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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Koalitionsaussagen vor der Wahl Der Union gehen die Machtoptionen aus
Am Sonntag entscheiden die Wähler, wer Deutschland in Zukunft regieren soll. Schon jetzt bringen sich die Parteien für mögliche Koalitionsgespräche in Position – für die Union sieht es nicht gut aus.
Den aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl zufolge dürfte die SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Sonntag stärkste Kraft werden. Für eine von den Sozialdemokraten geführte Regierung könnte es demnach wohl gleich mehrere Optionen geben. Sowohl eine Ampelkoalition mit FDP und Grünen als auch ein Linksbündnis mit Grünen und der Linken wäre rechnerisch möglich. Für die CDU käme im Gegensatz dazu nur eine Jamaika-Koalition mit FDP und den Grünen in Betracht, um Armin Laschet ins Kanzleramt zu bringen.
Am Wochenende haben sich nun gleich drei führende Figuren im Schachspiel um mögliche Koalitionen geäußert und deutlich positioniert:
1. Baerbock will die Union in der Opposition sehen
"Ich hielte es für richtig, wenn die Union in die Opposition ginge", sagte Grünenkanzlerkandidatin Annalena Baerbock am Wochenende dem "Handelsblatt". "Die Union steht für Stillstand in unserem Land und ist ohne Führung und Planung", so Baerbock weiter. Dass die Grünen bei einem Wahlsieg der SPD ausgerechnet einem Jamaika-Bündnis zustimmen und so doch Armin Laschet ins Kanzleramt hieven würden, schien angesichts der programmatischen Nähe von Grünen und SPD ohnehin unwahrscheinlich.
Eine so deutliche Aussage wie die von Baerbock gab es zuletzt aber nicht. Sie dürfte Armin Laschets Sorgenfalten noch weiter vertiefen. Zumal Baerbock auch im letzten TV-Triell am Sonntag den Schulterschluss mit den Sozialdemokraten um Olaf Scholz suchte. "Wir haben in vielen Bereichen der Sozialpolitik große Schnittmengen mit der SPD", betonte sie während der Debatte.
2. Lindner hält sich Ampel-Koalition offen
Dass die Union vom eigenen Wunschpartner FDP fordert, ein Ampelbündnis auszuschließen, um so die Chancen auf Jamaika zu erhöhen, erscheint angesichts der Lage logisch. Doch auch diese Hoffnung dämpfte der Parteichef der Liberalen, Christian Lindner, am Wochenende.
Ausgerechnet die Union verlange von der FDP etwas auszuschließen, nachdem sie ihr eigenes politisches Koordinatensystem stets weiter nach links verschoben habe, so Lindner auf dem Parteitag: "Von dieser Union nehmen wir keine Anweisungen entgegen".
Die Verantwortung seiner Partei sieht er darin, "ein Garant für die Mitte in unserem Land zu sein." Das können die Liberalen aber wohl nur sein, wenn sie durch eine Regierungsbeteiligung ein rot-rot-grünes Bündnis, das SPD und Grüne als Druckmittel einsetzen könnten, verhindern. Die Jamaika-Aktien fallen also weiter und ein Ampel-Bündnis wird wahrscheinlicher.
3. CSU: Regierungsauftrag geht an stärkste Fraktion
Als wäre all das noch nicht genug, bekommen Laschet und seine Hoffnungen auf Jamaika auch noch Gegenwind aus dem eigenen Lager – in Person von CSU-Spitzenkandidat Alexander Dobrindt. Dieser sagte dem "Spiegel", er sehe die Verantwortung der Regierungsbildung bei der SPD, sollte sie stärkste Kraft bei der Wahl werden.
"Der Regierungsauftrag geht an die stärkste Fraktion im Bundestag“, so Dobrindt. "Für eine Regierung unter Führung einer zweitplatzierten Union fehlt mir gerade die Fantasie“, so der CSU-Landesgruppenchef. Auch in der Union beginnt man also, sich mit einer Zukunft in der Opposition anzufreunden.
- Mit Material von dpa und Reuters