Politik-Urgesteine bei Lanz Müntefering hofft auf Merz: "Für uns das Einfachste"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Friedrich Merz wäre für die SPD laut Franz Müntefering besonders einfach zu schlagen. Die Begründung liefert er bei Lanz mit.
In Umfragen liegen CDU/CSU vorn. Doch eine Kanzlerkandidatur des Parteichefs Friedrich Merz wäre nach Ansicht von Franz Müntefering zum Scheitern verurteilt – weshalb er sie sich bei "Markus Lanz" ausdrücklich wünschte. "Ist für uns das Einfachste", begründete der ehemalige SPD-Parteichef am Donnerstagabend seine Präferenz.
Die Gäste
- Franz Müntefering, ehemaliger Vizekanzler
- Gerhart Baum, Ex-Bundesinnenminister
Warum genau?, fragte Lanz nach. Müntefering wollte zunächst nicht so recht mit der Sprache herausrücken. Dann ließ er durchblicken: Bei Merz könne sich die Kanzlerpartei geradezu zurücklehnen. "Weil Merz so ist, wie er ist", erklärte Müntefering sein Votum. Merz habe nichts wirklich Neues zu bieten, in dieser Hinsicht sei auf ihn Verlass. "Vor Markus Söder hätten Sie mehr Bammel?", fragte Lanz.
Diese Frage ließ Müntefering unbeantwortet. Nicht gefragt wurde er von Lanz zu seiner Aussage, dass die erneute Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz innerhalb der SPD angeblich noch nicht beschlossene Sache ist. Das hat Spekulationen genährt, Verteidigungsminister Boris Pistorius könne Scholz gefährlich werden. Ob Müntefering das begrüßen würde, blieb offen. Er fand jedoch lobende Worte für den Amtsinhaber.
Lob für die Umsicht des Kanzlers
"Er ist sehr umsichtig", würdigte Müntefering den Kanzler. Ein solches Naturell sei nötig, um die schwierige Dreierkoalition zusammenzuhalten. Würde Scholz wie Gerhard Schröder (SPD) auf den Tisch hauen, wäre die Koalition sofort am Ende, meinte der ehemalige Arbeitsminister.
Vor einem Todesstoß für die Ampel warnte FDP-Urgestein Gerhart Baum seine Partei. Die Liberalen dürften keine "Fahnenflucht begehen", sagte der ehemalige Bundesinnenminister in der Zweierrunde bei "Markus Lanz". Mit offener Kritik an FDP-Chef Christian Lindner hielt er sich zwar zurück. Dafür stellte Baum den Liberalen ein Armutszeugnis aus.
Warnung an die FDP
Die FDP komme nicht an die liberalen Wähler heran, kritisierte Baum mit Blick auf die vergangenen Wahlen. "Das beunruhigt mich zutiefst", sagte er. Seine Forderung: Die FDP solle sich nicht rein auf Wirtschaftspolitik konzentrieren, sondern zeigen, was Liberalismus heutzutage eigentlich bedeute, auch in Europa. "Wo ist die außenpolitische Kompetenz der FDP?", fragte der Weggefährte von Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP).
Baum warnte wie auch Müntefering bei Lanz vor der Gefahr, die aktuell der Demokratie droht. "Wir haben einen Hauch von Weimar", sagte der 1932 geborene Jurist. Damals wie heute treibe Unzufriedenheit und die Suche nach einfachen Lösungen Menschen zu Demokratiefeinden, ohne dabei die möglichen Folgen zu bedenken.
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Der ehemalige Innenminister sprach sich dafür aus, das Bundesverfassungsgericht stärker vor Feinden zu schützen. Eine "freiheitsfeindliche Partei" könne in Sachsen und Thüringen stärkste Kraft werden und sich Machtpositionen sichern – nicht per Staatsstreich, sondern durch "Einsickern in die Institutionen". Die "Gefahr ist vor der Haustüre", sagte Baum.
"Viele haben eine Meinung, aber keine Ahnung"
"Müssen wir das aushalten?", fragte Lanz und ließ Bilder von den islamistischen Demonstrationen in Hamburg einblenden. "Wir müssen uns mit diesen Burschen auseinandersetzen", antwortete Baum. Er beklagte eine "zersplitterte" Öffentlichkeit. Notwendig sei stattdessen eine "Verständigungsgemeinschaft der Deutschen", in der man nicht nur unter Gleichgesinnten bleibe. "Es gibt ganz viele, die haben eine Meinung, aber keine Ahnung", ergänzte Müntefering.
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Lanz verwies auch auf umstrittene Aussagen der FDP-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die hatte Parteien wie die AfD als "Haufen Scheiße" bezeichnet. Warum reden wir so miteinander?, fragte Lanz. "Offenbar um Aufmerksamkeit zu erreichen", erwiderte Baum.
"Ich habe keine Angst vorm Sterben"
Zu Beginn der Sendung hatte Lanz mit seinen Gästen über Krankheit und Tod gesprochen. "Sterben kann gelingen", meinte Müntefering, der seine Mutter vor deren Tod intensiv begleitet hatte. "Ich habe keine Angst vorm Sterben", sagte er nach seiner schweren Herzoperation.
"Ich lebe jeden Tag neu. Ich möchte, dass der Tod keine Herrschaft über mein Leben hat", sagte Baum. Dem Tod war er 1974 von der Schippe gesprungen. Ein Hubschrauber, in dem auch seine Tochter gesessen hatte, war nach der Landung auf einem einsamen Feld in Flammen aufgegangen. Die Insassen waren in dem brennenden Wrack eingeschlossen.
Er habe in dem Moment zum ersten Mal Todesangst gehabt, erinnerte sich Baum. Die Rettung kam durch einen Spaziergänger. Der Kriegsversehrte habe die Scheibe des Hubschraubers eingeschlagen und den Insassen damit das Leben gerettet, erzählte Baum. "Wir haben heute noch Kontakt", sagte er über den Mann. "Schöne Grüße an der Stelle", ergänzte Lanz.
- zdf.de: "Markus Lanz" vom 23. Mai 2024