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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Besonderes Wahlergebnis in New Hampshire Ein Sieg, der Trump wütend macht
Eigentlich wollte Trump nach New Hampshire als unangefochtener Kandidat der Republikaner dastehen. Doch seine Gegnerin Nikki Haley will einfach nicht aufgeben. Das birgt Gefahren für den Ex-Präsidenten.
Bastian Brauns berichtet von Trumps Wahlparty in Nashua, New Hampshire
Sogar Donald Trump macht an diesem Abend keinen Hehl daraus, dass ihm das Ergebnis von New Hampshire nicht ganz in den Kram passt. Und das, obwohl er die Vorwahl in diesem Bundesstaat mit mehr als 10 Prozentpunkten Abstand vor seiner Konkurrentin Nikki Haley deutlich gewonnen hat. Trump liegt bei rund 55, Haley bei rund 43 Prozent.
"Es gibt hier nur eine Person, die wahrscheinlich noch wütender ist als ich", sagt er auf der Bühne im "Sheraton"-Hotel in der Kleinstadt Nashua, in der er seine Wahlparty steigen lässt. Er zeigt auf seinen früheren Herausforderer Vivek Ramaswamy, den er zur Unterstützung mit aufs Podium geholt hat. Vereint seien sie in ihrer Wut auf Nikki Haley, die sich in ihrer Rede angemaßt habe, von einem Sieg zu sprechen.
"Wir können Leute nicht mit solchem Bullshit davonkommen lassen", ruft er ins jubelnde Publikum und lästert dann über Nikki Haleys Outfit, das er für "nicht so fancy" hält. Ein Mann mit roter MAGA-Mütze in der ersten Reihe ruft: "Du kannst endlich einpacken, Nikki! Wir wollen Donald Trump!"
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Dabei hatte die Republikanerin Trump in Wahrheit angesichts der ersten Ergebnisse sogar zu dessen Sieg gratuliert, dann aber gesagt: "Heute haben wir fast die Hälfte der Stimmen erreicht … Wir machen weiter!"
Nikki Haley will also weitermachen und damit bei den Vorwahlen bis auf Weiteres der Stachel im Fleisch von Donald Trump bleiben. "Eine Trump-Nominierung ist ein Sieg von Biden und eine Präsidentschaft von Kamala Harris", sagte sie bei ihrer Rede in Concord, der Hauptstadt von New Hampshire.
Trump lässt seine Unterstützer auf Nikki Haley los
Für Trump und sein Team ist das ein Affront. Denn sie wollen so schnell wie möglich klarmachen, dass 100 Prozent der Republikanischen Partei hinter ihm stehen. Um das zu veranschaulichen, holt er Vivek Ramaswamy ans Mikrofon, der sagt: "Dass Nikki Haley im Rennen bleibt, ist die hässliche Schattenseite US-amerikanischer Politik." Die Republikanerin gehöre damit im Grunde zu demselben korrupten Sumpf, dem er auch die Demokraten und den verhassten Präsidenten Joe Biden zurechnet. "Die Präsidentschaftswahlen beginnen heute", beendet er seine Tirade gegen Haley. Trump gibt sich sehr zufrieden mit Ramaswamys Auftritt und sagt: "War das nicht nett?"
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Trump dreht sich zu Tim Scott um, der ebenfalls kurzzeitig sein Konkurrent war, jetzt aber ebenso treu an seiner Seite steht. "Du musst sie doch hassen, Tim", sagt er. Scott kommt als US-Senator wie die frühere Gouverneurin Nikki Haley aus dem Bundesstaat South Carolina. Schnell springt Scott neben Trump ans Rednerpult und ruft: "Aber ich liebe nur dich."
Der Kampf um die Macht der Erzählung hat begonnen. Für Trump und seine Truppen soll wegen dessen Übermacht heute der Präsidentschaftswahlkampf beginnen und die Vorwahlen enden. Für Nikki Haley und ihre Unterstützer geht es erst einmal weiter. Mit jedem Prozentpunkt, den sie bekommt, zeigt sie, dass nicht alle ausnahmslos hinter Trump stehen. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im Herbst sind das Signale, die er und seine Unterstützer um jeden Preis vermeiden wollen. Auch wenn nach diesem Vorwahlergebnis Trump so gut wie sicher für die Republikaner ins Rennen gehen wird.
- Trump
- Haley
Trumps Verbündete wollen das Ende erzwingen
Nach Trumps trockener Rede im Konferenzsaal des "Sheraton" steht einer der treuesten Unterstützer Donald Trumps im Foyer. Es ist der 45-jährige Kongressabgeordnete Byron Donalds aus Florida. Er gehört zu den besonders rechten Hardlinern im Repräsentantenhaus, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, möglichst jedes Gesetzesvorhaben und den Haushalt der Biden-Regierung in Trumps Sinne zu blockieren.
