, während die verdeckte Kamera mitlief.

Sogar ein erfahrener Lobbyist zeigte sich in dem "Lobbyismus-Experiment" erstaunt darüber, wie bereitwillig Bundestagsabgeordnete und Ex-Minister bereit waren, sich selbst obskuren Kontaktpersonen anzudienen. Für die Undercover-Aktion hatte sich die Journalistin Hannah Knuth als Vertreterin einer fiktiven Lobbyismus-Agentur aus Luxemburg ausgegeben.

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Ein gediegen aussehender Schauspieler mit passendem Akzent verkörperte den angeblichen Agenturchef. Deren vermeintliche Mission: Für einen britischen E-Zigaretten-Hersteller in Deutschland Kontakte knüpfen und die politische Lage auskundschaften. Dass der Auftraggeber vorerst anonym bleiben wollte, schreckte Niebel nicht ab.

Dass sein Wechsel zu Rheinmetall 2014 im politischen Berlin nicht für den ganz großen Aufschrei gesorgt hatte, lag vielleicht auch daran, dass die FDP damals erstmals in ihrer Geschichte aus dem Bundestag geflogen war. Mittlerweile aber verfügt der Ex-Minister über einen direkten Draht in die Bundesregierung. Und den nutzt Niebel laut der Doku.

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So sei er im September 2023 beim Treffen seines Parteifreundes und Bundesfinanzminister Christian Lindner mit dem Vorstandsvorsitzenden der Rheinmetall AG dabei gewesen (ob es möglicherweise um Militärhilfen für die Ukraine ging, wurde in der Dokumentation nicht erwähnt). "Und der Grüne Rezzo Schlauch sprach im selben Jahr auch als Lobbyist mit Minister Robert Habeck über Wasserstoff und Rohstoffe", hieß es weiter.

Zugang zu Lauterbach & Co.

Die Agentur, für die Schlauch tätig ist, soll der Undercover-Reporterin für seine Dienste einen Tagessatz von 2.500 Euro genannt haben. 500 Euro mehr verlangte den Angaben zufolge Scharping. Dafür saß der Ex-Verteidigungsminister gleich im ersten Videocall allein vor dem Computer, um die angeblich potenzielle Klientin kennenzulernen. Ihr soll er Zugang zum engsten Kreis um Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Aussicht gestellt haben.

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Noch einfacher – und vor allem sehr viel günstiger – bekamen die Journalisten Zugang zu Bundestagsabgeordneten. Sie schrieben als vermeintliche Lobbyisten 32 Parlamentarier aller Fraktionen an – angeblich, weil ihr britischer Auftraggeber in Deutschland einen Standort für eine Niederlassung mit bis zu 100 neuen Arbeitsplätze sucht.

Politiker der Grünen und der Linkspartei hätten rundweg abgesagt, hieß es in der Doku. Treffen mit sechs Parlamentariern kamen demnach aber schließlich zustande: mit je einem Vertreter von SPD und AfD sowie je zwei Abgeordneten der CDU und der FDP. Nur der Sozialdemokrat habe die Zusammenkunft mit den vermeintlichen Lobbyisten auf seiner Internetseite öffentlich gemacht, berichteten die Reporter, die mit Journalisten der Plattform "Abgeordnetenwatch.de" recherchiert haben.

AfD und CDU beißen an

Ein zweites Treffen mit Abgeordneten von AfD und CDU führte laut der Reportage dazu, dass die sich bereiterklärten, vorformulierte Anfragen der Lobbyisten als offizielle Parlamentarische Anfragen an die Bundesregierung zu stellen. Unter anderem ging es um mögliche Pläne der Ampel für Steuersenkungen für E-Zigaretten. Der CDU-Mann soll den Lobbyisten sogar aus eigener Initiative heraus einen noch unveröffentlichten Entwurf seiner Fraktion zu dem Thema zugeschickt haben.

Alle Politiker wurden von den Reportern schließlich konfrontiert. Alle betonten in schriftlichen Stellungnahmen, sich rechtmäßig und integer verhalten zu haben (nur Schlauch äußerte sich laut dem Bericht nicht). "Nichts von dem ist illegal", stellte auch die Politikwissenschaftlerin Wiebke Marie Junk am Ende des ernüchternden "Lobbyismus-Experiments fest. "Aber ist es gut für die Demokratie?"

Denn wenn bereits eine unbekannte Agentur mit einem namenlosen Kunden in der Lage wäre, sich so schnell Zutritt in höchste politische Sphären zu erkaufen (die Reporter haben ihren Gesprächspartnern nach eigenen Angaben nie Geld in Aussicht gestellt), kann man sich nur ausmalen, was die Kuppler zwischen Wirtschaft und Politik jenseits von 3.000-Euro-Tagessätzen sonst noch alles möglich machen. Insofern ist es nicht auszuschließen, dass die Doku am Ende für Niebel & Co. sogar Werbung war.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Die Spur: Das Lobbyismus-Experiment - Wie leicht ist der Zugang zur Macht"
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