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US-Wahlkampf | Donald Trump im Madison Square Garden: Stunden des Hasses


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Trump-Auftritt im Madison Square Garden
"Männlichkeit wird angegriffen"


Aktualisiert am 29.10.2024Lesedauer: 8 Min.
Donald Trump betritt seinen Box-Ring, den Madison Square Garden in New York.Vergrößern des Bildes
Donald Trump betritt seinen Boxring, den Madison Square Garden in New York. (Quelle: Brendan McDermid)
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Donald Trump verspricht Amerika die Wiederkehr eines längst vergangenen "goldenen Zeitalters". Doch sein Weg zum vermeintlichen Glanz alter Tage führt über die Zerstörung der Demokratie. Er glaubt an eine Welt, in der das Recht des Stärkeren zählt.

Bastian Brauns berichtet aus New York

Als Donald Trump am Mikrofon im Madison Square Garden von New York steht, schürt er eine Hoffnung: "Seid gespannt auf die Zukunft. Denn es wird Amerikas neues goldenes Zeitalter sein." Am 20. Januar 2025 soll jenes "Golden Age", das Trump seinen Anhängern verspricht, beginnen – dem Tag seiner angestrebten Amtseinführung.

Direkt unterhalb der Bühne darf der Multimilliardär Elon Musk gleich neben Trumps Ehefrau Melania sitzen. In Trumps neuer Ära sollen Menschen wie er viel Macht bekommen. Mit einer Art inoffiziellem "Ministerium für Regierungs-Effizienz" soll Musk dann unliebsame Behördenmitarbeiter in Washington im Zweifel einfach hinauswerfen.

Musk hat in diesem Wahlkampf schon mehr als 100 Millionen Dollar an Trump gespendet. In dessen Sinne verbreitet er auf seiner Plattform X millionenfach Unwahrheiten und Verschwörungstheorien. Im vielleicht wahlentscheidenden Swing State Pennsylvania verloste er täglich eine Million Dollar an Menschen, wenn sie sich als Wähler registrieren ließen, um die Wahlbeteiligung für Republikaner zu erhöhen. Eine Praxis, die womöglich illegal ist.

Aber Trump geht es nicht nur um das Geld, die Propaganda und den persönlichen Einsatz, den Elon Musk in diesen Wahlkampf einbringt. Der Besitzer der Raketenfirma SpaceX passt mit seinen Besiedlungsplänen des Planeten Mars perfekt in Trumps propagiertes goldenes Zeitalter. Was Musk mit seinen Raketen technologisch vollbringe, ruft Trump im Madison Square Garden, das könnten weder Russland noch China. Trumps Allianz mit dem Tech-Titan soll eine neue Vorherrschaft der USA sichern.

Trump wäre gerne wie Kennedy

Inszenierungen wie die von Elon Musk als Raketenpionier geben an diesem New Yorker Sonntagabend tiefe Einblicke. Einerseits in die Vorstellungswelt des Mannes, der früher zu den gern gesehenen Prominenten New Yorks gehörte. Andererseits erklären sie seinen anhaltenden Erfolg bei etwa der Hälfte der Amerikaner. Denn trotz rassistischer Ausfälle, dutzender Lügen und geradezu absurder Auftritte war der Madison Square Garden fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Und in den Umfragen liegt Donald Trump mindestens gleichauf mit Kamala Harris.

Es gibt ein Amerika, nach dem sich Donald Trump und viele seiner Anhänger in Wahrheit zurücksehnen. Dazu gehört etwa die Amtszeit von John F. Kennedy. Oder zumindest das, was sie sich darunter vorstellen. Wegen des mitinitiierten Raumfahrprogramms des damals beliebten Präsidenten gelang den USA schließlich die erste Mondlandung. Bei diesem wichtigen, symbolischen Sieg gegen die Sowjetunion war Trump gerade 23 Jahre alt. Ein patriotisches Ereignis, das ihn geprägt hat.

Als Ausdruck seiner Faszination für die damalige Errungenschaft gründete er in seiner Präsidentschaft im Jahr 2019 die United States Space Force – zumindest auf dem Papier eine eigene militärische Raumfahrteinheit. Mit Elon Musk an seiner Seite wünscht sich Trump, das versprochene goldene Zeitalter samt Marslandung herbeizuführen und die eigene Grandiosität herauszustellen. Die Werkzeuge sind Musks Raketenprogramm, das Satelliten-Netzwerk Starlink und die Manipulation der öffentlichen Meinung über die Plattform X.

"Ich sehe keine stinkenden Nazis"

Trumps Anhänger im Madison Square Garden sehen sich darum auch nicht als Faschisten. Selbst wenn die Rhetorik und Pläne von Trump und fast aller Rednerinnen und Redner nur so strotzen von Rassismus, Hass, Alleinherrschaftsfantasien und Demokratie-Verachtung. Für die Anhänger des "Make America Great Again"-Kults (MAGA) mit ihren roten Baseballkappen verhindern Kamala Harris und die Demokraten eine Art von amerikanischer Großartigkeit, wie sie sie sich vorstellen.

