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Landtagswahlen | "Düstere Zeiten": So reagiert das Ausland


Pressestimmen aus dem Ausland zu den Wahlen
"Der Keim des Putinismus wächst"

Von t-online, dpa, cc

Aktualisiert am 02.09.2024Lesedauer: 4 Min.
Ein Teilnehmer einer AfD-Demonstration mit Flaggen der DDR und Russland (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Ein Teilnehmer einer AfD-Demonstration mit Flaggen der DDR und Russland (Archivbild). (Quelle: Jan Woitas/pa)

Im Ausland schaut man sehr genau auf die Wahlen in den Bundesländern. Die Reaktionen auf die Ergebnisse sind pessimistisch. Vor allem einer könnte davon profitieren.

Die Presse im Ausland blickt mit Sorge auf die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. So schreibt etwa die österreichische Tageszeitung "Der Standard":

"Lägen Thüringen und Sachsen im Westen oder wäre am Sonntag in einem westdeutschen Bundesland abgestimmt worden – das Ergebnis für die Ampel hätte wohl auch nicht sehr viel besser ausgesehen. Die Koalition in Berlin gibt ein trauriges Bild ab. Man ist fertig miteinander, zusammen hält das unattraktive Dreierbündnis nur noch die Angst vor den Wählerinnen und Wählern.

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Und dann passierte kurz vor den Wahlen auch noch der schreckliche Anschlag von Solingen. Er legte nicht nur tatsächliche Versäumnisse offen, sondern auch Emotionen, die weder Ex-Kanzlerin Angela Merkel noch ihr Nachfolger Olaf Scholz begriffen haben: Die Menschen haben Angst. Gegen die Furcht kommen die Zahlen, Fakten und Beteuerungen des Kanzlers immer weniger an. Wie Scholz aus diesem Dilemma herauskommen will, wie er wieder Vertrauen gewinnen will, ist unklar. Deutschland erlebt gerade düstere Zeiten. Nach diesen beiden Wahlen wird der Weg nicht leichter."

"Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen"

Die spanische "La Vanguardia" meint: "Die drei Parteien der Bundesregierung haben ein Debakel erlitten, insbesondere die beiden Juniorpartner." Mit Blick auf das schlechte Abschneiden von FDP und Grünen prophezeit das Blatt der Bundesregierung "ein schwieriges letztes Jahr" der laufenden Legislaturperiode. Dass diese für die Ampel vorzeitig enden könnte, schließt die Zeitung nicht aus und spricht von "der Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen".

Die italienische "La Stampa" wertet das Wahlergebnis in Deutschland als Steilpass für Wladimir Putin. Der Machthaber im Kreml reibe sich angesichts des Erfolgs der russlandfreundlichen Parteien AfD und BSW wohl schon die Hände: "Das Wahlergebnis verdeutlicht Scholz' Führungsschwäche von der Außen- bis zur Finanzpolitik. Jetzt blickt Europa in eine Zukunft, in der Freunde und Diener des Zaren inmitten von Trollen und Desinformation gedeihen."

Die ebenfalls in Italien beheimatete "La Repubblica" sieht in dem Ergebnis ebenfalls vor allem eine Machtausweitung Russlands. "Die europäischen institutionellen Systeme sind infiltriert. In Italien, in Frankreich und nun immer unverhohlener in Deutschland. Der Keim des Putinismus wächst sogar in strukturierten Ländern mit einer soliden demokratischen Tradition." Der Kreml habe jetzt seine Wortführer im Herzen Europas. Russlands Präsident habe "einen außergewöhnlichen und beunruhigenden politischen Sieg errungen".

Derweil bezieht sich die italienische Zeitung "Corriere della Sera" insbesondere auf die abnehmende Bindung zu den etablierten Parteien. "Das Ergebnis bestätigt, dass 34 Jahre nach der Wiedervereinigung und Tausender Milliarden Euro, die in die ehemalige DDR investiert wurden, eine Mehrheit der Bevölkerung in den beiden Bundesländern keine Loyalitätsbindungen zu den traditionellen Parteien hat", schreibt die Zeitung.

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Blick schon auf die nächste Wahl in Brandenburg

Der britische "Telegraph" sieht ebenfalls schon das Ende von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Horizont: "Olaf Scholz' Demütigung hinterlässt ein Machtvakuum im Herzen Europas. Die Tage des Kanzlers sind gezählt, nachdem die AfD die Wahlen in Thüringen mit mehr als 33 Prozent der Stimmen gewinnen konnte."

Das US-amerikanische Wall Street Journal sieht insbesondere das Versagen der Regierungsparteien verantwortlich für die Wahlergebnisse und schreibt, es sei "bestätigt, was nationale Umfragen schon seit einem Jahr oder länger sagen: Die Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz und einer Koalition, die Migration nicht steuern kann und sich trotz des greifbaren und wachsenden wirtschaftlichen Schadens an Klimazielen festklammert." Man könne es den Wählern nicht vorwerfen, "keine Geduld mehr mit ihren dysfunktionalen Regierungsparteien zu haben".

Der "Tages-Anzeiger" aus der Schweiz schreibt: "Breite Mehrheiten in Ostdeutschland wollen die irreguläre Einwanderung nicht bremsen, sondern stoppen – und die Lieferung von Waffen an die Ukraine ebenfalls. Beide Themen erklären den Triumph der rechtsextremistischen AfD und der neuen populistischen Querfront-Gruppe von Sahra Wagenknecht." Für die SPD falle der Wahltag "rabenschwarz" aus. Die Zeitung befürchtet bei einer weiteren Niederlage in Brandenburg "Revolte der Partei gegen ihn".

Auf das Dilemma der CDU, deren Spitzenkandidat Mario Voigt in Thüringen nur mit der Linken und dem BSW koalieren kann, blickt die "NZZ" aus der Schweiz: "Die Christdemokraten sind in dem Bundesland nur noch ein Schatten ihrer selbst. Wie will Voigt unter diesen Bedingungen die Versprechen seines Wahlkampfs einlösen und einen wirtschaftsfreundlichen Kurs mit einer Abkehr von linken Gesellschaftsprojekten und einer neuen Härte in der Asylpolitik verbinden?".

Das konservative Blatt stellt auch die politische Brandmauer gegenüber der AfD in den beiden Ländern infrage: "Der Triumph der AfD belegt, dass viele Wähler sich weder von den Berichten des Inlandgeheimdienstes noch von den Warnungen der politischen Konkurrenz oder von besorgten Leitartiklern beeindrucken lassen. Die AfD ist – trotz oder wegen ihres ressentimentgeladenen Landeschefs Höcke – die bestimmende Kraft im Osten. Eine Politik, die die Mitte der Bevölkerung aus den Augen verliert, darf sich nicht wundern, wenn die Ränder erstarken. Und von einer 'Brandmauer' kann jene Partei am stärksten profitieren, deretwegen diese errichtet wurde."

Die österreichische "Presse" nimmt die schwierige Situation der SPD unter die Lupe. Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg am 22. September heißt es: "In Brandenburg stellen die Sozialdemokraten seit 1990 durchgehend die Ministerpräsidenten. Sollte die Wiederwahl des seit elf Jahren regierenden Dietmar Woidke scheitern, könnte es mit der Disziplin in der SPD vorbei sein." Dann, so das Blatt, könnte auch die Diskussion um den Bundeskanzler in der Partei neu aufflammen.

Verwendete Quellen
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