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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Militär in Unruhe Umbau im Pentagon: Plant Trump den Staatsstreich?
Donald Trump hat im Verteidigungsministerium umgebaut. Nun stehen Getreue an der Spitze. Washington rätselt über Trumps wahre Motive – ein Szenario ist düsterer als das andere.
Donald Trump ist am Mittwoch mal wieder in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Seit mehr als einer Woche hatte sich der Präsident rar gemacht, keine öffentlichen Termine, nur das übliche Twitter-Gewitter. Doch am Mittwoch stand er auf dem Nationalfriedhof Arlington, um den Soldaten am Tag der Veteranen die Ehre zu erweisen. Ernster Gesichtsausdruck, keine Maske.
Es war ein symbolträchtiger Auftritt. Der ruhige Friedhof liegt direkt neben dem Pentagon, das seit Montag in Aufruhr ist. Trump hatte den VerteidigungsministerMark Esper gefeuert, in den folgenden Tagen folgte quasi die komplette zivile Führung des Pentagons. Sie gingen oder wurden gegangen, so genau weiß man das oft nicht.
So wie man bisher überhaupt überraschend wenig weiß über diesen höchst außergewöhnlichen Schritt. Als Trump mit dem neuen Verteidigungsminister Christopher Miller in Arlington auftrat, rätselten Experten und Militärs im Fernsehen noch immer, was der Präsident damit eigentlich bezwecken will. Das öffnet den Raum für Spekulationen. Plant der Präsident, der die Wahlniederlage noch immer nicht akzeptiert, möglicherweise den Staatsstreich mithilfe des Militärs?
Loyalisten an der Spitze
Trump hat unbequeme Mitarbeiter durch uneingeschränkt loyale ersetzt, so viel ist klar. Viele davon haben nicht sonderlich viel Erfahrung in dem Job, den sie nun machen müssen, wie Experten besorgt anmerken. Miller selbst war bisher Direktor des Nationalen Antiterror-Zentrums.
Der nun geschasste Mark Esper galt schon länger als angezählt. Er hatte Trump mehrfach widersprochen, was der nicht schätzt. Bei den Straßenprotesten gegen Rassismus und Polizeigewalt im Sommer hatte Esper sich gesperrt, das Militär gegen Demonstranten aufmarschieren zu lassen. Zudem hatte er die Konföderiertenflagge von Militärgebäuden verbannt. Sie ist für Liberale ein Symbol des amerikanischen Rassismus, bei Trumps Anhängern aber beliebt.
Ein Motiv Trumps drängt sich deshalb auf: Strafe für fehlenden Gehorsam. Rache.
Es wäre typisch Trump. Nicht das erste Mal würde ihm Widerspruch ausreichen, um eine Kündigung auszufertigen. Doch nur um Esper zu bestrafen, hätte Trump nicht gleich die komplette Führung feuern müssen. Deshalb werden in Washington weitere Motive diskutiert.
- Tagesanbruch: Trump im Weißen Haus – Szenen der Verlotterung
Das düsterste Szenario ist, dass Trump vorbereiten könnte, sich nach der verlorenen Wahl mit einem Coup an der Macht zu halten. Um das Militär im Inneren einzusetzen, könnte der "Insurrection Act" von 1807 aktiviert werden, wogegen sich Esper sperrte. Er erlaubt dem Präsidenten den Militäreinsatz, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen, etwa im Fall von Aufständen und Rebellionen.
Ein Wahlergebnis als Rebellion umzudeuten, dürfte selbst Trump schwerfallen. Der Widerstand innerhalb und außerhalb des Militärs wäre jedenfalls gewaltig, immerhin haben gerade rund fünf Millionen Amerikaner mehr für Joe Biden als für Trump gestimmt. Aus dem Umfeld Trumps gibt es zudem bisher keine Stimmen, die ein solches Szenario auch nur andeuten. Im Gegenteil mehren sich die Berichte, dass selbst Trump langsam einsieht, dass es vorbei ist.
Eine ernsthafte Coup-Vorbereitung erscheint eher unwahrscheinlich, wenn auch nicht komplett ausgeschlossen. Trump schert sich zwar im Zweifel nicht um die Demokratie, aber er legt viel Wert auf Erfolg. Und der wäre doch sehr fraglich.
Das Aufräumkommando
Andere Szenarien, die diskutiert werden, sind für Trump erfolgversprechender. Seine neuen Getreuen im Pentagon könnten mögliche belastende Beweise einer turbulenten Amtszeit vernichten. Gewissermaßen als Aufräumkommando. So jedenfalls eine Vermutung, für die es bisher wohlgemerkt keine Belege gibt.
Hinweise gibt es US-Medien zufolge hingegen auf ein weiteres Szenario. Es hängt mit einer Personalie zusammen. Ein wichtiger Berater des neuen Verteidigungsministers soll künftig Douglas Macgregor sein. Der frühere Militär ist in letzter Zeit vor allem als Scharfmacher auf Fox News aufgefallen. Esper wollte ihn angeblich nicht haben, zwischenzeitlich war er als Botschafter in Deutschland im Gespräch.
Macgregor ist nicht nur loyal zu Trump, er hat auch früher schon die Strategie des US-Militärs in Afghanistan offen infrage gestellt. Er sprach sich dafür aus, das Land "sobald wie möglich" zu verlassen – eine Position, die andere Experten für gefährlich halten, weil Afghanistan dann schnell wieder ins Chaos abgleiten könnte.
Schnell raus aus Afghanistan
Doch genau das könnte Trumps Ziel sein: schnell noch raus aus Afghanistan. Eines seiner wichtigsten Versprechen im Wahlkampf 2016 war, die Truppen heimzuholen. Auch jetzt schrieb er vor der Wahl auf Twitter: "Die wenigen tapferen Männer und Frauen, die noch in Afghanistan dienen, sollten bis Weihnachten zuhause sein."
Wie er das erreichen wollte, ließ er damals offen. Bislang war der abgestimmte Plan der USA, bis Ende November zwar weniger, aber immer noch knapp 5.000 Soldaten in Afghanistan zu haben. Um einen geordneten Übergang zu garantieren. Doch Macgregor soll nun offenbar in der Öffentlichkeit für den früheren Abzug werben, wie das US-Medium "Axios" von drei Vertrauten erfahren hat.
Es wäre für Trump ein doppelter Erfolg: Er könnte sein Versprechen doch noch erfüllen. Und er würde Fakten schaffen, hinter die auch der nächste Präsident Joe Biden nicht mehr so leicht zurück kann.
Es wäre ein zweifelhaftes Willkommensgeschenk für den Neuen.
- Eigene Recherchen und Beobachtungen
- "Axios": Scoop: Divisive Pentagon hire may rush troop withdrawals before Trump's exit
- "Military Times": Exclusive: Esper, on his way out, says he was no yes man
- "Tagesschau": US-Truppenabzug bis Weihnachten?
- Mit Infos der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters