Trumps Impeachment-Verteidigung Schillernde Anwälte – und ein neues Problem
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schillernde Anwälte besorgen jetzt im Impeachment-Prozess die Verteidigung Donald Trumps. Hinter den Kulissen steigt die Nervosität – welche Dynamik lösen die Enthüllungen John Boltons aus?
Er verteidigte Jeffrey Epstein, im Verfahren wegen Sex mit Minderjährigen, und O. J. Simpson, als der wegen Mordes an seiner Ehefrau angeklagt war. Am Montagabend hielt Alan Dershowitz ein Plädoyer für seinen neuesten Mandaten: Donald Trump.
Trump selbst hatte darauf gedrängt, dass Dershowitz, der berühmte Strafverteidiger und Harvard-Professor, zu seinem Anwaltsteam stößt.
Plädoyer zur Prime Time
Um kurz vor 8 Uhr abends schreitet der 81 Jahre alte Staranwalt an das Pult des US-Senats, der im Amtsenthebungsprozess als Gericht über Trump zu urteilen hat. Prime Time im US-Fernsehen, und genauso wollte Trump das.
Dershowitz sagt, Trump könne gar nicht des Amtes enthoben werden, weil er kein Verbrechen begangen habe. Diese Schwelle sehe die Verfassung für ein Impeachment vor. Es ist eine Minderheitenmeinung, doch Dershowitz vertritt sie mit voller Kraft. Die Anklagepunkte gegen Trump, Machtmissbrauch und Behinderung des Kongresses, seien "zu vage", so sein Argument zur besten Sendezeit.
Der Montag ist im US-Senat die Stunde von Trumps Verteidigern. Über 22 Stunden lang hatten über drei Tage verteilt zunächst die Ankläger aus dem Repräsentantenhaus das Wort und brannten der Öffentlichkeit noch einmal ausführlichst Trumps Verhalten in der Ukraine-Affäre ins Gedächtnis.
Schillerndes Team
Am Samstag begann dann die Verteidigung mit einem kurzen Auftritt und der Ankündigung, dass am Montag der Haupttag der Gegenattacke sein würde. Es zeigen sich die Verteidigungslinien gegen eine Anklage, die gut dokumentiert hat, wie Trump die Macht des Amtes benutzen wollte, um die Ukraine zu Ermittlungen gegen seine innenpolitischen Gegner zu ermutigen.
Trump hat ein schillerndes Team versammelt. Dershowitz kennt er aus dem Fernsehen als lebhaften Streiter, aber der Professor hat noch einen Vorteil: Er ist Anhänger der Demokraten – und gilt somit als überparteilich. Tatsächlich versucht sich Dershowitz vor dem Senat so zu geben – als überparteilicher Experte, dem es allein um die Sache gehe.
Neben Dershowitz hat der Präsident auch Kenneth Starr verpflichtet – ausgerechnet jenen Sonderermittler, dessen Arbeit in den Neunzigerjahren zum vorigen Impeachment führte, gegen Bill Clinton.
Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. , die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.
Starr, der als erster am Montag spricht, sagt, man dürfe einen Präsidenten nur des Amtes entheben, wenn es einen nationalen Konsens dafür gebe, deshalb brauche man eine Zweidrittelmehrheit im Senat. "Es gibt keinen nationalen Konsens", sagt Starr. Impeachment-Verfahren würden zu viel Schaden anrichten und zu oft stattfinden, sagt er unter Verweis auf die mittlerweile drei angestrebten Anklagen der letzten 50 Jahre (Richard Nixon kam durch vorzeitigen Rücktritt davon). Er spricht vom "Zeitalter des Impeachment".
Er gibt sich also als Gegner eines Verfahrens, das er gegen Bill Clinton mit voller Kraft vorangetrieben hatte.
Giuliani – nur eine "farbenfrohe Ablenkung"?
Pam Bondi, früher Generalstaatsanwältin in Florida und eine langjährige Trump-Verbündete, knöpft sich in ihrer Präsentation die Rolle Joe Bidens und dessen Sohn Hunter vor – auch diese Verteidigungslinie war erwartet worden. Biden und sein Sohn seien der Korruption verdächtig, deshalb sei es völlig legitim gewesen, dass Trump der Sache auf den Grund habe gehen wollen. Ein Fehlverhalten des früheren Vizepräsidenten ist allerdings nicht dokumentiert.