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Er sagt: "Dieses Rennen ist vorbei. Es war ein großer Sieg in New Hampshire." In den kommenden Bundesstaaten Nevada, South Carolina und Florida würden die Ergebnisse noch deutlicher ausfallen. "Geht es nach mir: Donald Trump ist unser nominierter Kandidat." Die zahlreichen Gerichtsverfahren gegen Trump hält Donalds für "sehr unamerikanisch" und für politisch motiviert. Warum Trump im November der nächste US-Präsident sein werde, dafür gebe es genug Gründe: die illegale Migration an der Grenze zu Mexiko, die hohe Inflation und Joe Biden, der seinen Pflichten nicht nachkomme.
In Wahrheit hatten Trump und sein Team auf einen viel deutlicheren Sieg gegen Nikki Haley gehofft. Die letzten Umfragen sahen Haley bei knapp unter 40 Prozent. Gemessen daran, dass sie vor Monaten landesweit noch im einstelligen Bereich lag, war bereits das zumindest bemerkenswert. In den Ergebnissen von New Hampshire erzielt Haley nun aber sogar deutlich über 40 Prozent und nimmt Donald Trump damit immerhin 8 Delegierte für den Parteitag im Juli dieses Jahres ab, während er mit 11 Delegierten vom Platz geht.
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Die Aussagekraft der Ergebnisse von New Hampshire ist zwar begrenzt. Denn auch Demokraten und Parteilose dürfen hier mit abstimmen. Doch es gibt sie bei den Republikanern, die sogenannten Never Trumper. Also jene Gruppe, die womöglich im Herbst zu Hause bleiben könnte, anstatt für Trump eine Stimme abzugeben. Es gibt sie, diese Wahlkreise, in denen Nikki Haley sogar mit großem Abstand gegen ihn gewonnen hat. Sie heißen Exeter, Keene, Stratham, Hollis oder Portsmouth.
Die Grenzen von Trumps Selbstüberzeugung
Weil die US-Präsidentschaftswahlen auch 2024 einmal mehr knapp ausgehen könnten, benötigt eben nicht nur Biden, sondern auch Trump jede Stimme. Ob all diese Anti-Trump-Zeichen in den eigenen Reihen bis zum Herbst verschwinden, auch wenn Nikki Haley längst ausgestiegen sein wird, ist eine berechtigte Sorge in Trumps Team.
Am Ende könnte es auch mit der ständigen Selbstbeschwörung eigener Unbesiegbarkeit und Stärke nicht über die Ziellinie reichen. Zu beobachten sind solche Momente fast überall, wo Trump und seine MAGA-Bewegung auftreten. So wie noch tagsüber in der Stadt Londonderry, wo Trump scheinbar zufällig, aber sehr geplant an einem Wahllokal auftauchte.
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Mit einem Mal war eine so ungeheuer große Zahl von Trump-Anhängern und Pressevertretern anwesend, dass man meinen konnte, es gibt überhaupt keine Nikki-Haley-Unterstützer. Tatsächlich wurden die MAGA-Anhänger fast alle zu diesem Ort gekarrt und mit Hunderten Trump-Plakaten ausgestattet. Die Macht der Bilder beherrschen Trump und sein Team. Doch diese Kraft der Selbstbeeinflussung hat womöglich ihre Grenzen.
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Diese heikle Situation reflektiert ein Mann, der viele Jahre für die Republikaner im Parlament von New Hampshire saß. Frank McCarthy ist ebenfalls auf Donald Trumps Wahlparty. Sein Gang ist bereits etwas steif vom langen Warten und Stehen in der Menge vor der Bühne. Vorsichtig geht er die Stufen des Hotelausgangs herunter. McCarthy sagt: "Trump hat heute zwar zweistellig gewonnen. Ich hatte aber eigentlich erwartet, dass er doppelt so hoch gewinnen würde." Das liege zwar auch daran, dass Demokraten mit abgestimmt hätten und damit das Wahlergebnis verzerrten.
"Aber", sagt McCarthy, "wir dürfen jetzt nicht locker lassen." Das Ganze sei absolut kein Selbstläufer. "Obwohl Trump gewonnen hat, müssen wir uns jetzt im Grunde so verhalten, als hätte er verloren."
Dann geht McCarthy langsam und vorsichtig weiter zu seinem Wagen. Er hat noch einen weiten Weg bis in den Norden von New Hampshire nach Carroll County. "Es ist auch noch ein langer Weg bis zum Herbst. Wir müssen den Druck aufrechterhalten. Das wird alles nicht einfach", sagt McCarthy und humpelt davon.
- Eigene Recherchen vor Ort