Virus wütet in den USA Trump sucht weiter nach Verantwortlichen – Zahlen steigen
Wie ist es zu der dramatischen Zuspitzung der Corona-Pandemie in den USA gekommen? US-Präsident Trump nennt eine Vielzahl von Gründen, zum Beispiel die Proteste gegen Rassismus. Das sorgt für Kritik.
US-Präsident Donald Trump hat die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt mitverantwortlich für die jüngste Zuspitzung der Corona-Pandemie gemacht. "Die Fälle begannen unter jungen Amerikanern kurz nach Demonstrationen anzusteigen", sagte Trump am Mittwoch (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. Die Demonstrationen hätten "vermutlich landesweit eine breitere Lockerung der Eindämmungsmaßnahmen ausgelöst".
Trump selbst hat schon früh in der Pandemie auf eine rasche Rückkehr zum Normalbetrieb und auf die Wiedereröffnung der Wirtschaft gedrängt und betont immer wieder die negativen Auswirkungen der Eindämmungsmaßnahmen. Zudem hielt er im Juni gegen den Rat von Gesundheitsexperten eine Wahlkampfveranstaltung vor Tausenden Anhängern in einer geschlossenen Halle ab. Lokale Gesundheitsbehörden in Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma führten den Anstieg der Coronavirus-Infektionen im Bezirk auch auf Trumps Wahlkampfauftritt zurück. Es gibt dagegen keine endgültigen Belege dafür, dass die Demonstrationen im Freien nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai zu einem signifikanten Anstieg der Neuinfektionen geführt hatten.
Die Pandemie ist alles andere als ausgestanden
Die Behörden meldeten in den vergangenen zwei Wochen zwischen 60.000 und 77.000 Neuinfektionen pro Tag. Am Dienstag wurden mehr als 1.000 Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet. Besonders betroffen sind derzeit Staaten im Süden und Westen des Landes, darunter Texas, Florida und Kalifornien. Der bevölkerungsreichste Bundesstaat an der Westküste verzeichnete am Mittwoch einen Höchststand an nachgewiesenen Neuinfektionen innerhalb eines Tages – mehr als 12.800. Laut Gouverneur Gavin Newsom wurden seit Beginn der Pandemie insgesamt 413.576 Infektionen verzeichnet. Damit hat Kalifornien in absoluten Zahlen mehr bekannte Fälle als der einstige Corona-Hotspot New York mit 408.886 Fällen.
Insgesamt wurden in den USA fast vier Millionen Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2 nachgewiesen. Rund 143.000 Menschen starben bereits nach einer Infektion mit dem Virus. Trump hatte die hohe Zahl der Infektionen immer wieder auf die ausgeweiteten Tests zurückgeführt. Am Dienstag gestand er ein, dass es in den vergangenen Wochen einen "besorgniserregenden Anstieg" an Fällen gegeben habe. Trump führte am Mittwoch neben den Demonstrationen auch die erhebliche Zunahme von Reisen, Zusammenkünfte an Feiertagen und Treffen junger Leute in Bars und an Stränden als Begründung dafür an.
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Trump: Auch Mexiko trägt zu hohen US-Zahlen bei
Zudem deutete Trump an, dass sich die Lage im südlichen Nachbarstaat Mexiko negativ auf die Situation der USA auswirke. "Wie Sie sehr gut wissen, teilen wir auch eine 2.000 Meilen lange Grenze mit Mexiko, und die Fälle nehmen in Mexiko leider stark zu", sagte Trump. Zugleich warb er für den von ihm vorangetriebenen Bau der Grenzmauer und sagte, weniger Menschen denn je überquerten die Grenze derzeit illegal. Das habe auch in der Pandemie viel gebracht, sagte Trump.
Das Wahlkampfteam des designierten Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Joe Biden, warf Trump vor, bei der Bekämpfung der Pandemie gescheitert zu sein. "Während andere Länder zu einem Anschein von Normalität zurückkehren, hat Trumps gescheiterte Führung zu einem sprunghaften Anstieg der Infektionsraten in den Vereinigten Staaten geführt", erklärte Bidens Sprecherin Kate Bedingfield.
Bill Gates beklagt "schwerwiegende Fehler"
In den USA seien in der Corona-Pandemie "schwerwiegende Fehler gemacht worden", beklagte Microsoft-Gründer Bill Gates in einem Interview mit dem Sender CBS. Er und seine Frau Melina unterstützen seit Jahren mit ihrer Stiftung den Kampf gegen Krankheiten weltweit, auch in der Corona-Pandemie. Gates kritisierte, dass Gesundheitsexperten zuletzt wenig zu Wort gekommen und von der Regierung keine klaren Botschaften insbesondere für das Tragen von Masken gesendet worden seien. Trump wirbt erst seit Kurzem für den Mund-Nasen-Schutz, hat sich damit selbst aber bislang so gut wie nie bei öffentlichen Auftritten gezeigt.
In den USA gibt es keine landesweite Maskenpflicht. Immer mehr Bundesstaaten ordneten angesichts der teils dramatischen Anstiege der täglichen Neuinfektionen zuletzt aber eine Maskenpflicht an. Am Mittwoch zogen Ohio, Minnesota und die Hauptstadt Washington nach.
- Nachrichtenagentur dpa