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USA – Trump gegen Biden: Kampf um entscheidende Wählergruppe beginnt


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Neue Trump-Strategie
Das bringt Biden in Bedrängnis


Aktualisiert am 27.09.2023Lesedauer: 5 Min.
Der Kampf hat längst begonnen: Trump lockt Biden aus der Reserve (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Der Kampf um Stimmen hat längst begonnen: Trump lockt Biden aus der Reserve (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Rod Lamkey - CNP)

In ihrem Kampf um die Arbeiterschaft startet die Wiederauflage des Duells zwischen Donald Trump und Joe Biden. Die Strategie des ehemaligen Präsidenten: Er will 2016 wiederholen.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Eigentlich haben Donald Trump und Joe Biden wenig gemeinsam. Was beide aber eint: Mit 77 und 80 Jahren sind sie bereits ziemlich alt, in den nationalen Umfragen jeweils eher unbeliebt und trotzdem müssen weder der ehemalige noch der amtierende Präsident derzeit Konkurrenz aus dem eigenen politischen Lager fürchten. Mit historisch großem Abstand führt Trump innerparteilich vor seinen republikanischen Mitbewerbern, noch bevor die Vorwahlen begonnen haben, anscheinend uneinholbar. Biden hingegen gilt als Amtsinhaber bei den Demokraten als gesetzter Kandidat für die kommenden Präsidentschaftswahlen.

Daher beginnt in diesen Tagen das, was ursprünglich erst sehr viel später anfangen sollte: das wohl bizarrste Duell in der amerikanischen Geschichte zwischen einem Vorgänger und dessen Nachfolger. Joe Biden und sein Wahlkampfteam orientierten sich bislang eigentlich kaum an Donald Trump, eben weil die Vorwahlen der Republikaner erst im kommenden Januar beginnen. Doch mit Trumps dreister Demonstration der eigenen Stärke wächst auch der Druck auf Biden – aus Sorge vor der eigenen Schwäche.

Kampf um entscheidende Wählergruppe

Das vorgelagerte politische Schlachtfeld von Trump und Biden ist ausgerechnet der US-Bundesstaat Michigan. Er ist mit seiner Metropole Detroit die Herzkammer der amerikanischen Autoindustrie. Nach mehr als zwei Jahrzehnten demokratischer Siege bei den Präsidentschaftswahlen gewann Donald Trump hier im Jahr 2016 erstmals wieder für die Republikaner. Joe Bidens Verdienst war es dann 2020, die verloren gegangenen Stimmen der vorwiegend weißen Arbeiterschaft zurückzuerobern.

Um eben diese entscheidende Wählergruppe geht es nun bei der verfrühten Wiederauflage des Trump-Biden-Duells. Die erbitterten Kontrahenten wittern ihre Chance in Michigan angesichts eines großen Arbeiterstreiks. Rund 18.000 Beschäftigte der drei großen Automobilkonzerne General Motors, Ford und Chrysler (Stellantis) haben ihre Arbeit niedergelegt. Nach erfolglosen Tarifverhandlungen fordern sie mit ihrer Industriegewerkschaft UAW Gehaltserhöhungen von um die 36 Prozent. Detroit ist das Streikzentrum, aber schon Standorte in 20 Bundesstaaten sind betroffen. Es ist der größte Streik seit fast 100 Jahren und er könnte sich noch ausweiten.

Beide Kandidaten reisen nun kurzfristig in diesen wichtigen "Swing State" Michigan, um ihre Solidarität mit den Arbeitern zu bekunden. Trump hatte seinen Besuch für den heutigen Mittwoch sogar als Erster angekündigt. Als Biden nachzog und dann einen Tag zuvor anreiste, nutzte Trumps Team jede Gelegenheit, um den Streikenden zu sagen: Biden kommt nur zu euch, weil ich zu euch komme.

Historischer Auftritt vor Arbeitern

Mit welch hohem Einsatz Joe Biden und dessen Team glauben, in diese vorgezogene Wahlkampfphase von Trump gehen zu müssen, zeigte am Dienstag ein historisch einmaliger Auftritt des US-Präsidenten. Joe Biden tauchte nämlich plötzlich auf der sogenannten Picket Line auf. Er besuchte höchstpersönlich die Streikposten und sagte: "Sie verdienen diese erhebliche Gehaltserhöhung, die Sie benötigen, und auch die anderen Mehrleistungen."

Bidens Amtsvorgänger sahen sich in solchen Streiksituationen bislang stets einer gewissen Überparteilichkeit verpflichtet. Das Signal eines US-Präsidenten ging in der Regel an beide Lager: faire Bezahlung der Arbeitnehmer einerseits, wirtschaftlicher Erfolg der Arbeitgeber andererseits.

Es mag Joe Biden mit dieser starken politischen Symbolik aber nicht nur um die Arbeiter selbst gegangen sein. Umfragen haben ergeben, dass eine Mehrheit der Amerikaner mit den Streikenden sympathisiert, sowohl mit den Autobauern von Michigan als auch mit den seit Monaten für bessere Bedingungen kämpfenden Schauspielern und Autoren in Hollywood.

