Ungleichbehandlung der Geschlechter Frauen verdienen im Schnitt 39 Prozent weniger als Männer
Frauen und Männer werden in vielen Bereichen noch immer ungleich behandelt, kritisiert Familienministerin Paus. In einigen Punkten sei Veränderung besonders wichtig.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus dringt auf die Überwindung der Ungleichbehandlung von Frauen und Männern. "Wir leben nach wie vor im Patriarchat, von dem wir uns verabschieden müssen", sagte die Grünen-Politikerin dem "Tagesspiegel".
"Für mich ist das Patriarchat vorbei, wenn Frauen ökonomisch und politisch gleichgestellt sind, die Hälfte der Macht den Frauen gehört und geschlechtsspezifische Gewalt nicht als individuelle Tat verharmlost wird, sondern als patriarchales Denk- und Verhaltensmuster anerkannt und geahndet wird."
Paus äußerte sich vor dem Hintergrund des "Equal Pay Day" am 7. März. An dem Tag wird auf Ungleichheiten bei der Bezahlung von Männern und Frauen hingewiesen und die Dringlichkeit betont, solche Zustände zu überwinden. Am Mittwoch ist zudem Internationaler Frauentag.
Neue Berechnung: Verdienstunterschied bei 39 Prozent
Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen ist einer neuen Berechnung zufolge größer als bislang bekannt: Unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Arbeitszeit und der Erwerbsbeteiligung liegt er bei 39 Prozent. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte, fällt diese strukturelle Differenz nur in wenigen EU-Staaten noch größer aus als in Deutschland.
Der reine Bruttoverdienstunterschied pro gearbeiteter Stunde, der sogenannte Gender Pay Gap, lag im vergangenen Jahr bei 18 Prozent. Frauen verdienten pro Stunde also im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Dies erkläre sich teilweise dadurch, dass Frauen häufiger in weniger gut bezahlten Branchen und Berufen arbeiten, erklärten die Statistiker.
Teilzeitarbeit unter Frauen üblicher
Frauen arbeiten häufiger in Dienstleistungs-, Gesundheits- und Sozialberufen. "Tätigkeiten in diesen Bereichen sind meistens mit einem geringeren Verdienst verbunden als in von Männern häufig ausgeübten Tätigkeiten", erklärt Anja Rossen vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Außerdem sind Frauen demnach häufiger in kleinen Betrieben tätig.
Eine "wesentliche Ursache" für strukturelle Verdienstunterschiede sei aber auch die hohe Teilzeitquote von Frauen, erklärte das Statistische Bundesamt: Männer gingen demnach im vergangenen Jahr im Schnitt 148 Stunden pro Monat einer bezahlten Arbeit nach, Frauen nur 121 Stunden. Dieser Gender Hours Gap nimmt ab dem durchschnittlichen Alter von Frauen bei der Geburt des ersten Kindes (30,5 Jahre) zu: Frauen reduzieren dann häufig ihre Arbeitszeit, während Männer sie eher ausweiten.
Denn obwohl die Rolle der klassischen Hausfrau als veraltet gelten mag: Frauen übernehmen noch immer den weitaus größten Teil der unbezahlten Haushalts- und Sorgearbeit - meist zusätzlich zur Berufstätigkeit: Im Schnitt setzen Männer 53 Prozent weniger Zeit für solche unbezahlten Aufgaben ein, wie der jüngste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung feststellt.
Geht es speziell um Kindererziehung, Putzen, Kochen, Einkaufen und die Organisation von Familie und Haushalt, tun Männer in heterosexuellen Paarbeziehungen demnach sogar zwei Drittel weniger als Frauen.
Daneben wirkt sich den Statistikern zufolge auch die für Frauen generell niedrigere Erwerbstätigenquote mittel- bis langfristig negativ auf den Verdienst aus. Die neuesten Zahlen zu diesem sogenannten Gender Employment Gap stammen aus dem Jahr 2021: 72,1 Prozent der Frauen im erwerbsfähigen Alter gingen einer bezahlten Arbeit nach, bei den Männern waren es 79,4 Prozent.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP
- Bundesfamilienministerium: "Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung"