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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik an Neuerung "Da bricht der Verkehr jetzt regelmäßig zusammen"
Bahn-Vorstand Berthold Huber will Proteste gegen Bauprojekte entschärfen. Das verknüpfte er bei "Hart aber fair" mit einer Forderung. Er stellte zudem Entschädigungen in Aussicht.
"Wir wollen keine chinesischen Verhältnisse", stellte Bahn-Manager Berthold Huber bei "Hart aber fair" klar. Gemeint war: Bürger müssen bei Neubauprojekten mitreden können. Aber der für Infrastruktur zuständige Vorstand bei der Deutschen Bahn unterstrich am Montagabend auch: "Wir müssen Betroffenenbeteiligung von Bürgerbeteiligung unterscheiden" – und empfahl, sich nicht nur bei der Pünktlichkeit ein Vorbild an der Schweiz zu nehmen.
Die Gäste
- Berthold Huber, Vorstand für Infrastruktur bei der Deutschen Bahn
- Michael Theurer (FDP), Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr
- Fatma Mittler-Solak, ARD-Moderatorin
- Christian Böttger, Professor für Verkehrswesen
- Sarah Bosetti , Satirikerin
Die Schweizer würden bei großen Infrastrukturprojekten niemals nur die Anwohner befragen, sondern gleich die gesamte Bevölkerung, sagte Huber in der ARD-Talkshow. Ähnliches wünscht er sich in Deutschland. Denn das Gemeinwohl müsse am Ende höher bewertet werden als das "Partikularinteresse" der direkt Betroffenen. "Wir müssen die Bürger beteiligen, aber wir müssen es klug tun", forderte der Bahn-Vorstand angesichts der enormen Sanierungspläne.
"Zu spät, zu schlecht, zu teuer: Warum ist die Bahn so kaputt?", fragte Moderator Louis Klamroth im Rahmen des Themenabends im Ersten. Um Sicherheitsaspekte ging es dabei in dieser Sendung nicht konkret. Auch die Warnungen der Bundespolizei vor manipulierten Steckdosen in Zügen waren kein Thema. Stattdessen konzentrierte sich Klamroth auf die marode Infrastruktur. Hierzu hielt Huber fest: "Mit der Pünktlichkeit können wir überhaupt nicht zufrieden sein."
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Um das zu ändern, will die Bahn bis 2030 alle wichtigen Strecken generalsanieren. "Wir machen dann alles neu, inklusive der Bahnhöfe", verteidigte Huber die komplette Sperrung dieser Trassen für mehrere Monate. "Denken Sie auch an die Psyche und den Stress der Pendler und Pendlerinnen?", fragte ARD-Moderatorin Fatma Mittler-Solak. Sie hatte in der vor "Hart aber fair" ausgestrahlten Dokumentation die Abgründe im deutschen Pendler-Alltag erkundet.
"Ich denke da an eine finanzielle Entschädigung, weil ich bin eigentlich nicht bereit, einen vollen Preis zu bezahlen, wenn ich so viel auf mich nehmen muss", sagte Mittler-Solak. Tatsächlich hat die Bahn in der Vergangenheit für Streckensperrungen Entschädigungen angekündigt, in diesem Jahr beispielsweise 49 Euro für Pendler und andere Reisende wegen der kurzfristigen Sperrung wichtiger Zugstrecken in und um Stuttgart. "Finanzielle Entschädigung: Da reden wir gerade und denken darüber nach", versicherte Huber. Gespräche mit Partnern in den Ländern liefen.
Kritik am Deutschlandticket
"Es tut sehr weh, aber vermutlich gibt es keine Alternative, so bitter wie es ist", kommentierte Christian Böttger, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, die langen Sperrungen von Trassen. Der Wissenschaftler unterstrich wie jeder Gast der Runde, wie sehr das deutsche Streckennetz in den vergangenen 20 Jahren auf Verschleiß gefahren wurde. In einem Punkt aber war er gänzlich anderer Ansicht.
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"Ich halte es nicht mal in Ansätzen für eine gute Idee", störte Böttger das Lob für das Deutschlandticket bei "Hart aber fair". Er ging von Kosten von vermutlich mehr als drei Milliarden Euro aus. Dieses Geld hätte seiner Ansicht nach sehr viel sinnvoller in den Ausbau der Infrastruktur, auch in den Kommunen, investiert werden sollen. Damit am Ende nur 0,5 Prozent des Straßenverkehrs in den öffentlichen Nahverkehr zu verlagern, sei eine schlechte Investition von Steuergeldern, kritisierte der Wissenschaftler.
Der Verkehrsexperte monierte einen weiteren negativen Effekt des Deutschlandtickets. Züge, die bereits zuvor ausgelastet gewesen seien, seien nun noch voller. Böttger verwies als Beispiel auf Verbindungen von Berlin an die Ostsee: "Da bricht der Verkehr jetzt regelmäßig zusammen."
Dass es bei der Sanierung maroder Bahnstrecken oder dem Bau neuer Verbindungen nicht schneller geht, dafür machte Böttger Bürger mitverantwortlich. Bei Neubauprojekten gebe es immer Proteste, hielt er fest. Die Bahn sei hier in den vergangenen Jahren eigentlich immer eingeknickt. Da sei dann zum Beispiel in Offenburg auch wegen des Widerstands eines "sehr einflussreichen" Politikers lieber ein teurer Tunnel gebaut worden. "Hieß der Mann Wolfgang Schäuble?", fragte Klamroth und bekam das bejaht.
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"Jede Woche", antwortete Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, auf Klamroths Frage, ob bei ihm eigentlich Bundestagsabgeordnete anklopfen, um umstrittene Bahnprojekte in ihren Wahlkreisen abzuwenden. Neubauprojekte seien nun mal bei den Bürgern unbeliebt. Aber beim Ziel, den Anteil der Schiene am Güterverkehr von 17 auf 25 Prozent zu steigern, müsse eben zusätzliche Infrastruktur geschaffen werden.
"Die oberste Priorität ist die Schiene", betonte der FDP-Politiker, als die Satirikerin Sarah Bosetti den geplanten Ausbau von Autobahnen unter der Ampelkoalition kritisierte. Aber wie sieht es mit der Finanzierung des Deutschlandtickets ab 2025 aus und wird der aktuelle Preis gehalten?, wollte Klamroth wissen. "Das hoffe ich auf jeden Fall", antwortete Theurer. Derzeit werde aber noch zwischen Ländern und Bund "gefeilscht".
- ARD: Sendung "Hart aber fair" vom 4. September 2023