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USA | Stickstoff-Todesurteil: Für eine Demokratie unwürdig


Meinung
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29 Minuten Todeskampf
Einer Demokratie unwürdig

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

26.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Kenneth Smith: Ihn hat der Staat Alabama mit Stickstoff hinrichten lassen. (Quelle: reuters)
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Erstmals wird in den USA ein Mann unter Verwendung von Stickstoff hingerichtet. Viel mehr als ein Achselzucken bleibt danach aber nicht.

Der Todeskampf von Kenneth Eugene Smith endete nach 29 Minuten. Um 20.25 Uhr Ortszeit erklärte die Staatsanwaltschaft im US-Bundesstaat Alabama am Donnerstag den 58-Jährigen für tot. "Alabama hat etwas Historisches erreicht", lautete danach das zynische Fazit von dem Justizminister des US-Bundesstaates, Steve Marshall. Denn Smith wurde nach seinen Worten als erster Mensch weltweit mit einer neuen Stickstoff-Methode hingerichtet.

Die Diskussion um die Todesstrafe in den USA bleibt ein Dauerthema, da das Land auch 2024 noch immer zulässt, Menschen von Gerichtssälen in den Tod zu schicken. Smiths Tod löst allerdings hierzulande kaum mehr als ein Achselzucken aus. So darf es nicht weitergehen, denn diese unerträgliche Praxis muss kritisiert werden. Kein Staat auf der Welt sollte das Recht dazu besitzen, seine Bürger zu töten – schon gar nicht eine Demokratie.

Richter widersetzt sich der Jury

Der Fall von Smith offenbart in vielen Facetten, wie irrsinnig Todesstrafen bleiben: 1.000 Dollar soll dieser 1988 von einem Mann erhalten haben, um dessen Ehefrau umzubringen. Vor Gericht hatte Smith ausgesagt, er habe das Geld lediglich erhalten, um die Frau zu verprügeln, nicht aber, um sie zu töten. Die Frau wurde später mit mehreren Messerstichen am Körper tot aufgefunden. Völlig geklärt ist der Fall bis heute nicht. Schon allein dieser Restzweifel müsste Grund genug sein, niemals eine Todesstrafe auszusprechen.

Wäre es nach der Jury gegangen, wäre es im Falle von Smith auch nicht dazu gekommen: 1996 stimmte die für eine lebenslange Haftstrafe. Doch der Richter in Alabama konnte sich damals noch über die Entscheidung hinwegsetzen und die Todesstrafe aussprechen. Das Gesetz wurde 2017 abgeschafft.

Nach Jahrzehnten in Haft sollte das Leben von Smith dann schon 2022 enden: Allerdings fand das Gefängnispersonal für die Giftspritze damals keine Vene – und Smith wurde nach einer stundenlangen Tortur zurück in seine Zelle geschickt. Seitdem litt er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Oberstes Gericht wird wohl nicht eingreifen

Am Donnerstagabend starb er dann durch eine Stickstoffhypoxie: Ihm wurde über eine Maske so lange Stickstoff zugefügt, bis er erstickte. Die EU-Kommission hatte schon 1997 in Experimenten zu Einschläferungsmethoden bei Tieren große Zweifel an der Praxis angemeldet. Smith soll kurz vor seinem Tod gezittert, schwer geatmet und sich gewunden haben. Jeder einzelne dieser Aspekte sollte ausreichen, um zu erkennen, dass sich die USA juristisch nicht nur auf einem Irrweg befinden, sondern bei der Vollstreckung ihrer Hinrichtungen immer grausamer werden.

Dass sich etwas ändert, ist allerdings unwahrscheinlich: Denn das Justizsystem in den USA ist zwischen Bund und Bundesstaaten verworren und aus Washington kaum zu bändigen. Zwar verhängte der US-Supreme-Court zwischen 1967 und 1976 ein landesweites Moratorium. Dazu wird es in absehbarer Zukunft aber wohl nicht erneut kommen: Das Gericht, unter Ex-Präsident Donald Trump mit mehreren besonders konservativen Richtern versehen, erteilte vor Smiths Hinrichtung die Zulassung für die umstrittene neue Praxis.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Protest und Kritik an den Zuständen in den USA nicht angebracht wären: In dem Land wird der Fall Smith heiß diskutiert. Wer allerdings nach Reaktionen im politischen Berlin sucht, wird nicht so schnell fündig. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, nannte das Urteil auf der Plattform X (vormals Twitter) ein besonders "grausames Beispiel" für die Todesstrafe und forderte die Aussetzung von Hinrichtungen. Hoffentlich spricht sie zumindest hinter verschlossenen Türen darüber auch mit ihrer Dienstherrin Annalena Baerbock, die doch eigentlich immer gerne über Werte und Menschenrechte referiert, wenn es etwa um Zustände in Russland, China oder dem Iran geht. Von Bundeskanzler Olaf Scholz kam bisher ebenfalls nicht mehr als dröhnendes Schweigen. Auch das ist einer Demokratie unwürdig.

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