Sie wünschen sich mit Trump einen starken Anführer. Eine Art allmächtigen US-Präsidenten, wie ihn die Filmindustrie aus Hollywood seit Jahrzehnten propagiert hat. Deshalb bekommt der alte amerikanische Wrestler Hulk Hogan auch den größten Jubel an diesem Abend, als er mit einer riesigen US-Flagge auf die Bühne stapft. Laut krächzend geht er auf Faschismus-Vorwürfe gegen Trumps Anhänger im Madison Square Garden ein: "Ich sehe hier keine stinkenden Nazis. Ich sehe hier auch keine stinkenden inländischen Terroristen."

Das Einzige, was er hier sehe, sagt Hogan, während er ein hautenges Wrestler-Outfit und eine orangefarbene Federboa um den Hals trägt, sei "ein Haufen hart arbeitender Männer und Frauen, die echte Amerikaner sind, Bruder." Dann flext der Wrestler seine Muskeln und peitscht das Publikum ein. Frenetisch feiern Trumps Anhänger Hulk Hogan. Er gibt ihnen die Absolution. Sie sind keine Nazis, sondern "Trumpomaniacs".

Männlichkeit als Pflichtprogramm

Hogan ist nicht der Einzige, der an diesem Abend für etwas stehen soll, was Trumps goldenes Zeitalter Amerikas ebenfalls ausmachen soll: eine klar definierte Vorstellung von Männlichkeit und eine klare Abgrenzung dieser von Weiblichkeit. Menschen, die von dieser Vorstellung abweichen, passen nicht in die angestrebte Vision und werden als "woke" diffamiert. Wie schon bei seinem Nominierungsparteitag im Juli in Milwaukee darf darum nicht nur Hulk Hogan, sondern auch Dana White vor Trump auf der Bühne sprechen. White ist der Präsident der Ultimate Fighting Championship (UFC), einer Mixed-Martial-Arts-Organisation aus den USA.

Es gibt einen Grund, weshalb Trump Männer wie Hulk Hogan oder Dana White so prominent auf seiner politischen Veranstaltung auftreten lässt: Kampfsport ist Teil seiner selbst geschaffenen Identität. Schon seit seiner Jugend war Trump regelmäßig bei Kampfsportevents in New York anwesend. Beim sogenannten "Fight of the Century" zwischen den Boxern Muhammad Ali und Joe Frazier im Jahr 1971, der ebenfalls im Madison Square Garden stattfand, war Donald Trump schon dabei.

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Schon damals symbolisierte dieser Boxkampf die gesellschaftlichen Spaltungen in Amerika. Ali und Frazier verkörperten unterschiedliche Perspektiven. Muhammad Alis Charisma sprach eine jüngere, anti-Establishment-orientierte Anhängerschaft an, während Frazier eher konservative, establishment-freundliche Unterstützer ansprach. Den Kampf im Madison Square Garden gewonnen hatte damals Joe Frazier.

Vor Trumps Auftritt am Wochenende bewarb die Jugendorganisation der Republikaner in New York nun Trumps Event als "Rally of the Century". Wieder gibt es einen Stellvertreter-Kampf. Und Donald Trump hat mit Joe Biden in der Lesart seiner Anhänger bereits einen Gegner geschlagen. Auf der großen Video-Anzeige im Madison Square Garden prangt nun das Gesicht seiner Gegnerin, versehen mit den Worten: "Kamala Harris ist schwach, hat versagt und ist gefährlich liberal." Doch die Vizepräsidentin steht hier nicht im Ring. Sie kämpft in Pennsylvania um die wichtigen Stimmen von Puerto Ricanern. Der "Fight" mit Donald Trump ist die Wahl am 5. November.

Trumps Prinzip der unbedingten Vernichtung

Spätestens seit Trump im Jahr 2001 selbst damit begann, Kampfsport-Veranstaltungen der UFC in seinem Casino in Atlantic City auszurichten, wuchs Trumps Ansehen in der Szene. Heute ermöglichen ihm sein Status und Habitus einen wichtigen Zugang zu einer männlich geprägten Zielgruppe, die sonst eher nicht wählen gehen würde. Zuletzt war Trump deshalb auch für ein langes Interview zu Gast in einer Podcast-Show des ehemaligen Wrestlers Tyrus. Dort sagte er, im heutigen Amerika werde "Männlichkeit angegriffen". Schuld daran seien die Demokraten und aktuell eine Gegnerin Kamala Harris.

Die Welt des Kampfsports passt zu Trumps Selbstverständnis und dem von Politik. Seine Wahlkämpfe, aber auch sein Regieren spiegeln den konfrontativen Charakter von Boxen und Wrestling wider. Seine Kampagnen gegen Hillary Clinton 2016, gegen Joe Biden 2020 und 2024 und jetzt gegen Kamala Harris folgen alle einem ähnlichen Skript: Trump stellt seine Gegner konsequent als Widersacher dar, die es zu vernichten gilt. Es geht nicht um politische Siege, sondern ums eigene Überleben, um Stolz und Ehre.

