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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Milliarden für die Bundeswehr So profitieren Anleger von steigenden Verteidigungsausgaben

Milliardenaufträge läuten eine goldene Zeit für deutsche Rüstungsunternehmen ein. Anleger könnten von den erhöhten Verteidigungsausgaben profitieren.
Für die Düsseldorfer Rüstungsschmiede Rheinmetall könnte es gerade nicht besser laufen. Ende Januar meldet das Unternehmen einen Auftragseingang im Wert von 1,88 Milliarden Euro – ein Großauftrag zur Digitalisierung der Bundeswehr. Das Gesamtvolumen des Rahmenvertrages für ein Kommunikations- und Richtfunkmanagementsystem umfasse mehrere Milliarden Euro, teilte der Dax-Konzern mit.
Auch die in Bayern angesiedelte Hensoldt AG darf mit Aufträgen über 1,4 Milliarden Euro für die Erweiterung des Radarsystems für den Eurofighter rechnen. Gute Aussichten für Aktionäre und solche, die es werden wollen?
Die Rüstungsbranche kann sich auf goldene Zeiten einstellen – wenn es nach den Wahlprogrammen der Parteien geht. Wer die Wahl gewinnt, spielt keine Rolle – denn fast alle Parteien sind sich in einem Punkt einig: Die Verteidigung Deutschlands wird zukünftig sehr viel mehr Geld kosten als in den vergangenen Jahren.
Wie die Partien die Zukunft der Bundeswehr sehen
Die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands ist eines der zentralen Themen im Bundestagswahlkampf. Der russische Angriff auf die Ukraine hat die sicherheitspolitische Debatte verändert und wird sie auch 2025 weiterhin prägen: Die Parteien müssen sich zur Zukunft der Bundeswehr, zu Rüstungsausgaben und zur Rolle Deutschlands in der Nato positionieren.
Dafür gibt es gute Gründe: Die Vernachlässigung der Bundeswehr, das Ende der Wehrpflicht, die Schließung von Kasernen und die Einsparungen bei Ausrüstung und Personal seit dem Fall der Mauer 1989 rächen sich jetzt. Der Bundeswehr droht ab 2028 ein jährliches Finanzierungsloch von rund 56 Milliarden Euro, um ihre Pflichten gesetzeskonform zu erfüllen. Diese Zahl basiert auf einer internen Finanzbedarfsanalyse des Verteidigungsministeriums.
Generalinspekteur Carsten Breuer betont die Notwendigkeit eines verlässlichen und steigenden Verteidigungsetats. Denn dieser sei erforderlich, um auszubilden, üben zu können und um Planungssicherheit für weiterhin notwendige Investitionen zu haben.
Und auch aus Washington wird der Druck nicht geringer. Im Gegenteil: Präsident Donald Trump fordert die Bundesregierung auf, mindestens fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Diese Forderung geht weit über das bisherige Nato-Ziel von zwei Prozent des BIP hinaus.
Inmitten von politischen und militärischen Krisen wird die Ende Februar neu gewählte Regierung dringend handeln müssen. Doch worin unterscheiden sich die Konzepte von CDU/CSU, SPD, Grünen, Linken, FDP und AfD? Auf den ersten Blick scheinen die Unterschiede parteipolitisch begründet zu sein, doch letztlich lautet der Tenor: Die Bundeswehr braucht deutlich mehr Geld.
Mehr Geld für die Bundeswehr – aber wie viel?
CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP bekennen sich klar zur Zwei-Prozent-Vorgabe der Nato. Das bedeutet, dass Deutschland mindestens zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll – ein Wert, der in Zukunft noch steigen könnte und angesichts amerikanischer Erwartungen auch steigen muss. Bei einem geschätzten BIP von rund 4,5 Billionen Euro entspräche dies jährlichen Verteidigungsausgaben von rund 90 Milliarden Euro.
Die SPD betont, dass sie langfristig stabile Finanzierungsmodelle für die Bundeswehr schaffen wolle. Die Grünen fordern sogar "deutlich mehr als zwei Prozent", sehen aber auch die Notwendigkeit diplomatischer Initiativen und humanitärer Hilfe.
Die Linke hingegen lehnt die Erhöhung des Wehretats ab. Sie spricht sich gegen die "Zeitenwende"-Politik aus und will das unter der Ampelregierung geschaffene 100 Milliarden teure Sondervermögen für die Bundeswehr stattdessen in zivile Infrastruktur umleiten. Auch die AfD kritisiert die aktuelle Verteidigungspolitik, fordert aber dennoch eine bessere finanzielle Ausstattung der Bundeswehr.
Aufrüstung: Ja oder nein?
CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP setzen auf eine Modernisierung der Bundeswehr, um sie kampffähiger zu machen. Dazu gehören neue Waffensysteme, bessere Ausrüstung und eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Nato. Die meisten Parteien wollen die Zusammenarbeit im Bündnis stärken.
Die Liberalen streben sogar an, die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitkraft des Nordatlantikpakts auszubauen. Die Grünen fordern neben der militärischen Stärkung jedoch auch Investitionen in diplomatische und zivile Konfliktlösungen.
Die Linke dagegen lehnt die Nato als Militärbündnis ab und fordert eine neue europäische Sicherheitsarchitektur. Sie will Abrüstung und fordert, keine neuen Waffen mehr zu beschaffen. Auch Waffenlieferungen in Kriegsgebiete lehnt sie ab.
Ähnlich klingt es im Wahlprogramm der AfD: Die Partei sieht die Nato kritisch, will aber die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands aus eigener Kraft stärken. Anders als die Linke fordert sie eine starke Aufrüstung, allerdings mit Fokus auf eine unabhängige, deutsche Rüstungsindustrie und eine Bundeswehr, die auf Landesverteidigung ausgerichtet ist.
