"Wohin soll das führen?" Schröder rechnet mit Grünen-Haltung zu China ab
Altkanzler Gerhard Schröder übt erneut scharfe Kritik am außenpolitischen Programm der Grünen. Der SPD-Politiker warnt vor erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen und dem erhobenen Zeigefinger in der internationalen Politik.
"Das ist nicht nachvollziehbar, was die Grünen da herumposaunen. Wohin soll das führen?" – mit diesen Worten eröffnet Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) die neue Folge seines Podcasts "Die Agenda" (hier hören). Es geht dabei um die deutschen Beziehungen zu China und eine, wie er es nennt, "moralisierende Außenpolitik".
Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hatte angesichts anhaltender Menschenrechtsverletzungen kürzlich mehr Härte im Umgang mit der Volksrepublik gefordert und vor Blauäugigkeit gewarnt. Die Grünen fordern zudem ein deutlich schärferes Lieferkettengesetz als es die große Koalition plant. Mit diesem sollen deutsche Unternehmen verpflichtet werden, auch bei Zulieferern im Ausland die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu kontrollieren – zum Beispiel in China.
Schröder: Arbeitsplätze in Gefahr
Schröder warnt in seinem Podcast nun vor dem "Instrument des erhobenen Zeigefingers" in der internationalen Politik. Er verweist auf drohende wirtschaftliche Nachteile. Seine Begründung: "Die deutsche Automobilindustrie liefert inzwischen 40 Prozent ihrer Produktion nach China. Das heißt: Der chinesische Markt ist wichtiger als alle anderen Märkte. Das bedeutet, dass hier Arbeitsplätze massiv in Gefahr geraten, wenn wir meinen, aus politischen Gründen – mir gefällt das System auch nicht – Lieferketten infrage stellen zu sollen."
Die Kritik des Altkanzlers geht aber noch weiter: "Eine so exportabhängige Industrie wie die deutsche kann eine solch angeblich werteorientierte Politik nicht machen." Ansonsten dürfe beispielsweise auch mit der Türkei, Saudi-Arabien, Indonesien oder Russland keine wirtschaftliche Kooperation mehr stattfinden.
Hoffen auf die Union
Im Hinblick auf die Bundestagswahl im September hofft SPD-Urgestein Schröder für den Fall einer schwarz-grünen Koalition auf die Union: "Ich kann nur hoffen, dass die Union dann wirklich deutlich macht, dass mit der deutschen Ökonomie nicht zu spielen ist. Das glauben die Grünen, vornweg ihre Kanzlerkandidatin, offenbar zu können."
Schröder weist zudem daraufhin, dass sich viele globale Probleme wie beispielsweise die Corona-Pandemie, Migrationsströme, Terrorismus oder die Klimakrise nur in internationaler Zusammenarbeit lösen lassen – "unabhängig davon, ob einem das jeweilige politische System gefällt oder nicht."
Deshalb schlägt Schröder eine andere Rolle für Europa vor – basierend auf Dialog und Zusammenarbeit. Statt Sanktionen zu verhängen, müsse Europa eine gemeinsame geostrategische Position entwickeln. Für ihn ist klar: "Es kann nur eine Position der Vermittlung sein." Sonst drohe Europa in eine handelspolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und China hineingezogen zu werden. Und: "Abhängigkeit zu beiden Seiten ist für Europa zu wenig."
- Podcast "Die Agenda" - Folge 22