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AfD – Meinung: Es wird keinen zweiten "Januar '33" geben


Rechtsextreme auf dem Vormarsch
Es wird keinen zweiten "Januar '33" geben

MeinungVon Martin Küper

18.01.2025 - 17:32 UhrLesedauer: 4 Min.
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AfD-Chefin Alice Weidel: Sie versucht den Mythos zu etablieren, die AfD sei die Erbin der NSDAP. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa)
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Die AfD wird sich nicht für immer von der Macht fernhalten lassen. Doch die Horrorvorstellung einer neuen Nazi-Diktatur macht die Partei größer als sie ist.

In den USA hat sich der Trumpismus auf breiter Front durchgesetzt. In Österreich steht die FPÖ erstmals davor, den Kanzler zu stellen. In Italien regieren Neofaschisten, in Frankreich hält sich die rechtsextreme Marine Le Pen bereit für das höchste Staatsamt. Und in Deutschland ist das AfD-Verbotsverfahren so gut wie tot. Zeit also, sich der Realität zu stellen, dass auch die AfD eines Tages an die Macht kommen könnte.

Nicht 2025, vielleicht auch nicht 2029, aber womöglich 2033. Den Möchtegern-Nazis von der AfD würde die Symbolik ausgezeichnet ins Narrativ passen. Doch einen zweiten "Januar '33" wird es in Deutschland nicht geben.

Unsere Welt ist eine fundamental andere als vor 100 Jahren. Europa ist nicht mehr das Zentrum des Weltgeschehens, es ist die Seniorenresidenz des Planeten. In Deutschland leben nicht Millionen vom Krieg brutalisierte Männer, für die Töten Alltag ist. Es gibt auch keine "verlorene Generation" junger Menschen ohne jede Aussicht auf gesellschaftliche Teilhabe, die sich von Extremisten für Straßenschlachten und Attentate gegen politische Gegner rekrutieren lassen.

Die AfD ist nicht die Erbin der NSDAP

Unsere gesellschaftlichen Konflikte sind Kindereien im Vergleich zu den ideologisch aufgeladenen Kämpfen der Weimarer Republik. Daran ändert auch die zunehmend aggressive Rhetorik der AfD nichts.

Wenn Parteichefin Weidel wie kürzlich im Live-Talk mit Elon Musk über Hitler und Juden schwadroniert, beschwört sie damit Bilder von rauchenden Krematorien – in den Köpfen ihrer Anhänger und ihrer Gegner gleichermaßen. So versucht sie den Mythos zu etablieren, die AfD sei die Erbin der NSDAP.

Sie tut das ungeniert, weil sie weiß, dass es ihr nicht schaden wird: Weder macht es ein Verbotsverfahren wahrscheinlicher noch kostet es sie Wählerstimmen – im Gegenteil, ihre Anhänger feiern sie dafür und es beschert ihrer Partei weiteren Zulauf. Sie betreibt letztlich dasselbe psychologische Spiel wie ihr Führungsoffizier Wladimir Putin, wenn er westliche Zuhörer mit der Angst vor einem Atomkrieg manipuliert. Umfragewerte von mittlerweile über 20 Prozent geben Weidel recht. Doch das ist kein Grund, in Panik zu geraten oder das Exil vorzubereiten.

 
 
 
 
 
 
 

Wenn die AfD an die Macht kommt, wird sie nicht allein und schon gar nicht "durchregieren" können. Sie wird – als Juniorpartnerin in einer Koalition oder als Kanzlerpartei – mit denselben Beharrungskräften konfrontiert sein wie jede andere Partei.

Das ist die reale Gefahr, die von der AfD ausgeht

Sie wird das Grundgesetz nicht aushebeln, den Bundestag nicht niederbrennen und andere Parteien nicht verbieten können. Und sollte es ihr mit beispielloser Hetze und der Mobilisierung gewaltbereiter Neonazis gelingen, einen Exodus rassistisch und politisch Verfolgter auszulösen, wird dieses Land innerhalb weniger Wochen buchstäblich stillstehen – unsere Krankenhäuser würden nicht einmal die Abwanderung syrischer Ärzte verkraften.

Ist die AfD also eine normale Partei und sollte wie jede andere behandelt werden? Ganz sicher nicht! Aber wer die AfD effektiv bekämpfen will, muss sich von der Horrorvorstellung einer neuen Nazi-Diktatur lösen – und die reale Gefahr in den Blick nehmen, die von ihr ausgeht.

Sie ist eine durch und durch korrupte, antisoziale und unpatriotische Partei, die den Ausverkauf deutscher Interessen betreibt. Ihre rassistische Hetze ist eine konkrete, alltägliche Gefahr für Millionen von Menschen. Sie bedroht Wohlstand und gesellschaftlichen Zusammenhalt und untergräbt als 5. Kolonne Moskaus die Unabhängigkeit Europas von autoritären Mächten.

Das zeigt sich exemplarisch, wenn Alice Weidel beim Parteitag mit pseudofaschistischem Furor gegen Windmühlen wettert: Sie stärkt damit ihren Nazimythos, schüchtert ihre Gegner ein – und bedient dabei in Wirklichkeit nur die Interessen des Öl- und Gasstaates Russland. Das ist Grund genug, die AfD zu fürchten und gehört jedem um die Ohren gehauen, der mit dieser Truppe sympathisiert oder gar eine Regierung bilden will.

Wer die AfD kleinhalten will, muss Putin bekämpfen

In der Auseinandersetzung mit der AfD geht es aber nicht um die Lehren von 1945, sondern um das Erbe von 1989. Die Gesellschaft der alten Bundesrepublik hatte zumindest rhetorisch hohe Standards, was den Umgang mit der NS-Zeit betrifft – doch diese Welt ist Geschichte, seit die Randfiguren der westdeutschen Gesellschaft stets ein Massenpublikum finden in diktaturgeschädigten Ostdeutschen.

Im wiedervereinigten Deutschland lassen sich Rechtsextremisten und ihre Ideen nicht mehr einfach ausgrenzen. Und die Institutionen des Grundgesetzes haben sich als zu schwach erwiesen, um die Bedrohung durch den organisierten Rechtsextremismus effektiv zu bekämpfen. Die AfD und und ihre Anhänger werden Politik, Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden als dauerhaftes Problem erhalten bleiben. Ab jetzt kann es nur noch um Schadensbegrenzung gehen.

Dabei gilt: Wer die AfD kleinhalten will, muss auch Putin und seine Helfershelfer im Westen bekämpfen. Tech-Oligarchen wie Elon Musk und der Kremlchef haben unterschiedliche Motive, verfolgen aber dasselbe Ziel: die Zerstörung der westlichen Demokratien. Sie hofieren Rechtsextremisten überall in Europa, in der Hoffnung, ihre toxischen Narrative als Mehrheitsmeinungen zu etablieren. Diesen Gefallen sollten wir ihnen nicht tun.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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