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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Maischberger"-Talk über Judenhass Grünen-Chefin geht Aiwanger an: "Macht sich zum Opfer"
Ist muslimischer Antisemitismus in Deutschland verwurzelt? Der Journalist Robin Alexander berichtete vom Neuköllner Hass gegen Israel.
Sandra Maischberger widmete sich mit ihren Gästen am Mittwochabend in der ARD den beiden wohl drängendsten politischen Fragen. Im Mittelpunkt standen Migration und Antisemitismus sowie die Verbindung zwischen beiden Phänomenen. Während der "Welt"-Journalist Robin Alexander von einer tief verankerten Kultur des Israel-Hasses in Berlin-Neukölln berichtete, musste sich der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, zum wiederholten Male selbst gegen Antisemitismusvorwürfe wehren.
Die Gäste
- Ricarda Lang, Grünen-Parteivorsitzende
- Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler
- Petra Gerster, ehemalige ZDF-Moderatorin
- Sonja Zekri, Journalistin der "Süddeutschen Zeitung"
- Robin Alexander, stellvertretender "Welt"-Chefredakteur
- Dirk Roßmann, Unternehmer
Gleichzeitig sprach der stellvertretende bayerische Ministerpräsident angesichts der jüngsten Bilder von pro-palästinensischen, teilweise judenfeindlichen Demonstrationen in Essen und Berlin von einem "aggressiven Antisemitismus auf den Straßen", den man sich ohne Not importiert habe. "Das wird in meinen Augen weggewischt von einer linken Medienlandschaft, die dem Aiwanger nachläuft, was der vor vierzig Jahren vielleicht getan haben könnte", kritisierte der bayerische Politiker, indem er eine Verbindung zu seinem eigenen Fall herstellte.
Aiwanger nennt Flugblatt-Affäre "Schweinerei"
Schließlich stand Aiwanger bis vor Kurzem mit der sogenannten Flugblatt-Affäre selbst im Zentrum einer intensiven Antisemitismus-Debatte. Die Anschuldigungen gegen ihn bezeichnete der Chef der Freien Wähler bei "Maischberger" als "Schmutzkampagne" und "Schweinerei". Dem bayerischen Vize-Ministerpräsidenten wurde vorgehalten, als Schüler ein explizit rechtsextremes, judenfeindliches Pamphlet verfasst und verbreitet zu haben. Aiwanger stritt in der Talkshow erneut ab, der Urheber der Hetzschrift gewesen zu sein. "Ich war kein Antisemit und bin keiner", erklärte er.
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang nannte Aiwangers Verhalten unverantwortlich und machte deutlich, dass damit nicht der 17-jährige Schüler, sondern der 52-jährige stellvertretende bayerische Regierungschef gemeint war. Statt über Themen wie Erinnerungsarbeit und Antisemitismus zu reden, mache dieser sich selbst zum Opfer.
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Dass es ein Problem mit der Verherrlichung von terroristischer oder islamistischer Gewalt in Deutschland gebe, wollte allerdings auch Lang nicht leugnen. Man mache es sich aber zu leicht, wenn man so tue, als ob man es einfach wegschieben könne. "Wir reden über Menschen, die häufig nicht seit ein paar Monaten hier leben, sondern in der zweiten, in der dritten, der vierten Generation, die den deutschen Pass haben", führte die Grünen-Chefin aus. Innenpolitische Härte und Vereinsverbote müssten daher durch Integrationsbemühungen ergänzt werden, wenn man als Einwanderungsgesellschaft den Schutz Israels zur Realität werden lassen wolle.
"Sie können sich das vorstellen wie Pegida in Dresden"
Wie stark der Antisemitismus in Teilen Deutschlands bereits verankert ist, legte der stellvertretende "Welt"-Chefredakteur Robin Alexander dar. Auf der Neuköllner Sonnenallee gebe es eine Kultur des Hasses gegen Israel, die weit vor die Zeit der Hamas-Terrorattacke des 7. Oktobers zurückreiche. Unter anderem würden Schals mit Landkarten ohne Israel verkauft. "Sie können sich das vorstellen wie Pegida in Dresden. Das ist eine identitäre, das ist eine faschistoide Truppe, die ihren Style da durchsetzt", schilderte der Journalist, der selbst in dem Berliner Bezirk wohnt, die Verhältnisse vor Ort. Sein ernüchterndes Fazit: "Jüdische Menschen trauen sich da schon lange nicht mehr hin." Einige von ihnen hätten schon seit Wochen ihr Haus nicht verlassen.
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Sonja Zekri lenkte den Blick stattdessen auf den Teil der Muslime in Deutschland, die über die Anschläge der Hamas und entsprechende Sympathiebekundungen in Deutschland entsetzt seien. "Es gibt auch andere Muslime in diesem Land, es gibt auch andere Menschen, die arabischstämmig sind, die anders denken", gab die Journalistin der "Süddeutschen Zeitung" zu bedenken.
Journalistin beklagt mangelnde Empathie
Viele fühlten sich in ihrem Schmerz andererseits unverstanden. "Die palästinensische Seite, die arabische oder muslimische Seite hat sehr, sehr stark den Eindruck, dass ihr Leid nicht gesehen wird, dass Palästinenser Zahlen sind, dass sie im Kollektiv gesehen werden, dass ihre Geschichten nicht erzählt werden", erläuterte Zekri.
Die verhaltene deutsche Empathie für die israelischen Opfer des Hamas-Terrors habe sie ebenfalls gewundert, ergänzte die Kulturkorrespondentin der "Süddeutschen Zeitung". Für beide Seiten gebe es "eigentlich nicht wirklich eine Art des Mitleidens", konstatierte sie.
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Als wären der Nahostkonflikt und seine Nebeneffekte nicht bedrückend genug, erinnerte zum Ende der Sendung der Unternehmer Dirk Roßmann daran, dass das eigentliche Unglück, auf das die Menschheit zusteuere, ein anderes, noch viel größeres sei: die Klimakatastrophe. Wenigstens in seinen Büchern versucht der Drogerie-Milliardär und Autor dem teilweise wünschenswerte Szenarien entgegenzusetzen. Sein verhalten hoffnungsvolles Fazit dazu ließe sich durchaus auch auf die Lage in Israel und Palästina münzen: "Eine positive Vision zu formulieren, ist die stärkste Kraft gegen den grassierenden Wahnsinn."
- ardmediathek.de: "Maischberger" vom 8.11.2023