Seine prominente Teilnahme am Arbeiterstreik in Michigan kann angesichts von Bidens dramatisch schlechten Umfragewerten daher auch so gesehen werden: Die Demokraten versuchen ein Momentum für ihren Kandidaten regelrecht zu erzwingen.

Biden als authentischer Freund der Arbeiterschaft

Hinzu kommt, dass sie ihren Wahlkampf schon zum jetzigen Zeitpunkt voll auf das Thema Wirtschaft, Wachstum und Arbeitsplätze ausrichten. Seit Monaten bringen sie das Schlagwort "Bidenomics" in Stellung gegen die sogenannten MAGAnomics, also das Trumpsche "Make America Great Again"-Programm.

Joe Biden und sein Mitstreiter wissen, dass die historisch hohen Lebenshaltungskosten aufgrund der folgenreichen Inflationsmonate ihre Achillesferse im Wahlkampf sein wird. Sich angesichts dieser Lage für Lohnerhöhungen auszusprechen, wirkt derzeit alternativlos. Was dem Präsidenten zugutekommt: Sein Engagement für die Anliegen von Gewerkschaften wirkt glaubhaft, denn er zeigt es seit Jahrzehnten. Das war nicht ohne Grund ausschlaggebend für diese Wählerklientel, als sie ihm im Jahr 2020 zum Erfolg verhalf. Biden wurde von den Streikenden ausdrücklich eingeladen, während Trump sogar gewarnt wurde, sich besser fernzuhalten.

Warum das Momentum bei Trump liegt

Für Donald Trump ist die Lage diesbezüglich trotzdem einfacher. Denn es geht eben wie bei Joe Biden nicht nur um die Arbeiterinnen und Arbeiter selbst, sondern um ein politisches Signal, das in alle Bevölkerungsschichten hinein wirken soll. Er inszeniert sich als Vorkämpfer des kleinen Mannes. Trump beherrscht das wie kaum ein anderer. Sein Ziel ist es, nicht den Wahlkampf von 2020, sondern jenen von 2016 gegen Hillary Clinton zu wiederholen.

Gegen Joe Biden wird das zwar deutlich schwerer. Aber Trump weiß: Die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler richtet sich auf den eigenen aktuellen Kontostand und auf denjenigen, den sie dafür politisch verantwortlich machen. Darum kann es Trump weitgehend egal sein, ob er selbst ein Präsident war, der gute Politik für die amerikanischen Arbeiter gemacht hat. Er kann jetzt schlicht versprechen, dass er es besser machen wird als Joe Biden.

Bei vielen scheinen seine massiven Steuersenkungen für Wohlhabende und Unternehmer, von denen die kleinen Leute nichts hatten, keine Rolle mehr zu spielen. Auch Trumps unberechenbare Handelspolitik, wie etwa sein Handelskrieg mit China und Europa, half nicht gerade der Sicherung von heimischen Arbeitsplätzen. Im Gegenteil, es löste Unsicherheit auf dem Arbeitsmark aus, zumindest in Branchen, die vom internationalen Handel abhängig sind. Doch auch das wird ihm offenbar von seinen Anhängern nicht angekreidet.

Der ehemalige Präsident war darüber hinaus in seiner Amtszeit ungefähr das Gegenteil eines Gewerkschaftsfreundes. Ihm ging es stets darum, die Rechte der Arbeitnehmer zu untergraben und ihre Tarifverhandlungsmacht einzuschränken. Trumps Widerstand gegen die Erhöhung des Mindestlohns und Rückschritte beim Arbeitsschutz führten dazu, dass gerade Arbeiter mit niedrigem Einkommen Schwierigkeiten hatten, über die Runden zu kommen, und der Ausbeutung durch skrupellose Arbeitgeber ausgesetzt waren.

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Landesweite Aufmerksamkeit für Trump

Einen Tag vor seiner großen Solidaritätsreise nach Michigan urteilte zudem ein New Yorker Richter: Über Jahre hinweg hat Trump beim Aufbau seines Immobilienimperiums Banken und Versicherer betrogen. Doch auch diesen Richterspruch stellen er und seine Anhänger erneut als die Hexenjagd eines von Linksradikalen besetzten Justizsystems dar.

Und Trump schafft es einmal mehr: Ausgerechnet an dem Tag, an dem sich seine Parteikonkurrenten bei der zweiten TV-Debatte in Kalifornien ohne ihn gegenseitig bekämpfen werden, hat er mit Michigan eine Parallelveranstaltung organisiert, die ihm die Aufmerksamkeit sichern wird. Egal, ob negativ oder positiv – die Schlagzeilen gehören ihm.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
  • epi.org: "50 reasons the Trump administration is bad for workers" (Englisch)
  • 270towin.com/states/Michigan
  • reuters.com: "Americans broadly support auto, Hollywood strikes, Reuters/Ipsos poll shows" (Englisch)
  • whitehouse.gov: "Remarks by President Biden at United Auto Workers Picket Line" (Englisch)
  • apnews.com: "Judge rules Donald Trump defrauded banks, insurers while building real estate empire" (Englisch)
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