Wehrpflicht, Personal und Struktur der Bundeswehr
Ein entscheidender Punkt ist die Personalsituation der Bundeswehr. Die AfD fordert eine Rückkehr zur Wehrpflicht, um den Personalmangel zu beheben. CDU/CSU und SPD setzen hingegen auf eine bessere Ausstattung und attraktivere Arbeitsbedingungen für Soldaten, um mehr Personal zu gewinnen. Die Grünen sehen ebenfalls Reformbedarf bei der Personalpolitik, lehnen aber eine Wehrpflicht ab, während die Linken die Bundeswehr zu einer rein defensiven Armee umbauen und alle Auslandseinsätze beenden wollen. Die AfD lehnt Auslandseinsätze ebenfalls ab.
Welche Rüstungsfirmen profitieren von steigenden Militärausgaben?
Konkrete Angaben, wie viel Geld die Parteien zusätzlich zum bestehenden Budget investieren wollen, machen sie in ihren Wahlprogrammen nicht. Doch die Richtung ist klar: Aufgrund der veränderten geopolitischen Lage wird die Bundeswehr künftig mehr Geld benötigen als bisher, um ihren Auftrag der Landesverteidigung zu erfüllen.
Im Jahr 2024 belief sich der Verteidigungsetat auf 51,95 Milliarden Euro, für 2025 sind 53,25 Milliarden Euro vorgesehen. Hinzu kommt das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, das kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine geschaffen wurde und über mehrere Jahre verteilt in die Modernisierung der Streitkräfte fließen soll.
Von steigenden Verteidigungsausgaben profitieren neben der Bundeswehr selbst vor allem Unternehmen, die Waffen, Munition, Militärfahrzeuge, Drohnen und Cyberabwehrsysteme herstellen. Dazu gehören deutsche Unternehmen wie:
- Rheinmetall (Panzer, Munition, Artilleriesysteme)
- Hensoldt (Radar- und Sensoriksysteme)
- Diehl Defence (Luftverteidigungssysteme, Lenkwaffen)
- Airbus Defence & Space (Kampfjets, Satelliten, Transportflugzeuge)
Aber auch internationale Unternehmen wie Lockheed Martin (F-35-Kampfjets und Raketenabwehrsysteme), Northrop Grumman (Drohnen, Raketen, Cybersicherheit), Boeing Defense (Kampfflugzeuge, Hubschrauber), BAE Systems (Panzer, Marine- und Luftwaffensysteme) oder Thales (Elektronik- und Abwehrsysteme) verdienen daran.
Lohnt sich eine Investition in Rüstungsaktien?
Grundsätzlich können Anleger von den steigenden Militärausgaben Deutschlands profitieren, wenn sie in Aktien der genannten Unternehmen investieren. Dafür gibt es mehrere Gründe. Rüstungsaufträge laufen oft über Jahrzehnte, was den Unternehmen stabile und planbare Einnahmen sichert.
Hinzu kommt, dass nicht nur Deutschland, sondern Länder weltweit, insbesondere in Europa, ihre Verteidigungsetats erhöhen müssen. Auch die USA investieren massiv in ihr Militär, um für neue Formen der Kriegsführung ausgerüstet zu sein.
Und schließlich führen weniger geopolitische Spannungen nicht automatisch zu Abrüstung, selbst wenn Konflikte auf dem Verhandlungsweg friedlich beigelegt werden können. Der Bedarf an militärischer Abschreckung bleibt bestehen.
Doch auch vermeintlich sichere Investitionen in Rüstungsaktien bringen Risiken mit sich. Dazu zählen politische Entscheidungen, wenn etwa Budgets gekürzt werden müssen. Auch regulatorische Hürden wie Exportgenehmigungen und Sanktionen können Rüstungsfirmen daran hindern, höhere Gewinne zu erzielen.
Ein Argument, das gegen eine Investition in Rüstungsunternehmen steht, sind ethische Bedenken. Wer ausblendet, dass Panzer, Drohnen und Raketen im Einsatz Menschenleben kosten und Infrastruktur zerstören, könnte allerdings von steigenden Verteidigungsausgaben profitieren – besonders durch Unternehmen mit hoher Auftragslage.
Was bedeutet das für die Zukunft der Rüstungsbranche?
Die künftige Verteidigungspolitik hängt davon ab, welche Parteien die Regierung stellen. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein. Allerdings ist davon auszugehen, dass Deutschland nichts anderes übrig bleibt, als seine Verteidigungsfähigkeit massiv auszubauen. Eine andere Sicherheitsstrategie wäre riskant.
Für den Rüstungskonzern Rheinmetall sind die rosigen Zeiten bereits jetzt angebrochen. Das Unternehmen hatte sich im Zuge der Digitalisierung der Streitkräfte mit der Tochter Blackned einen weiteren Milliardenauftrag gesichert; dabei geht es um die Integration der IT-Systeme aller Fahrzeug- und Plattformsysteme der Landstreitkräfte. In einem zweiten Auftrag soll Rheinmetall zusammen mit KNDS rund 10.000 Fahrzeuge der Bundeswehr mit neuen digitalen Kommunikationsmitteln ausrüsten.
- Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl 2025
- dbwv.de: "Generalinspekteur sieht enormen Finanzbedarf bei der Truppe"
- zdf.de: "Amtsübernahme ohne Scholz, aber mit Chrupalla"
- produktion.de: "H145M: Airbus baut neue Kampfhubschrauber für die Bundeswehr"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa