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Wolodymyr Selenskyj zu Besuch in den USA: Das ist einer Weltmacht unwürdig


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Selenskyj-Reise in die USA
Was für ein erbärmliches Signal

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 12.12.2023Lesedauer: 3 Min.
Dauergast in Washington: Wolodymyr Selenskyj muss die USA immer häufiger persönlich überzeugen (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Dauergast in Washington: Wolodymyr Selenskyj muss die USA immer häufiger persönlich überzeugen (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Julia Nikhinson)
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Um Milliardenhilfen freizugeben, wird Selenskyj in Washington vorgeführt, als wäre Putins schrecklicher Krieg nicht überzeugend genug. Das Verhalten amerikanischer Politiker ist unwürdig.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag in Washington auf den amerikanischen Verteidigungsminister Lloyd Austin traf, sagte dieser: "Täuschen Sie sich nicht, die Verpflichtung der Vereinigten Staaten, die Ukraine zu unterstützen, ist unerschütterlich."

Aber was Austin da an der National Defense University, dem Zentrum für militärische Bildung in den USA, vortrug, war kein Fakt. Es war eher ein Mantra, ein Glaubenssatz, eine Beschwörungsformel. Man könnte auch sagen: Wunschdenken.

Denn seine Aussage hat aktuell wenig mit den Realitäten in der US-Hauptstadt zu tun. Das lässt sich schon daran erkennen, dass Selenskyj erneut in Washington aufschlagen muss. Wäre Amerikas Unterstützung wirklich "unerschütterlich", wäre seine Reise nicht notwendig.

Ein erbärmliches Signal

Aber Republikaner und Demokraten streiten seit Monaten ohne Ergebnis um die Weiterfinanzierung gegen Putins Angriffskrieg. Zum Ende des Jahres geht der US-Regierung das Geld aus. Findet sich keine Lösung, wäre das ein Desaster – für die Ukrainer, die Bündnispartner und auch für die Amerikaner. Für Putin und jede Macht, die Grenzen mit Gewalt verschieben will, wäre es ein Erfolg.

Dass Selenskyj nach seinem letzten Besuch im September schon wieder in Washington antreten muss, ist ein erbärmliches Signal. Vom Pentagon über das Weiße Haus bis zum Kongress – überall wird Selenskyj herumgereicht, um Bilder und öffentlichen Druck zu erzeugen.

Vorsprechen muss er auch bei Mike Johnson, dem neu gewählten Sprecher des Repräsentantenhauses. Ein rechter Hardliner, der ständig Angst hat, von den eigenen Leuten abgesetzt zu werden.

Was für eine groteske Show. Als bräuchte es wirklich Selenskyjs persönliche Anwesenheit, um von der Dringlichkeit der Lage in diesem brutalen Krieg mit seinen Hunderttausenden Toten zu berichten.

Erbärmlich ist dieser Zirkus aber nicht für Selenskyj. Rechtsnationalistische Medien und Politikern verunglimpfen ihn zwar ohnehin seit Monaten als korrupten Schmarotzer, Bettler und Verschwender amerikanischer Steuergelder. In Wahrheit aber führt dieser Mann tapfer seit fast zwei Jahren einen Abwehrkrieg gegen eine aggressive Atommacht, die den Weltfrieden und natürlich auch die Interessen der USA gefährdet.

Unwürdig ist vielmehr das, was derzeit in den USA passiert. Es zeichnet nicht das Bild einer verantwortungsbewussten Weltmacht, als die sich Amerika gerne ausgibt. Es verstärkt ein Bild von den Vereinigten Staaten, für die der Rest der Welt nur ein Spielzeug ist, an dem man über Nacht das Interesse verliert.

Keiner will nachgeben

Der Grund für die fehlende Finanzierung der Ukraine liegt nicht in differenziert geführten Diskussionen über den Sinn der außenpolitischen Strategie der Biden-Regierung. Er liegt in rücksichtslos geführten innenpolitischen Debatten, in denen die unabsehbaren Folgen eines möglichen Sieges Putins offenbar schlicht ignoriert werden.

Ein unverzeihlicher politischer Widerstand gegen weitere Finanzhilfen für die Ukraine scheint sich bei immer mehr Republikanern durchzusetzen. Im US-Kongress, dem amerikanischen Parlament, behindern sie die Freigabe von vielen weiteren Milliarden Dollar. Der Grund: Man will es sich nicht mit den eigenen Wählerinnern und Wählern verscherzen. Von denen findet laut Umfragen inzwischen die Hälfte, die USA würden der Ukraine zu viel Geld und Waffen bereitstellen.

Die Saat der Anti-Ukraine- und Pro-Putin-Parolen von Trumpisten wie Marjorie Taylor Greene und von medialen Einpeitschern wie Tucker Carlson geht auf. Ein Jahr vor den kommenden und wohl denkbar knappen Präsidentschaftswahlen wird die Angst vor der Wählerwut immer größer. Darum wollen die Republikaner neue Ukraine-Hilfen nur bewilligen, wenn es auch mehr Geld für die eigene Grenzsicherung gegen illegale Migration im Süden der USA gibt.

Von angstgetriebenem Denken sind aber auch die Demokraten befallen. Auch sie wollen nicht über ihren Schatten springen und dem Willen der Republikaner nachgeben. Dabei könnten sie damit im Wahlkampf sogar punkten. Das Thema Migration fliegt ihnen ohnehin um die Ohren. Aber aus Sorge, das linke Spektrum der Parteianhänger zu vergraulen, bleibt man stur.

Putins Entscheidung rückt näher

Opfer dieses innenpolitischen US-Schauspiels sind bereits jetzt die Ukrainer, die ihr Leben geben im Kampf gegen Europas grausamsten Diktator der Gegenwart. Aber auch die verbündeten Staaten werden letztlich für dumm verkauft, zuvorderst Deutschland, mit seiner Zeitenwende und all ihren Folgen. Motiviert vom frühen engagierten Einstehen der Amerikaner, könnte es für alle bald ein böses Erwachen geben.

Sollten die USA als wichtigster finanzieller und militärischer Unterstützer ausfallen, haben die Partner in Europa keinen Plan B in der Schublade. Zumindest keinen, der Erfolg verspricht. Was dann? Das entscheidet dann Putin.

Verwendete Quellen
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