Für dieses Ziel ist ihm und seinen Unterstützern jedes Mittel recht. Deshalb kommt es auch regelmäßig zu rassistischen und frauenverachtenden Ausfällen, wie am Sonntagabend im Madison Square Garden. Vor Trump sprach einer seiner wichtigsten Propagandisten, der ehemalige Fox-News-Kommentator Tucker Carlson. Gegen Kamala Harris, die jamaikanische und indische Wurzeln hat, hetzte er, sie sei eine "samoanische Malaysierin mit niedrigem IQ."

Die MAGA-Menge johlt in solchen Momenten wie nach einem Faustschlag, der vielleicht nicht ganz den Regeln entsprach, der aber einfach zu gut saß, um ihn nicht zu feiern. Ähnliche Begeisterung erzeugt Trump, als er davon spricht, explizit Migranten, die Amerikaner töten würden, zur Strafe exekutieren zu lassen. Und so werden aus Stunden des Hasses Momente purer Begeisterung. So als würden die Löwen im alten Rom gerade ein paar Christen zerfleischen. Für das Schöne sind dann Frauen wie Melania Trump zuständig. Als Überraschungsgast spricht sie ein paar schnöde Worte über die schönen Künste, die unter ihrem Ehemann wieder eine Blütezeit erleben sollen.

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Dieses Prinzip erlaubter Vernichtung wendet Donald Trump seit jeher nicht nur auf politische Gegner in der eigenen Partei oder gegen die Demokraten an. Seine Methode von männlicher Dominanz überträgt er auch auf das Verhältnis zu anderen Staaten. Von Diplomatie hingegen hält Trump wenig. Denn in ihr wittert er Schwäche. Aus eben jenem Verständnis heraus rührt seine Bewunderung für Diktatoren wie Wladimir Putin, Xi Jinping oder sogar für Adolf Hitler. Es passt ins Bild, dass Trumps größter Unterstützer direkt nach dem Auftritt ein martialisches Video verbreitet hat, das Trump unter anderem als römischen Imperator zeigt.

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Wer verliert, ist ein Opfer

Für eine zweite Amtszeit hat sich Trump mit seinem goldenen Zeitalter viel vorgenommen. Und alle Vorhaben sollen dann diesem Verständnis von absoluter Dominanz untergeordnet werden. "Wir sind dieses Mal besser vorbereitet", sagt er und verweist darauf, nur noch Loyalisten einzusetzen. Darum scheut sich Trump auch nicht, das andere politische Lager als "Feinde im Inneren" zu bezeichnen und mit dem Einsatz des Militärs gegen die eigenen Staatsbürger zu drohen. Wer sich nicht fügt, ist automatisch der Feind und wird bekämpft – mit allen Konsequenzen.

Im Gegenteil: Trump scheint auch am Sonntagabend wieder eine diebische Freude darüber zu empfinden, wenn es empörte Reaktionen gibt. "Wenn ich von inneren Feinden spreche, dann werden die anderen ganz verrückt", sagt er auf der Bühne und grinst dabei. Für ihn gehört all das zum Kampf. Es ist seine Form von psychologischer Kriegsführung. Das Motto: Opfer sind egal, denn es sind ja Opfer. Trumps goldenes Zeitalter ist eine Welt, in der nur das Recht des Stärkeren gilt.

Trumps Auftritt im Madison Square Garden fand nicht ohne Grund mitten in Manhattan statt. Dort, wo er Ende November nur ein paar Meilen entfernt sein Strafmaß für seine 34 Schuldsprüche erfahren soll, war auch das ein Schlag ins Gesicht der demokratisch geprägten, aus seiner Sicht so undankbaren Stadt.

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Trump kündigt darum auch an, dass eine seiner ersten Amtshandlungen als nächster Präsident sein werde, Alvin Bragg zu entfernen, jenen Staatsanwalt, der ihn hier angeklagt hatte. Es werden dann viele weitere Köpfe rollen und Trump will seinen Sieg dann feiern als "Tag der Befreiung". Es könnte der Tag sein, an dem aus dem inszenierten Kampf von Trump ein Krieg gegen die andere Hälfte Amerikas wird.

Als Donald Trump im Madison Square Garden auftrat, hatte die "New York Times" darum eine deutliche Warnung veröffentlicht. Sie lautete: "Donald Trump sagt, er will seine Feinde verfolgen, Massenabschiebungen anordnen, Soldaten gegen Bürger einsetzen, Alliierte aufgeben und mit Katastrophen politisch ausschlachten. Glauben Sie ihm."

In einer früheren Version des Artikels war der Eindruck entstanden, John F. Kennedy habe die von ihm als Ziel ausgegebene Mondlandung 1969 noch miterlebt. Zu diesem Zeitpunkt war er allerdings schon tot. Wir haben die Stelle im Text konkretisiert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen vor Ort
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