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FDP-Debakel bei Bundestagswahl: Warum es noch schwieriger als 2013 wird


FDP am Boden
Es ist ganz anders als 2013

  • Florian Schmidt
MeinungVon Florian Schmidt

24.02.2025 - 17:48 UhrLesedauer: 3 Min.
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Noch-Parteichef Christian Lindner: Im Mai will die FDP eine neue Parteiführung wählen. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa)
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Erneut fliegt die FDP aus dem Bundestag. Doch anders als nach der Wahlschlappe im Jahr 2013 wird die Rückkehr aus der außerparlamentarischen Opposition für die Liberalen jetzt viel schwerer.

Es ist Christian Lindner anzumerken, wie bewegt er ist an diesem Montag. Zwar bebt seine Stimme nicht, es rollt auch keine Träne seine Wange herab. Sein Blick in die Ferne aber verrät es: Er wirkt traurig bei der Pressekonferenz, leer und zugleich doch irgendwie gelöst. Als falle gerade eine Last von seinen Schultern herab.

Nach der Wahlschlappe zieht sich Lindner aus der Politik zurück und hinterlässt die FDP so, wie er sie vorgefunden hat. Die Liberalen stehen wieder da, wo er sie als Parteichef übernommen hat: bei unter fünf Prozent in der außerparlamentarischen Opposition (Apo).

Video | FDP-Chef Lindner: "Die nächsten vier Jahre werden entscheidend sein für unsere Demokratie"
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Quelle: reuters

Wie damals muss sich die Partei jetzt neu erfinden. Sie braucht neue Köpfe, neue Ideen – und das schnell, will sie nicht ruckzuck in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Doch dieses existenzielle Risiko ist groß, vermutlich größer als 2013 zu Beginn der ersten Apo-Zeit, allen gegenteiligen Beteuerungen der Parteispitze zum Trotz.

Kein neuer Lindner in Sicht

Das liegt zunächst am Personal. Damals gab es mit Lindner einen, der sich schon frühzeitig warmgelaufen hatte, um die Trümmer der Brüderle-und-Rösler-FDP aufzulesen und zu einem neuen liberalen Gebäude zusammenzusetzen. Lindner war einige Zeit zuvor vom Posten des Generalsekretärs zurückgetreten, um dann im rechten Moment nach dem Chefposten zu greifen. Wie von langer Hand geplant wirkte das in der Rückschau: ein 34-jähriger brillanter Rhetoriker, der die Messias-Rolle schnell besser ausfüllte als sich mancher zu träumen wagte. In kurzer Zeit machte er so aus der blau-gelben Pünktchen-"F.D.P." die coole magenta-gelbe Lindner-FDP.

Jetzt aber ist die Lage anders. Es herrscht Ratlosigkeit bei den Freien Demokraten, was sich auch darin ausdrückt, dass fürs Erste zwei Personen eine Kandidatur zur Nachfolge Lindners erwägen, die alles andere als frisch und unverbraucht sind. Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Wolfgang Kubicki sind zwar das, was man in der Ein-Mann-Partei FDP Promis nennen kann. Dass sie allerdings für einen Aufbruch stehen, den eine Partei am Boden jetzt braucht, muss bezweifelt werden. Als Zwischenlösung, um das Machtvakuum zu füllen, können sie durchgehen. Den notwendigen echten Neustart aber verkörpern sie kaum.

Vermutlich hätten für einen solchen Neuanfang eher jene gestanden, die bereits abgewunken haben und die künftig erst einmal gar keine Rolle spielen dürften: Jüngere aus der zweiten Reihe, die (wie auch Strack-Zimmermann) für eine Verbreiterung des Themenangebots über liberale Wirtschaftspolitik hinaus stehen, Johannes Vogel etwa oder Konstantin Kuhle.

Welchen Kurs will die Partei einschlagen?

Denn, und das ist die zweite Schwierigkeit im Vergleich zu 2013: Die Partei muss sich neben den Köpfen noch mehr als damals auch Gedanken über ihren inhaltlichen Kurs machen. Und da scheinen aktuell sehr verschiedene Ableitungen möglich – die schlimmstenfalls in einem aufreibenden Richtungsstreit münden können.

War 2013 schnell klar, dass ebenjene moderne, frische Idee eines umfassenden, flügelvereinenden Lindner-Liberalismus am ehesten zum Erfolg führen würde, droht nun der Zwist neu aufzubrechen zwischen den konservativeren Wirtschaftsliberalen und den Progressiven in der Partei (was sich auch schon an den beiden möglichen Kandidaten, Kubicki und Strack-Zimmermann zeigt).

Ein langer Kampf um den Kurs aber wäre das politische Todesurteil für die FDP. Gerade eine Partei, die unterhalb des Radars fliegt, muss – wie es einst Lindner bewies – Geschlossenheit beweisen und eindeutige Antworten liefern. Und nicht noch mehr Streit, den es schon bei der Konkurrenz auf der Bühne des Bundestags gibt.

Das Paradoxon des Liberalismus

Zuletzt mündet die Kursentscheidung in die Frage: Braucht es überhaupt noch eine liberale Partei in Deutschland? Oder präziser: Wissen genug Menschen, dass es sie eigentlich noch braucht?

Im Lichte tektonischer Verschiebungen in der Geopolitik, einer neuerlichen Zäsur in der Sicherheitsarithmetik in Europa, dürften nicht wenige Menschen diese beiden Fragen mit Nein, zumindest aber kaum aus tiefstem Herzen mit Ja beantworten. Es klingt paradox, doch ob der äußeren Bedrohung unserer Freiheit scheint sich auch in Deutschland der Zeitgeist eher hin zum Autoritären, zum Illiberalen zu entwickeln. Viele Menschen dürstet es nach einem Staat, der sie beschützt, der alles regelt. Eigenverantwortung, vielleicht der Begriff, der den Liberalismus als politische Idee in einem Wort beschreibt, ist da für immer weniger Menschen positiv besetzt. Will die FDP wieder Erfolg haben, muss sie das ändern.

Einziger Hoffnungsschimmer für die Liberalen im Vergleich zu 2013: Die FDP steht nach Aussagen vieler aus dem Innern des Parteiapparats strukturell deutlich gefestigter da als vor zwölf Jahren, auch finanziell ist die Situation nach Rekordspendeneingängen deutlich besser. Das allein jedoch wird kaum reichen. Was jetzt auf die FDP zukommt, wird richtig schwer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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