"Halte dieses Amt für überholt" Ostbeauftragten abschaffen? Unions-Vorschlag stößt auf Kritik
Die Union will die Zahl der Beauftragten insgesamt reduzieren – und auf den Ostbeauftragten verzichten. Andere halten das für keine gute Idee.
In der Bundespolitik ist eine Debatte über das Amt des Ostbeauftragten der Regierung entbrannt. Während die Union den Posten für überflüssig hält und die Zahl der Beauftragten in der neuen Regierung deutlich reduzieren will, bekräftigten SPD und Grüne, an dem Amt festhalten zu wollen. Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte am Freitag ebenfalls: "Wir halten die Rolle des Ostbeauftragten für sinnvoll."
Der oder die Ostbeauftragte ist im Kanzleramt angesiedelt und behält die ostdeutschen Länder mit dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Land im Blick. Derzeit hat Staatsminister Carsten Schneider (SPD) das Amt inne.
CDU-Mann hält Amt für "überholt"
Die Union will laut ihres Wahlprogramms die Zahl der Beauftragten "mindestens" halbieren. Sie hält außerdem das Amt des Ostbeauftragten nicht mehr für nötig: "Wir brauchen keinen Ostbeauftragten mehr. Im 35. Jahr der deutschen Wiedervereinigung halte ich dieses Amt für überholt", sagte Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Freitag.
Zwar gebe es noch immer "ostspezifische Probleme" wie Unterschiede in den Löhnen oder Erbschaften. "Jedoch gibt es in Westdeutschland ebenso strukturschwache Regionen, deren Probleme unter dem Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit zwischen Ost und West adressiert werden müssen." In der Vergangenheit hatte es aus der Union bereits ähnliche Äußerungen gegeben.
Grüne und SPD wollen Amt behalten
Der SPD-Politiker Frank Junge sagte dem RND jedoch: "Wir haben immer noch Ost-West-Unterschiede und müssen sie berücksichtigen." Dabei könne ein Ostbeauftragter weiterhin helfen. Er sei deshalb "sehr dafür, den Posten beizubehalten".
Die Grünen-Politikerin Paula Piechotta, die ebenso wie Junge die Landesgruppe Ost in der jeweiligen Bundestagsfraktion vertritt, äußerte sich ähnlich. "Solange die Lebenserwartung ostdeutscher Männer signifikant niedriger ist als die von West-Männern, solange die Vermögensunterschiede derart weit auseinanderklaffen und solange Ostdeutsche in den deutschen Führungsetagen derart unterdurchschnittlich vertreten sind, braucht es eine Ostbeauftragte oder einen Ostbeauftragten."
Zahl der Beauftragten angestiegen
Entschieden abgelehnt wird das Amt des Ostbeauftragten auch vom BSW und von der AfD. Auch die Linke wandte sich gegen die Abschaffung des Amts. Die Forderung sei unangemessen und falsch, sagte der frühere Fraktionschef Dietmar Bartsch der Deutschen Presse-Agentur.
"Sinnvoller wäre es, das Bonn-Berlin-Gesetz anstatt den Ostbeauftragten abzuschaffen, damit endlich alle Ministerien in Berlin sind." Der Vorsitzende der Linken-Gruppe, Sören Pellmann, meinte, auch 35 Jahre "nach dem Anschluss der DDR an die BRD" bleibe viel Ignoranz gegenüber Ostdeutschland. "Es braucht eine wirkliche Wiedervereinigung."
Die Zahl der Beauftragten in der Bundesregierung war in den vergangenen Jahren gestiegen. Beauftragte gibt es derzeit unter anderem zum Kampf gegen Antisemitismus, Diskriminierung und Kindesmissbrauch sowie für Religion, Menschen mit Behinderungen, Patienten, zum Schienenverkehr und zum Tierschutz.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa