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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zoff bei Maischberger Grünen-Chefin: "Das ist was, woran wir arbeiten müssen"
Norbert Röttgen (CDU) bezichtigt Kanzler Olaf Scholz, aus egoistischen Gründen die Angst vor einem Krieg zu schüren. "Das ist die Melodie des Wahlkampfes", sagte er bei "Maischberger".
Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SDP) davor warnt, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte, vermutet Außenexperte Norbert Röttgen (CDU) dahinter ein egoistisches Motiv. "Das sind alles Angstdiskussionen, die der Kanzler aufgreift. Er will der deutschen Bevölkerung Angst machen aus Wahlkampfgründen", sagte Röttgen am Mittwochabend bei "Maischberger". Er warf seinem Kollegen im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Ralf Stegner (SPD), vor, an dieser vermeintlichen Strategie mitzuwirken und geriet heftig mit dem Sozialdemokraten aneinander.
Die Gäste
- Ricarda Lang, Grünen-Parteivorsitzende
- Ralf Stegner (SPD), Außenexperte
- Norbert Röttgen (CDU), Außenexperte
- Oliver Welke, "Heute-Show"
- Markus Feldenkirchen, "Spiegel"
- Hannah Bethke, "Welt"
"Der eigenen Bevölkerung Angst zu machen, und zwar aus dem Wahlkampfmotiv – das ist die Melodie des Wahlkampfes, die wir 2025 erleben werden", prognostizierte Röttgen bei "Maischberger". Das Kalkül laute: "Wenn ihr den Krieg verhindern wollt, müsst ihr SPD und Scholz wählen. Das ist die Vorbereitung von Wahlkampf", sagte der Bundestagsabgeordnete. "Indem der Kanzler und die SPD dieses Thema wählen, macht er sich die Kriegsrhetorik und die Angstrhetorik von Putin zu eigen, zu eigenen Wahlkampfzwecken. Das ist übrigens eine Linie."
"Maischberger": Scholz, der Antikriegstreiber?
Röttgen erinnerte daran, dass Scholz im April 2022 inmitten der Debatte um Schützenpanzerlieferungen vor einem Atomkrieg gewarnt hatte. Beim Leopard-2-Kampfpanzer sei es dann um eine angebliche Eskalation gegangen und nun gebe es beim Taurus-Marschflugkörpersystem die Kriegspartei-Debatte. Stegner habe diese vermeintliche Strategie mit dem Tweet gestützt, dass Deutschland mit einem anderen Regierungschef womöglich längst Kriegspartei geworden wäre.
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"Das ist etwas, was eine Grenze überschreitet, die auch den Respekt unter Demokraten gebietet, dem Anderen zu unterstellen: Du führst unser Land in den Krieg", sagte Röttgen. Stegner weigerte sich hingegen bei "Maischberger", die Aussage zurückzunehmen. Er verteidigte erneut das Nein des Kanzlers zu Taurus-Lieferungen. Dass sowohl die von Russland abgehörten hochrangigen Bundeswehrvertreter als auch der Taurus-Hersteller MBDA konstatiert haben, dass der Marschflugkörper auch von ukrainischen Soldaten bedient werden könnte, focht ihn scheinbar nicht an.
Röttgen: Verbündete haben Fragen
"Mir ist ein Bundeskanzler lieber, der vorsichtig ist und nicht fragt, was die Firma darüber sagt und nicht fragt, was irgendwelche Offiziere in der Vorbereitung darüber sagen", meinte Stegner in der ARD-Talkshow. "Wo hat er eigentlich seinen technischen Verstand her?", wollte Röttgen wissen. Der CDU-Politiker bekräftigte: "Ich glaube zum Beispiel, dass unser höchster Luftwaffengeneral ein Experte ist." Woraufhin Stegner murmelte: "Nicht in geschützter Kommunikation, offenbar."
