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Joe Biden beim Nato-Gipfel: Ein Drama, über das niemand sprechen will


Joe Biden beim Nato-Gipfel
Jetzt gibt es fast kein Halten mehr


Aktualisiert am 17.07.2024Lesedauer: 4 Min.
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Joe Biden: Beim Nato-Gipfel in Washington wird auch wieder die Debatte um den Gesundheitszustand des US-Präsidenten im Mittelpunkt stehen.Vergrößern des Bildes
Ein doppeltes Drama: Wie geht es weiter mit Joe Biden? (Quelle: Elizabeth Frantz/reuters)

Während der US-Präsident beim Nato-Gipfel ein starkes Bündnis präsentieren will, wird er von hochrangigen Demokraten angezählt. Die politische Lage von Joe Biden könnte den gesamten Westen in eine Krise stürzen.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Noch bevor der US-Präsident im Weißen Haus am Morgen das tägliche Briefing seines Beraterstabs bekam, hatte ihn eine seiner bislang größten Verbündeten frontal attackiert. Nancy Pelosi, die einstige Sprecherin des Repräsentantenhauses, selbst schon 84 Jahre alt, trat ausgerechnet bei "Morning Joe" auf. Jene bekannte Show des Fernsehsenders MSNBC, die in der Frühe immerhin rund eine Million Amerikaner sehen.

"Es liegt am Präsidenten, zu entscheiden, ob er kandidiert. Wir alle ermutigen ihn, diese Entscheidung zu treffen, denn die Zeit läuft ihm davon", sagte die bei den Demokraten nach wie vor einflussreiche Pelosi. Was nach abwägenden und Freiraum gebenden Worten klang, war im Grunde eine Unverschämtheit gegen den eigenen Kandidaten. Denn Joe Biden hat sich längst entschieden. Fast jeden Tag betont der Präsident in Interviews, Spendenaufrufen und öffentlichen Stellungnahmen: "Ich trete an."

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Wichtige Befürworter springen ab

Joe Biden wird infrage gestellt, inzwischen sogar von seinen bislang engsten Unterstützern. Auch der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, soll laut Medienberichten Spendern signalisiert haben, dass er einer Präsidentschaftskandidatur ohne Präsident Biden gegenüber aufgeschlossen ist. Hinzu kommen Berichte, wonach das Spendenaufkommen vollständig eingebrochen sein soll, weil insbesondere große Geldgeber sich nun weigern, Bidens Wahlkampf weiterhin zu unterstützen.

Und dann veröffentlichte die "New York Times" auch einen Gastbeitrag des Hollywood-Schauspielers George Clooney, der seit Jahren ein wichtiger Spendensammler für die Demokraten ist. Überschrieben war der Artikel mit den Worten: "Ich liebe Joe Biden. Aber wir brauchen einen neuen Kandidaten." In aller Deutlichkeit beschrieb Clooney in dem Stück, dass er den gleichen Joe Biden bei einer Spendengala erlebt habe, den die amerikanische Bevölkerung beim TV-Duell gegen Donald Trump erlebte. "Wir werden mit diesem Präsidenten nicht gewinnen", schreibt Clooney.

Video | Clooney fordert Biden zu Rückzug auf
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Quelle: reuters

Verzweiflung und Hilflosigkeit bei Demokraten und den Alliierten

Was sich in Washington mitten in der Woche des Nato-Jubiläumsgipfels abspielt, ist ein doppeltes Drama, das nicht nur die Demokraten, sondern Amerika und den ganzen Westen in eine Krise zu stürzen droht. Und niemand, so scheint es, kann diesen Prozess noch stoppen. Außer Joe Biden selbst.

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Im Kongress auf dem Kapitolshügel verzweifeln die Demokraten, weil sie bislang einfach keinen Weg finden, den Präsidenten davon zu überzeugen, mit einem Rest von Würde abzutreten. Und im rund drei Kilometer entfernten Convention Center sind die Staats- und Regierungschefs des westlichen Verteidigungsbündnisses beunruhigt. Weil sie hilflos sind, angesichts der Dynamik in diesem Land, dem wichtigsten und mächtigsten Bündnispartner.

