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"Fridays for Future": Es sind eure Kinder – und es geht um ihr Leben


Meinung
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"Fridays for Future"
Es sind eure Kinder – und es geht um ihr Leben

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 15.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Schüler demonstrieren für Klimaschutz und Kohleausstieg: Weltweit werden am Freitag mehr als 1.300 Demonstrationen in rund 100 Staaten erwartet.Vergrößern des Bildes
Schüler demonstrieren für Klimaschutz und Kohleausstieg: Weltweit werden am Freitag mehr als 1.300 Demonstrationen in rund 100 Staaten erwartet. (Quelle: Peter Zschunke/dpa)
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In mehr als 100 Ländern gehen Jugendliche für Klimaschutz auf die Straße. Sie sind eine Macht und verlangen von den Mächtigen, dass sie ihre Klimaziele endlich ernst nehmen. Recht haben sie.

Zufällig stieß ich bei YouTube auf einen Film, in dem ein kleines Mädchen mit Zöpfen eine Rede auf Englisch hielt. Sie war umgeben von anderen jungen Menschen, die vermutlich auch nur 15 oder wenig älter sind. Und da sie alle größer waren, sahen sie aus wie eine Leibwache – obwohl Greta Thunberg mit großer Selbstverständlichkeit am Mikrofon stand und ihre Rede hielt.

Am interessantesten fand ich Jean-Claude Juncker, der hinter den Jugendlichen auf einem Podium saß und dem Mädchen mit den Zöpfen lauschte. Juncker ist ein begnadeter Zyniker, ein Mann, der alles schon gehört und gesehen hat und den nichts mehr überrascht. Ich wartete darauf, dass er sich zu einem Nachbarn beugt und eine kleine, bösartige Bemerkung macht, über die sie dann gemeinsam halblaut lachen. Schon mal, damit sie die Hierarchie wiederherstellen, die bei diesem Klimagipfel in Kattowitz herrschen sollte: Diese Greta dort vorne weiß doch gar nicht, wie unendlich kompliziert das alles ist, womit wir uns herumschlagen, und worüber sie so naiv daher redet. Wer kam auf die dumme Idee, sie einzuladen?

Demonstrationen in über 100 Ländern

Juncker beugte sich nicht zu einem Nachbarn. Ihm entgleisten nicht die Gesichtszüge. Zu Recht fürchtete er die Bilder: Hinten der feixende EU-Kommissionspräsident, vorne das schwedische Mädchen, das die Welt fasziniert und Politikern wie ihm bedeutet: Ihr macht nichts, ihr verschwendet eure Zeit mit Konferenzen, auf denen zu wenig passiert. Aber das ist Zeit, die wir nicht haben – und schon gar nicht die Erde, die sich erwärmt, mit Folgen, die ihr kennt, ohne dass sie euch befeuern.

Im August hat Greta Thunberg damit begonnen: An einem Freitag, stand sie mit ihrem – inzwischen berühmten Plakat – einfach so da: Schulstreik fürs Klima. Damit hat sie etwas befeuert, einen Nerv getroffen – unser aller Nerv. Doch vor allem den ihrer Generation, der Kinder und Jugendlichen in vielen Ländern. Denn um deren Zukunft geht es ja – um deren Leben in einer Zivilisation, die ihre Selbstzerstörung aufhält. Am Freitag gehen sie weltweit auf die Straße: in knapp 1.650 Städten in 105 Ländern. Es werden immer mehr. Bravo.

"Kinder an die Macht"

Greta hat es ihnen vorgemacht. Sie vertritt ihre Generation auf Klimakonferenzen wie in Kattowitz und auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. In ihrem Namen stört sie die Selbstbeweihräucherung der versammelten Erwachsenen, die die Welt ökonomisch und politisch lenken. Schon ist sie für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

"Kinder an die Macht" singt Herbert Grönemeyer. Kinder haben Macht. Wenn sie sich sie nehmen.

Mädchen wie Greta sind wahre Heldinnen. Sie zwingen ausgefuchste, abgefuckte Politiker zum Zuhören. Und mich reißen sie aus der pragmatischen Routine, mit der ich Probleme der Weltpolitik analysiere.

Die Alten haben die Jungen missachtet

Greta hat Recht. Jeder weiß es. Wir brauchen Menschen wie sie, deren Redlichkeit und Ernsthaftigkeit niemand anzweifeln kann. Sie sind unser schlechtes Gewissen. Sie sind die Jungen, die von den Alten in der Politik notorisch missachtet werden, weil die Alten füreinander sorgen und ansonsten nicht mehr da sein werden, wenn die Jungen so alt geworden sind, dass sie die Führung in der Politik und der Wirtschaft übernehmen. Die Teenager sind die Nemesis der heute Herrschenden – die Kinder des gerechten Zorns über die leidigen Verhältnisse, die sie erben.

In Kattowitz und Davos luden sie Greta nicht zufällig ein und applaudierten ihr sogar. Die meisten in diesem Konferenzzirkus haben selber Kinder. Sie fürchten diese großen Kinderaugen, die sie fragend anschauen: Und ihr habt nichts getan, euch fiel nichts ein, ihr habt euch nicht bemüht. Ja warum denn nicht? Was hat euch daran gehindert, wo es doch nicht nur um euch geht, sondern auch um uns?


Was Greta und ihre Generation den Mächtigen der Erde vorhalten, sitzt im Kopf fest. Es geht nicht weg. Es bleibt. Es lässt sich nicht länger überhören, nicht länger systematisch herunterdimmen. Die Jungen stellen den Alten die entscheidenden Fragen und die reagieren hilflos, weil sie keine Antworten haben.

Das muss nicht so bleiben. Die Antworten gibt es ja. Dann macht mal. Kümmert euch. Nehmt eure wortreichen Gute-Absichts-Bekundungen endlich ernst und haltet die Klimaziele, die ihr auf euern zahllosen Konferenzen beschwört, zur Abwechslung mal ein. Handelt endlich konsequent. Dann könntet ihr auch die Achtung eurer Kinder zurückgewinnen.

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