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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trump-kritisch und abgeschoben? Britische Punk-Band berichtet von US-Willkür

Ein neuer Fall in einer Reihe fragwürdiger US-Einreiseverbote? Drei Mitglieder der britischen Punkband U.K. Subs wurden in Los Angeles an der Einreise gehindert und abgeschoben. Bassist Alvin Gibbs berichtet von stundenlanger Haft, Verhören und seinen kritischen Äußerungen gegen Donald Trump.
Bastian Brauns berichtet aus Washington
Drei Mitglieder der legendären britischen Punkband U.K. Subs wurden am Flughafen von Los Angeles festgehalten und anschließend in ihr Heimatland abgeschoben. Geplant war eigentlich ein Auftritt beim "Los Angeles Punk Festival". Der Vorfall, der sich offenbar am vergangenen Wochenende ereignete, heizt die Debatte über die Einreisepolitik der USA weiter an.
Der Bassist der Band, Alvin Gibbs, der Gitarrist Marc Carrey und der deutsche Schlagzeuger Stefan Häublein durften die Vereinigten Staaten offenbar nicht betreten. Nur der Sänger Charlie Harper erhielt die Erlaubnis zur Einreise und spielte das geplante Konzert mit Ersatzmusikern.
Bekannt wurde der Vorfall, weil Alvin Gibbs die Ereignisse aus seiner Sicht in einem ausführlichen Facebook-Post schilderte. Demnach seien er und seine Partnerin Roz nach einem elfstündigen Flug bei der Passkontrolle gestoppt worden. "Roz konnte passieren, aber mir wurde mitgeteilt, dass ich für eine Befragung festgehalten werde", schrieb Gibbs.
Es habe zwei Gründe für die Zurückweisung gegeben: Einerseits sei sein Visum angeblich nicht korrekt gewesen, andererseits habe es ein "weiteres Problem" gegeben, das ihm gegenüber jedoch nicht erläutert wurde. Gibbs vermutet, dass seine kritischen Äußerungen über Donald Trump und dessen Regierung eine Rolle gespielt haben könnten. "Vielleicht ist das Paranoia, aber der Gedanke lässt mich nicht los", so der Musiker in seinem Beitrag.
Stundenlanges Festhalten ohne Information
Nachdem Gibbs seiner Schilderung nach von zwei US-Beamten abgeführt wurde, sei er in einen "eiskalten Warteraum" gebracht worden, wo bereits seine Bandkollegen Stefan Häublein und Marc Carrey festgehalten wurden. "Dort saßen wir zusammen mit kolumbianischen, chinesischen und mexikanischen Reisenden. Unser Gepäck, unsere Telefone und Pässe wurden uns abgenommen", schilderte Gibbs.
Erst neun Stunden nach der Ankunft, um 4 Uhr morgens, sei er dann zu einem weiteren Verhör vorgeladen worden. Eine Beamtin habe sich derweil wohl immerhin bemüht, seine Partnerin Roz über die Situation zu informieren.
Nach insgesamt 25 Stunden am Flughafen, in denen er kaum Schlaf fand und sich nur mit Instant-Nudeln und Tee über Wasser hielt, sei er dann unter Polizeibegleitung auf einen Rückflug nach Großbritannien gesetzt worden.
"Ich bin jetzt 67 Jahre alt und wurde aus Amerika rausgeworfen – irgendwie bin ich fast stolz darauf", schrieb Gibbs ironisch. Sein Fazit: "Meine Beziehung zu den USA ist auf absehbare Zeit beendet."
Kritik an politisch motivierten Einreiseverboten
Der Vorfall der U.K. Subs reiht sich in eine Serie ähnlicher Fälle ein, bei denen Personen aus fragwürdigen und teils ungeklärten Gründen an der US-Grenze abgewiesen wurden. Erst kürzlich wurde ein französischer Wissenschaftler nach einer Durchsuchung seines Handys zurückgeschickt, weil er sich in privaten Nachrichten kritisch über Trump geäußert hatte.
Auch der Fall des deutschen Fabian Schmidt, der ohne Erklärung seit rund zwei Wochen trotz eines legalen Aufenthaltstitels (Greencard) in Abschiebehaft sitzt, löst weiterhin Diskussionen aus. Hier können Sie ein t-online-Interview mit seinem Anwalt David Keller lesen.
In den USA erregt außerdem der Inhaftierungsfall des palästinensischen Aktivisten Mahmoud Khalil Aufsehen. Auch er ist in Besitz einer Greencard, seine Freundin ist im achten Monat schwanger – nach dem Willen der US-Behörden soll er wegen seiner politischen Aktionen an der New Yorker Columbia-Universität abgeschoben werden.
Reaktionen auf die US-Einreiseverbote
Diese offenkundig sich häufenden Fälle werfen Fragen über mögliche politische Hintergründe auf Einreiseentscheidungen der US-Behörden auf. Während US-Offizielle stets betonen, dass Einreiseverweigerungen ausschließlich auf formale Visa-Probleme zurückzuführen seien, wächst international der Verdacht, dass politische Äußerungen eine Rolle spielen könnten. Mehrere europäische Länder, darunter auch Großbritannien und Deutschland, haben zuletzt ihre Reisehinweise für die Vereinigten Staaten angepasst.
"Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen", heißt es inzwischen auf der Webseite des Auswärtigen Amtes. Ein Ministeriumssprecher erläuterte, er habe schon zu Wochenbeginn ausgeführt, dass das Auswärtige Amt "die Vorfälle der vergangenen Woche bei der Einreise von deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern in die USA" sehr ernst nehme.
In der Folge sei dann entschieden worden, die Reise- und Sicherheitshinweise zu den USA anzupassen, insbesondere zum Punkt der Einreisekontrollen. "Wir haben präzisiert und heben jetzt klar hervor, dass eine ESTA-Genehmigung oder ein US-Visum nicht in jedem Fall zur Einreise in die USA berechtigt", sagte der Sprecher. Die letzte Entscheidung liegt in der Tat immer bei den US-Grenzbeamten.
Folgenreiche politische Äußerungen?
Die U.K. Subs bestehen als Band seit 1976 und sind bekannt für ihre politischen Äußerungen, sowohl in ihren Songs als auch auf der Bühne. Ob die politischen Ansichten der Musiker tatsächlich zu ihrer Zurückweisung geführt haben, bleibt derzeit unklar. Fakt ist, dass die Band nicht in vollständiger Besetzung in Kalifornien auftreten konnte. Gibbs drückte zumindest seine Anerkennung für die kurzfristig eingesprungenen Ersatzmusiker aus. "Ich bedaure, dass wir unser geplantes Set nicht spielen konnten, aber Hut ab vor den Jungs, die eingesprungen sind."
Charlie Harper, der einzige U.K.-Subs-Musiker, der in die USA einreisen durfte, hat sich bislang nicht ausführlich zu dem Vorfall geäußert, der deutsche Schlagzeuger Stefan Häublein ebenfalls nicht. Die US-Behörden machten keine Angaben zu den spezifischen Gründen der Zurückweisung.
Für viele Fans bleibt der Vorfall ein weiteres Beispiel für die zunehmende Willkür an den US-Grenzen. Ob U.K. Subs in Zukunft noch einmal versuchen werden, in den Vereinigten Staaten aufzutreten, bleibt fraglich. Gibbs' abschließende Worte lassen daran zweifeln: "Vielleicht ist es besser so."
- Eigene Recherchen
- Facebook-Profil von Alvin Gibbs (englisch)