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Iran: Kondolenz für Präsident Raisi – Verdient ein Schlächter Mitleid?


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Kondolenz für Irans Präsident Raisi
Verdient ein toter Schlächter Beileid?


22.05.2024Lesedauer: 1 Min.
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Im Iran wird der tote Präsident pflichtschuldig betrauert. Aber verdient er auch auf diplomatischer Ebene Kondolenz? (Quelle: IMAGO/Sha Dati/imago)
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Wie reagiert die Politik richtig, wenn ein ausländischer Staatsmann stirbt, um den man spontan nicht trauern möchte? Die internationalen Kondolenznoten für den toten iranischen Präsidenten Raisi werfen Fragen auf.

"Unser Beileid gilt der Regierung der Islamischen Republik Iran und den Familien der beim Absturz Getöteten." Der Satz ist kurz und schlicht. Dass er aber Teil einer offiziellen Kondolenznote des Bundeskanzleramtes zum Unfalltod des iranischen Präsidenten Raisi ist und von Bundeskanzler Scholz unterzeichnet, führt derzeit zu hitzigen Diskussionen.

Raisi war am Pfingstwochenende im Nordiran bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Zum Tod eines ausländischen Staatsmannes zu kondolieren, das ist eine diplomatische Normalität, vielleicht gar Notwendigkeit. Wenn dieser Staatsmann aber Blut an den Händen hat, wenn er Terrororganisationen stützt und finanziert und Oppositionelle systematisch einkerkern, quälen und töten lässt, wo endet dann die diplomatische Pflicht? Die Frage wird auch in der Redaktion von t-online heiß diskutiert.

Pro
Christoph SchwennickeBereichsleiter Exklusiv

Es geht nicht immer ums Besser-Sein

Wer den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, die UN-Vollversammlung und auch Bundeskanzler Olaf Scholz dafür kritisiert, dem Iran nach dem tödlichen Helikopterabsturz kondoliert zu haben, hat die Grundzüge von Politik und Diplomatie nicht verstanden.

Es geht in diesen Disziplinen nicht immer nur um die Stimme des Herzens, die möglicherweise schweigen möchte, weil es sich bei den Toten um ranghohe Mitglieder eines menschenverachtenden Regimes handelt, das selbst viele, viele Tote zu verantworten hat. Es geht nicht immer nur um das Besser-Sein und moralische Überlegenheit und das Ausleben von beidem.

Es geht darum, dass auch mit Ländern wie dem Iran (der von harten Sanktionen des Westens zu Recht betroffen ist, die vielleicht sogar zu dem fliegenden Schrott dieses Helikopters geführt haben) immer noch ein Gesprächskanal offen bleiben muss, wenn man strategisch etwas erreichen möchte. Der Iran spielt in der neuen Achse aus Russland und China die Rolle eines Scharniers, und alles ist klug und weise, das hilft, diese Achse zu stören. Oder jedenfalls nicht immer noch starrer und stabiler werden zu lassen.

Und ja, der Iran steckt hinter der Hamas, die die Lage im Nahen Osten aufs Fürchterlichste hat eskalieren lassen. Aber das bedeutet gerade nicht, dass man jede kommunikative Brücke abreißt. Eine kühle und sachliche Kondolenz ist daher nicht nur vertretbar. Sondern geboten.

Kontra
Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
Patrick SchillerKI-Redakteur Regionales

Unsere Verantwortung liegt bei den Opfern

Raisi war kein gewöhnlicher Staatsmann. Seine Karriere war geprägt von Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung.

Während der Massaker von 1988 war er als Mitglied des sogenannten "Todeskomitees" für die Massenhinrichtungen von Tausenden politischen Gefangenen verantwortlich. Während seiner Amtszeit als Präsident und zuvor als Chef der Justiz schlug er die Demonstrationen im Jahr 2019 und die von Frauen geführten Proteste im Jahr 2022 blutig nieder: Journalisten, Aktivisten und politische Gegner wurden unter seiner Führung inhaftiert, gefoltert und hingerichtet.

Solch ein Mensch verdient keine Beileidsbekundungen, sondern Verurteilung. Kondolenznoten könnten als stillschweigende Billigung seiner Gräueltaten missverstanden werden und die Opfer seines Regimes verhöhnen. Politiker müssen die Werte ihrer Länder vertreten und klar gegen Menschenrechtsverletzungen Stellung beziehen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit seiner Beileidsbekundung diese Verantwortung klar verfehlt. Solche Gesten untergraben die Glaubwürdigkeit und moralische Integrität politischer Führung. Außerdem ignorieren sie das Leid seiner Opfer. Diese Menschen sind es, die unsere Solidarität und Unterstützung verdienen. Es ist unsere Pflicht, ihre Geschichten zu würdigen und nicht durch diplomatische Gesten zu verwässern.

Wir müssen klarmachen: kein Mitleid für Tyrannen. In einer Welt voller politischer Kompromisse muss es Raum für moralische Klarheit geben. Beileidsbekundungen für Raisi sind ein Verrat an den Prinzipien der Gerechtigkeit. Unsere Verantwortung liegt bei den Opfern, nicht bei den Tätern. Es gibt keinen Platz für falsches Mitgefühl gegenüber Schlächtern wie Ebrahim Raisi.

 
 
 
 
 
 
 

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Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen.
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