Röttgen sah bei der Affäre um das von Russland abgehörte Telefonat der Offiziere noch Klärungsbedarf. "Man muss tatsächlich die Frage stellen: War das jetzt einmal eine Regelverletzung oder stimmt etwas mit der Sicherheit der Kommunikation in der Bundeswehr nicht?", sagte er. "Ich glaube zum Beispiel, dass Huawei und andere chinesische Unternehmen mit an dem Ausbau des Bundeswehrkommunikationsnetzes beteiligt sind. Also, ich habe da einige Fragen, ob da wirklich die Sicherheit der Kommunikation gewährleistet ist. Und, was schlimmer ist: Unsere Verbündeten haben diese Frage auch."
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Ricarda Lang fordert neue Fehlerkultur
Maischberger hatte ebenfalls eine Frage zum Bundeskanzler. "Warum legt er dann offen, dass die Briten in der Ukraine ist – wenn er so vorsichtig ist? Das macht die zur Kriegspartei", wollte sie von Stegner wissen. Der konterte sinngemäß, Scholz könne es nun wirklich niemandem recht machen. Da habe er sich schon einmal geäußert und es werde "analysiert bis aufs letzte Komma, was er gemeint haben könnte". "Es ist eine echte, schwerwiegende Fehlleistung von ihm, die natürlich einen Scherbenhaufen in Europa angerichtet hat, wie wir ihn noch nicht gesehen haben", kommentierte Röttgen die Aussage des Kanzlers.
Eine neue Fehlerkultur wollte Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang bei "Maischberger" demonstrieren. "Natürlich haben wir Fehler gemacht", räumte sie ein. Gerade weil ihre Partei so viele große Veränderungen umsetzen wolle, trage sie eine große Verantwortung dafür, die Menschen auch mitzunehmen. "Da verbietet sich natürlich jede Form von Besserwisserei oder den Leuten sehr starr vorzugeben: Genauso müsst ihr es machen. Ich glaube, das ist was, woran wir arbeiten müssen", sagte Lang.
Die Bauern fühlten sich beispielsweise bevormundet, meinte Maischberger. Da ließ Lang allerdings keine Bereitschaft für weiteres Einlenken erkennen. Es dürfe nicht der Anschein entstehen, als lasse sich die Bundesregierung erpressen. Auch zugunsten von Pflegekräften, Erziehern oder Eltern müssten Kosten gerecht verteilt werden: "Am Ende darf es auch nicht nur auf die Größe des Traktors ankommen, wer gehört wird."
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"Spiegel"-Autor Markus Feldenkirchen sah die Bauernproteste und die vielen Streiks als Zeichen, dass sich etwas in Deutschland verändert. "Man hat das Gefühl, die Republik wird so langsam mit dem Weselsky-Virus infiziert", sagte er mit Blick auf den streikaffinen Chef der Lokführergewerkschaft GdL. Der habe auch anderen Gruppen gezeigt, dass es sich lohnen kann, hart für eigene Interessen einzutreten.
"Das macht auch was mit unserer Demokratie, was über die Grünen hinweggeht", warnte Lang angesichts der Proteste etwa beim Politischen Aschermittwoch ihrer Partei. "Wenn Gewalt bei solchen Demonstrationen ausgeübt wird, dann ist das nicht das Problem der Grünen, sondern ein Problem für unsere Demokratie." Es sei besorgniserregend, dass CSU-Chef Markus Söder diese Übergriffe im Sinne von "Ist doof, aber irgendwie auch selber schuld" kommentiert habe.
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Dass Söder in einer Rede gesagt hatte, sein Hund habe im Gegensatz zu Lang und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert eine abgeschlossene Ausbildung, ließ die Grünen-Chefin hingegen kalt, wie sie bei "Maischberger" versicherte. "Nein, das tut nicht weh. Da rollt man einmal die Augen und dann macht man weiter. Ich hatte auch mal einen Labrador – Bilbo, hieß der – und der war unterhaltsamer als mancher verfehlter Aschermittwochswitz", sagte Lang.
- ard.de: "Maischberger" vom 6. März 2024