Nach FBI-Durchsuchung Trumps Wutanfall entlarvt seine brenzlige Lage
Bei einer Sitzung zur mutmaßlichen Giftgasattacke in Syrien schäumt Donald Trump vor Wut. Sein Anfall richtet sich nicht gegen das Assad-Regime, sondern gegen die Justizbehörden im eigenen Land.
Seiner blanken Wut lässt der US-Präsident zu Beginn einer Sitzung mit seinen Sicherheits- und Militärberatern zum Syrien-Konflikt freien Lauf. Doch die Wut von Donald Trump richtet sich nicht gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad, dem ein neuer Giftgasangriff vorgeworfen wird. Sie richtet sich gegen die Justizbehörden des eigenen Landes. Anlass ist die Razzia des FBI bei seinem persönlichen Anwalt Michael Cohen.
Mit finsterer Miene prangert der Präsident vor laufenden Kameras im Weißen Haus die Durchsuchungen nicht nur als "Schande" und politisch motivierte "Hexenjagd" an, sondern gar als "Angriff auf unser Land". Die mehrminütige Tirade entlarvt, dass Trump die eigene Lage als brenzlig wahrnimmt. Denn mit der Razzia sind die Ermittlungen dramatisch nah zu ihm vorgedrungen.
Verbindungen zu Russland
Die Bedeutung Cohens für Trump kann kaum überschätzt werden. Der Anwalt ist ein langjähriger Vertrauter und gilt als Trumps "Problemlöser" - ein Mann, der hinter den Kulissen unangenehme Angelegenheiten bereinigt. Cohen verfügt also über eine Fülle von Intimkenntnissen aus Trumps Privatleben und seinen geschäftlichen wie politischen Aktivitäten.
Die Ermittler durchsuchten Cohens Büro, seine Wohnung sowie das Hotelzimmer, in dem der Anwalt während der laufenden Renovierung seines Apartments wohnt. Laut Medienberichten beschlagnahmten sie Cohens Computer, Dokumente zu seinen Finanzen und Telefonaten und Kommunikation mit seinen Mandanten - darunter Trump.
Auf welche potenziellen Straftatbestände sich die Durchsuchungen bezogen, dazu gibt es keine offiziellen Angaben. Cohens eigener Anwalt Stephen Ryan erklärt, die Razzia habe teils aufgrund von Hinweisen des Sonderermittlers Robert Mueller stattgefunden. Mueller untersucht unter anderem mögliche illegale Verbindungen von Trumps Wahlkampfteam nach Moskau.
Zahlungen an Pornostar
Ob die Razzia direkt mit der Russland-Affäre zu tun hat, bleibt gleichwohl unklar. Dirigiert wurde sie nicht von Mueller selbst, sondern dem für den New Yorker Stadtteil Manhattan zuständigen Bundesanwalt. Laut "Washington Post" geht es um Vorwürfe des Bankenbetrugs und des Verstoßes gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze.
Diversen Medienberichten zufolge nahmen die Ermittler auch Dokumente zu einer Zahlung an den Pornostar Stormy Daniels mit. Cohen räumte vor einigen Wochen ein, kurz vor der Wahl 2016 eine Summe von 130.000 Dollar an die Darstellerin gezahlt zu haben - den Grund nannte er nicht.
Stormy Daniels hatte laut eigener Schilderung eine Affäre mit Trump. Das Geld soll sie dafür erhalten haben, dass sie die Affäre nicht ausplauderte. Die Vereinbarung hält sie heute für nichtig, sie liegt darüber im Rechtsstreit mit Cohen. Sollte der Anwalt die Pornodarstellerin für ihr Schweigen bezahlt haben, könnte es sich womöglich um illegale Wahlkampfhilfe für Trump gehandelt haben.
"Werden sehen, was passiert"
In seinem Wutanfall wirft der Präsident den Ermittlern vor, bei seinem Anwalt "eingebrochen" zu sein. Doch selbstverständlich lagen Durchsuchungsbefehle vor. Und für die Razzia mussten hohe bürokratische und juristische Hürden überwunden werden. Um die Angelegenheit an die New Yorker Kollegen weiterzureichen, brauchte Mueller die Zustimmung des Justizministeriums. Und der Bundesanwalt für Manhattan brauchte die Genehmigung eines Richters.
Dies alles spricht offenbar dafür, dass die Ermittler schon vor der Razzia relativ konkrete Hinweise auf mögliche Straftaten hatten. Trumps Vorwurf, er werde von politischen Feinden im Justizapparat verfolgt, steht auch die blanke Tatsache entgegen, dass der für die Durchsuchungen zuständige Bundesanwalt Geoffrey Berman erst im Januar von ihm selbst ernannt wurde.
Trumps Tirade heizt nun Spekulationen an, dass er hart gegen den Justizapparat zurückschlagen könnte - mittels Entlassungen an der Spitze des Justizministeriums sowie des Sonderermittlers. Auf die Frage nach Muellers Zukunft sagt er nur: "Wir werden sehen, was passiert." Ein Angriff des Präsidenten auf die Justizbehörden aber könnte die USA in eine Verfassungskrise stürzen.
- dpa