Verteidigerin Jane Reskin versucht wiederum, die Rolle von Trumps Fixer und Privatanwalt Rudy Giuliani zu entwerten. Dieser sei nur eine Randfigur und werde von den Demokraten nur als "farbenfrohe Ablenkung" ins Zentrum gerückt. Auch wenn man "dessen Stil nicht mag", müsse man anerkennen, dass dieser nur das getan habe, was ein guter Anwalt tue – nämlich alle Spuren zu verfolgen. Ob diese Sicht auf Giuliani, der nachweislich im Zentrum der Einflusskampagne auf die ukrainische Regierung stand und sich damit mit allerlei zwielichtigen Gestalten umgab, wirklich verfängt, ist fraglich.
Bolton-Enthüllung sorgt für Ärger
Zusammengefasst lautet die Verteidigung so: Der Präsident habe sich nichts zuschulden kommen lassen, was eine Amtsenthebung nur im geringsten rechtfertige. Die Demokraten hätten unsauber gearbeitet. Und der Präsident habe nicht einmal das Einfrieren von 391 Millionen Dollar Militärhilfe an die Ukraine mit der Ankündigung der gewünschten Ermittlungen durch Kiew verknüpft.
Doch genau diesen Vorwurf untermauerte jetzt sogar Trumps früherer Nationaler Sicherheitsberater John Bolton. Die Nachricht, dass Bolton dies in einem bald erscheinenden Buch behaupten werde, sorgte in Washington für Schockwellen – und dominierte den Montag in den Gesprächen im Senat.
Die Enthüllung könnte den weiteren Verlauf des Verfahrens durcheinanderwirbeln. Denn sie sorgte auch bei Senatoren, die an Trumps Seite stehen, für Unmut. Bolton hatte das Buchmanuskript zur Überprüfung beim Weißen Haus eingereicht – die Regierungszentrale muss also Bescheid gewusst haben über die Vorwürfe, doch informierte die verbündeten Senatoren nicht. Am Montagabend berichtete die "New York Times" gar über weitere Inhalte aus dem geplanten Buch – Bolton sei etwa besorgt gewesen über "Gefallen", die Trump Autokraten wie Chinas Xi Jinping oder dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan tue.
Das Ringen um die Zeugen
Während die Causa Bolton in der Kammer so gut wie gar nicht zur Sprache kam, dominierte sie die Gespräche unter den Republikanern und zwischen Senatoren und Medien. Die Demokraten schöpfen neue Hoffnung, dass sie doch noch wie erforderlich mindestens vier Republikaner auf ihre Seite ziehen können, um die Vorladung Boltons als Zeugen zu beschließen. Zwei Republikaner, Mitt Romney aus Utah und Susan Collins aus Maine, zeigten sich am Montag offen. Möglich ist auch, dass die Republikaner dann ihrerseits Zeugen berufen wollen. Es gibt viele neue Fragezeichen, doch der Druck steigt.
Trumps Verbündete hatten ihn eigentlich nach der Befragung im Senat rasch freisprechen wollen – womöglich schon am Ende dieser Woche. Doch dieser Zeitplan steht nun in Zweifel. Sollten tatsächlich Zeugen vorgeladen werden, könnte sich der Prozess um mehrere Wochen verlängern.
Die Verteidiger Trumps mieden das Thema Bolton, bis am späten Abend Staranwalt Dershowitz dann doch zum Elefanten im Raum sprach. Für ihn war die Sache ganz einfach: "Nichts in den Bolton-Enthüllungen, selbst wenn wahr, würde die Schwelle von Machtmissbrauch oder eines Vergehens erreichen, das die Amtsenthebung rechtfertigt", so Dershowitz.
Minuten später veröffentlichte die "New York Times" neue Auszüge aus Boltons Buch.
- eigene Beobachtungen vor Ort
- New York Times: Bolton Was Concerned That Trump Did Favors for Autocratic Leaders, Book Says