Das Schlimmste: Sie können offen nicht einmal darüber reden, ohne Joe Biden noch mehr anzuzählen und seinen Gegner Donald Trump zu stärken. Jenen Republikaner, der nach eigenen Aussagen vor seiner ersten Präsidentschaft nicht einmal wusste, was es mit der Nato auf sich hat. Einen Trump, der bei aktuellen Wahlkampfveranstaltungen offen damit droht, Russland sogar zu ermutigen, in Europa zu tun, was es wolle, wenn die Bündnispartner nicht so spuren, wie er will. Der nächste US-Präsident könnte Artikel 5 der Nato-Charta, jene Beistandsklausel, die die Kernstärke des Bündnisses ausmacht, einfach beerdigen.

Nur einer versucht, deutlich zu werden

Die meisten Staats- und Regierungschefs bemühen sich darum weiter, den US-Präsidenten als starken Anführer zu loben. Alles andere wäre eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der USA. Dabei rast der Wahlkampfzug, der im November zur Wiederwahl Joe Bidens führen soll, jeden Tag ein Stückchen schneller in Richtung einer Wand aus wachsendem Widerstand aus den eigenen demokratischen Reihen.

Am deutlichsten durchbrach diese lähmende Angst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Bei einer Nebenveranstaltung des in Washington ansässigen Ronald Reagan Instituts sagte er, man müsse einfach "aufrichtig und ehrlich" sein. "Alle warten auf den November". Und zwar die Amerikaner, die Europäer und auch die Russen, so Selenskyj. "Die ganze Welt schaut auf den November".

Der ukrainische Präsident will so schnell wie möglich in das Nato-Bündnis aufgenommen werden. Bei einer erneuten Trump-Präsidentschaft müsste er aber nicht nur um diese ohnehin vage Aussicht auf eine baldige Mitgliedschaft fürchten. Es besteht die Gefahr, dass die USA dann einen Frieden mit Wladimir Putin über die Köpfe seines Landes hinweg verhandeln, der die ursprünglichen Grenzen der Ukraine einfach wegwischen könnte. Was das für die Zukunft der Sicherheit in Europa bedeuten würde, davor fürchten sich die Bündnispartner auf anderen Seite des Atlantiks, aber auch in den USA selbst.

Ausgerechnet Trumps ehemaliger Verteidigungsminister Mark T. Esper bat Joe Biden in einem Fernsehinterview beim Fernsehsender CNN zurückzutreten. Und zwar aus Sorge vor einer zweiten Trump-Präsidentschaft. Esper war es, der einst half, Trumps geplanten Truppenabzug aus Deutschland zu vereiteln. Und der schließlich von Trump gefeuert wurde, weil er sich nach dessen Lügen von der gestohlenen Wahl gegen ihn stellte.

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Bidens Entscheidung müsste bald kommen

Joe Biden führt im Angesicht dieser möglichen dramatischen Folgen für seine Partei, sein Land und das westliche Bündnis scheinbar ungerührt seinen Wahlkampf fort. In Interviews wird er inzwischen sogar aufbrausend, schimpft über Eliten und Medien, die ihn mutwillig aus dem Präsidentschaftsrennen drängen wollten. Er will weitermachen, um jeden Preis. So zumindest wirkt die Fassade des 81-Jährigen im Weißen Haus.

Eines dürfte klar sein: Während des Nato-Gipfels wird Joe Biden keine anderslautende Entscheidung verkünden, als die, dass er antritt. Wenn er sich doch noch anders entscheidet, müsste er das jedoch wenig später tun. Die Zeit für seine Partei, sich anders aufzustellen, um gegen Donald Trump noch eine Chance zu haben, wird sonst zu knapp. Für Montag hat der Präsident ein weiteres Fernsehinterview angekündigt. Viele fragen sich nun: Hat Joe Biden etwas zu verkünden oder bleibt der Auftritt Teil seiner politischen Gegenschläge, die bislang nur zu weiter sinkenden Umfragen führen?

Verwendete Quellen
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